Meinung des Tages: Braucht Deutschland mit Blick auf steigende Flüchtlingszahlen eine "Integrationsgrenze"?

Welchen Weg soll Deutschland beim Thema Flucht und illegaler Migration einschlagen? Während Innenministerin Faeser hinsichtlich der Aufnahme Geflüchteter weiterhin auf internationale Reglements verweist, fordert der bayerische Ministerpräsident eine jährliche Obergrenze...

Zwischen humanitärer Hilfe sowie der Angst vor dem Kollaps

Die derzeitige Flüchtlingssituation bringt zahlreiche Kommunen und Helfende an ihre Belastungsgrenzen; so beklagen viele Kommunalpolitiker nicht nur unzureichende oder schleppend verlaufende finanzielle und organisatorische Unterstützung seitens des Bundes, sondern die stetig steigende Anzahl jener Menschen, die z.B. aus (Nord-)Afrika, Syrien, Afghanistan, der Türkei und selbstverständlich aus der Ukraine in Deutschland ankommen, sprengt zudem die räumlichen Kapazitäten vieler Städte und Gemeinden. Mitarbeiter und freiwillige Helfer sind momentan am Ende ihrer Kräfte und kritisieren, dass Schutzsuchende nicht mehr adäquat und menschenwürdig versorgt und untergebracht werden können. Weiterhin befürchte man eine kontinuierliche Zunahme der Unzufriedenheit innerhalb der Bevölkerung, wovon letztendlich insbesondere Parteien wie die AfD profitieren würden.

Bis Ende August registrierte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge mehr als 204.000 Erstanträge auf Asyl; das entspricht einem Plus von 77% im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Zusätzlich zu allen Menschen, die einen Erstantrag auf Asyl gestellt haben, müssen die ca. 1,1 Millionen Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine gerechnet werden, die ebenso Flüchtlingsstatus genießen und entsprechend versorgt / untergebracht werden, jedoch keinen Asylantrag stellen müssen.

Im Verlauf des Wochenendes hatten sich mehrere Politiker zum Thema zu Wort gemeldet und ein parteiübergreifendes Vorgehen gefordert. Der bayerische Ministerpräsident Söder brachte darüber hinaus eine jährliche "Integrationsgrenze" mit ins Spiel.

Der Wunsch nach einer Obergrenze sowie die Anwendung von geltendem internationalen Recht

Bei der von Söder geforderten und bei Anne Will erneut ins Spiel gebrachten "Integrationsgrenze" von 200.000 Menschen pro Jahr handele es sich um eine Richtgröße, auf Grundlage derer eine Integration in Deutschland noch gelingen könne. Denn maßgeblich sei nicht ausschließlich die vorübergehende Unterbringung Schutzsuchender, sondern eben auch die dauerhafte Integration, sofern Anträge bewilligt werden. Söder sprach sich ferner für stärkeren Grenzschutz, den Stopp von Sonderaufnahmeprogrammen (die es nur in Deutschland gebe), die Veränderung von möglichen Anreizen wie Bürgergeld und vor allem für die konsequente und unbürokratische Rückführung aus. Ähnlich sieht es Sachsens Regierungschef Michael Kretschmer, der ebenso für systematische Grenzkontrollen zu den Nachbarländern Polen und Tschechien appelliert. Kretschmer kritisierte die Bundesregierung zudem für ihr träges und zögerliches Handeln: Vor allem müsse die Liste der sicheren Herkunftsländer massiv erweitert werden, um Menschen aus beispielsweise den Maghreb-Staaten keine Anreize für eine etwaige Flucht nach Deutschland / Europa zu bieten.

Sowohl Söder als auch Friedrich Merz seien für parteiübergreifende Gespräche und Maßnahmen offen und erwarten insbesondere von Kanzler Scholz einen konsequenten und realistischen Kurs in der Flüchtlingsdebatte.

Für Bundesinnenministerin Nancy Faeser sei eine jährliche Obergrenze für Geflüchtete jedoch nicht realistisch, da sich diese in einem Spannungsverhältnis zum internationalen Recht (Genfer Flüchtlingskonvention) befände. Eine Obergrenze, die sich in der Praxis ohnehin schwer umsetzen ließe, würde nur den Anschein einer Besserung entstehen lassen. Viel wichtiger sei es laut Faeser, eine schnelle gesamteuropäische Lösung zu erarbeiten und diese länderübergreifend konsequent umzusetzen.

Der SPD-Vorsitzende Lars Klingbeil warnte vor allem vor Populismus und bemerkte, dass es die eine "Zaubermaßnahme" für die Lösung dieses Konflikts nicht gebe und individuelle Grundrechte auf Asyl grundsätzlich nicht infrage gestellt werden dürften. Dieser sprach sich ebenso für verstärkte Grenzkontrollen sowie die stärkere Bekämpfung von Schleuserbanden aus.

Unsere Fragen an Euch: Wie realistisch ist eine "Integrationsgrenze"? Welcher deutsche / europäische Weg sollte in der Flüchtlingsdebatte umgesetzt werden? Welche konkreten Forderungen stellt Ihr an die Politik? Müsste Humanität ggf. reinem Pragmatismus weichen, um die Situation wieder beherrschbar zu machen?

Wir freuen uns auf Eure Antworten

Viele Grüße

Euer gutefrage Team

Quellen:

https://www.tagesschau.de/inland/innenpolitik/migration-debatte-regierung-102.html

https://www.zeit.de/politik/deutschland/2023-09/migration-nancy-faeser-gefluechtete-obergrenze

Deutschland, Politik, Recht, Gesetz, Asyl, Ausländer, CDU, Die Grünen, Europäische Union, Flüchtlinge, Humanität, internationale Politik, Marokko, Migration, SPD, Tunesien, Ukraine, CSU, AfD, CDU/CSU, deutsche-politik, flüchtlingshilfe, Flüchtlingspolitik, Genfer Konvention, Maghreb, Migrationspolitik, Politik und Gesellschaft, Flüchtlingsheim, Söder, Flüchtlingskrise, Flüchtlinge Deutschland, Markus Söder, Friedrich Merz, Ukrainekrieg 2022, Meinung des Tages
Würden Menschen, die aktiv AfD wählen, mit Syrern befreundet sein?

Hallo,

ich bin Syrer. Ich habe ein Pflichtpraktikum in einer Firma gemacht. 

Ein Arbeitskollege (Senior Ingenieur) war in den ersten Tagen nicht freundlich zu mir.

Bis er mir Hallo gesagt hat, hat es sehr lange gedauert. Er war auch nicht glücklich darüber, dass ich neben ihm im Raum einen Stuhl und einen Tisch bekommen habe.

Wir haben dann Mittag gegessen und es hat sich zwischen uns ein tiefes Gespräch über Syrien, Deutschland und Politik entwickelt. Er hat mir auch seine Neigung zur AfD offenbart und er hat gesagt, dass die AfD die richtige Partei in Deutschland ist. 

Er hat mich gefragt, ob ich zurück nach Syrien möchte, was ich verneint habe. 

Er ist netter mit der Zeit zu mir geworden. Er hat mir sogar mal etwas von seinem Pausenbrot gegeben und wir haben uns oft unterhalten. 

Am Ende meines Praktikums hat er mir alles Gute gewünscht und gesagt, dass er sich freuen würde, wenn wir uns nach meinem Studium in diesem Unternehmen wiedersehen. 

Ich habe ihn nie wieder gesehen, aber ich hatte das Gefühl, dass er, obwohl er rechte Ansichten vertrat, nett zu mir war.

Ich mache mir zwar Sorgen, dass die AfD in den Umfragen auf 20 Prozent kommt. 

Ich hoffe, dass diese Menschen trotz ihrer rechten Einstellung differenzierter und sachlicher mit Menschen anderer Herkunft umgehen. 

Wenn ihr Leute seid, die für die AfD sind, würde ich mich über eure Meinung freuen. 

Deutschland, Politik, CDU, Rechtsextremismus, AfD

Meistgelesene Fragen zum Thema AfD