Der Punkt Übersetzungsfehler und die Entstehung des Bibelkanons ist hochinteressant, da er die Authentizität und Unverfälschtheit der Bibel hinterfragt. Hier einige spannende Aspekte und Argumente dazu:
1. Die Entstehung des Bibelkanons
• Vielfalt an Schriften: Es gibt zahlreiche antike christliche Texte, die nicht in die Bibel aufgenommen wurden (z. B. das Evangelium nach Thomas, das Evangelium der Maria). Die Auswahl der Bücher im heutigen Neuen Testament wurde erst im 4. Jahrhundert von Kirchenräten (z. B. Konzil von Nicäa) beschlossen.
• Frage: Warum wurden bestimmte Schriften akzeptiert und andere ausgeschlossen? War die Auswahl wirklich von Gott inspiriert oder von Menschen gelenkt, um bestimmte theologische Ziele zu erreichen?
2. Übersetzungsfehler
• Hebräisch, Aramäisch, Griechisch: Die ursprünglichen Texte der Bibel wurden in diesen Sprachen verfasst, doch jede Übersetzung birgt das Risiko von Fehlern oder Bedeutungsveränderungen.
• Beispiel: Das hebräische Wort „alma“ in Jesaja 7:14 bedeutet „junge Frau“, wurde aber in der griechischen Übersetzung als „Jungfrau“ übersetzt – ein zentrales Element in der christlichen Lehre von der Jungfrauengeburt.
• Frage: Wenn ein Übersetzungsfehler eine solche Auswirkung hat, wie verlässlich sind andere Lehren, die auf Übersetzungen basieren?
3. Abschriften und Variationen
• Handschriftliche Kopien: Vor der Erfindung des Buchdrucks wurde die Bibel über Jahrhunderte von Hand kopiert. Dabei entstanden zahlreiche Abschreibfehler oder bewusste Veränderungen.
• Beispiel: Die Geschichte von der Ehebrecherin (Johannes 7:53–8:11, „Wer ohne Sünde ist, werfe den ersten Stein“) ist in den ältesten Manuskripten des Neuen Testaments nicht enthalten und wurde vermutlich später hinzugefügt.
• Frage: Wenn Teile später hinzugefügt oder verändert wurden, wie kann die Bibel als „unfehlbares“ Wort Gottes gelten?
4. Interpretation durch Kultur und Zeit
• Veränderung der Bedeutung: Wörter und Begriffe hatten in der Antike oft andere Bedeutungen als heute.
• Beispiel: Das Konzept von „Hölle“ (Gehenna im Griechischen) wurde stark von kulturellen und mittelalterlichen Vorstellungen geprägt, obwohl es in der Bibel oft einfach ein Ort der Zerstörung bedeutet.
• Frage: Wie viele Lehren basieren auf kulturellen Interpretationen, die nicht den ursprünglichen Texten entsprechen?
5. Theologische Kontrolle
• Einfluss der Kirche: Im Mittelalter war der Zugang zur Bibel stark kontrolliert. Die katholische Kirche erlaubte lange Zeit nur die lateinische Übersetzung (Vulgata), wodurch nur Gelehrte die Texte verstehen konnten.
• Martin Luther übersetzte die Bibel ins Deutsche, was zur Reformation führte, aber auch neue Streitigkeiten über die „wahre“ Bedeutung der Texte entfachte.
• Frage: Wenn der Text von so vielen unterschiedlichen Gruppen unterschiedlich interpretiert wird, wie kann er als absolut verbindlich angesehen werden?
Zentrale Frage für Diskussionen:
• „Wie kann die Bibel das unverfälschte Wort Gottes sein, wenn Menschen über Jahrhunderte die Inhalte verändert, übersetzt und ausgewählt haben?“
• „Wenn Gott wollte, dass die Bibel perfekt ist, warum ließ er dann Raum für Fehler und Interpretationen?“