Wieso arbeiten Rechtspopulisten soviel mit Fakenews und Verschwörungslügen?

Nach dem Rückzug von US-Präsident Biden gilt eine Kandidatur von seiner bisherigen Vize Harris als sehr wahrscheinlich. Dadurch rückt die Demokratin wieder stärker in den Fokus von Desinformation.

"Heute ist heute. Und gestern war heute gestern. Morgen wird heute morgen sein. Also lebe heute, damit die Zukunft heute so sein wird wie die Vergangenheit heute, wie sie morgen ist" - ein Video mit diesen wirren Worten von der US-Vizepräsidentin Kamala Harris wird seit gestern wieder viel geteilt, dabei ist es gar nicht echt. Denn das Video wurde manipuliert.

Das Originalvideo stammt von einer Rede Harris' bei einer politischen Veranstaltung zu reproduktiven Rechten an der Howard Universität in Washington DC im vergangenen Jahr. Das Transkript der Rede ist ebenfalls noch online. Die oben zitierte Passage kommt darin nicht vor, auch im Originalvideo ist sie nicht zu sehen.

Wie die britische Faktencheckseite Full Fact schreibt, wurde die Tonspur des Videos ersetzt. Zudem sei möglicherweise auch Künstliche Intelligenz eingesetzt worden, um den gefälschten Ton mit ihren Mundbewegungen zu synchronisieren. Dieses Video und weitere Falschbehauptungen verbreiten sich seit der Bekanntgabe von Joe Bidens Verzicht auf die Kandidatur zur US-Wahl und der damit wahrscheinlichen Nachfolge durch Harris wieder rasant.

Diese und mehr aufgedeckte Lügen über Kamala Harris findet Ihr hier: https://www.tagesschau.de/faktenfinder/harris-usa-fakes-100.html

Fakenews über Donald Trump sind mir hingegen nicht bekannt.

  • Wieso ist das so?
  • Warum arbeiten auch in Deutschland so viele Sympathisanten der neuen Rechten mit Fakenews, false flag und Fakeprofilen in sozialen Netzwerken?
  • An die Anhänger der Rechtspopulisten, die hier ebenso agieren: Wenn die Lage in Deutschland so schlimm ist: Wieso braucht ihr dann Lügen etc.? Es müsste doch ausreichen die Fakten zu nennen anstatt zusätzlich unwahre zu erfinden, oder?
  • Wieso arbeitet die politische Linke nicht genauso unfair?
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Meinung des Tages: Die internationale Lage der Pressefreiheit hat sich verschlechtert. Wie bewertet Ihr die „Rangliste der Pressefreiheit“?

Im weltweiten Vergleich zeigt sich: Die Lage der Pressefreiheit hat sich deutlich verschlechtert. Medienschaffende treffen regelmäßig auf katastrophale Bedingungen. Die Rangliste der Pressefreiheit von „Reporter ohne Grenzen“. Ganze 36 Länder befinden sich in der schlechtesten Wertungskategorie – so viele gab es über zehn Jahre nicht mehr. Die schlechteste Wertungskategorie bezeichnet Umstände, die eine unabhängige journalistische Arbeit in den betreffenden Ländern quasi unmöglich machen.

Die Entwicklung im „Superwahljahr“ 2024

Das Jahr 2024 ist international vor allem durch Wahlen geprägt. Die Entwicklung der Rangliste zeigt deutlich: Es gibt eine zunehmende Anzahl an Übergriffen gegenüber unabhängigen Journalisten und deren Berichterstattung im Umfeld von Wahlen. Reporter ohne Grenzen erklären, dass besonders vor und nach Wahlen viele Medienschaffende beschimpft, bedroht oder sogar festgenommen werden.

Diese Entwicklung ist umso bedenklicher, weil im Jahr 2024 mehr als die Hälfte der gesamten Weltbevölkerung dazu aufgerufen ist, ihre Stimme bei unterschiedlichen Wahlen abzugeben.

Was vergleichen wird

Jedes Jahr wird das Ranking veröffentlicht. Verglichen wird explizit die Situation, die in den betrachteten Ländern vorherrschen und was das für die Journalisten vor Ort und deren Arbeit bedeutet. Insgesamt werden 180 Staaten und Territorien miteinander verglichen.

Die wichtigsten Aspekte in diesem Ranking sind dabei vor allem die Sicherheit, die es für Berichterstatter vor Ort während der Berufsausübung gibt, die rechtliche und wirtschaftliche Situation vor Ort und etwaige politische Restriktionen, die es auf die Arbeit von Journalisten gibt. Die Fragen sind also: Wie unabhängig kann vor Ort von Journalisten berichtet werden, ohne, dass Sanktionen drohen und wie frei ist der Zugang zu wichtigen Informationen?

Deutschland steigt im Ranking auf

2023 belegte Deutschland den 21. Platz im Ranking – dieses Jahr erfolgte ein Aufstieg auf Platz 10. Man könnte nun vermuten, dass dahinter eine wesentliche Verbesserung der Gesamtsituation hierzulande steckt, doch eine Verbesserung gibt es tatsächlich nur geringfügig in der Kategorie Sicherheit. Der wirkliche Grund dieses „sprunghaften“ Aufstiegs ist eher niederschmetternd: Dadurch, dass sich die Lage in vielen anderen Ländern seit dem Vorjahr so verschlechtert hat, konnte Deutschland weiter nach oben rücken.

Die Zahl der physischen Übergriffe hat aber tatsächlich abgenommen. 2021 gab es 80 Angriffe auf Reporter, 2022 103 und 2023 wurden 41 gezählt.

Spitzenreiter und Schlusslichter des Rankings

Es ist wenig überraschend, dass die skandinavischen Länder nach wie vor an der Spitze der Liste stehen. Norwegen belegt so etwa den ersten Platz aufgrund der Unabhängigkeit der Medien von der Politik, dem gesetzlichen Schutz der Informationsfreiheit und auch dem Pluralismus der Medienlandschaft. Wenig anders sieht es in Dänemark, Schweden, den Niederlanden und Finnland aus, welche jeweils die Folgeplätze belegen.

Platz 180 wird von Eritrea belegt. Dort stehen alle Medien unter der Kontrolle eines sogenannten Informationsministeriums. Der freie Fluss von Nachrichten und Informationen vor Ort wird unterbunden. Vor über zwanzig Jahren wurden dort sogar einige Journalisten festgenommen, vier von ihnen sitzen bis heute ohne eine Anklage in Haft.

Syrien belegt Platz 179. Viele Medienschaffende sitzen dort in Foltergefängnissen, verschwinden oder wurden entführt. Kritik am Regime wird von den Behörden umgehend bestraft.

Platz 178 belegt Afghanistan und ist damit um ganze 26 Plätze herabgefallen. Drei Journalisten wurden dort im vergangenen Jahr getötet, mindestens 25 saßen im Gefängnis. Berichtende dort müssen mit der ständigen Gefahr leben, dass sie durch Sicherheitskräfte der Taliban festgenommen werden könnten. 

Eine Karte zur weltweiten Situation könnt Ihr übrigens direkt hier finden. Auf dieser Seite werden auch die komplette Liste sowie einige detaillierte Nahaufnahmen zur Verfügung gestellt.

Unsere Fragen an Euch:

  • Wie bewertet Ihr das Ranking von "Reporter ohne Grenzen"?
  • Wie bewertet Ihr die Situation in Deutschland?
  • Was kann getan werden, um Medienschaffende besser zu schützen?
  • Fürchtet Ihr, dass sich perspektivisch die Pressefreiheit weiter verschlechtern wird?
  • Was müsste in Deutschland geschehen, um mit den Spitzenreitern mithalten zu können?

Wir freuen uns auf Eure Antworten und wünschen Euch (später) einen guten Start ins Wochenende!

Viele Grüße
Euer gutefrage Team

Quellen:
https://www.reporter-ohne-grenzen.de/rangliste/rangliste-2024?fbclid=PAZXh0bgNhZW0CMTEAAaaFrEnv8FbTXT6fdAit80WQsm8MH_heGQqQzGQtVZEjZIcp36NaXiM97gc_aem_FysMeM240mBo2lE4uBRylA
https://www.ndr.de/nachrichten/info/Tag-der-Pressefreiheit-2024-Deutschland-zurueck-in-Top-10,pressefreiheit470.html

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Meinung des Tages: RBB beendet Zusammenarbeit mit „El Hotzo“ – wie weit darf Satire gehen und wie bewertet Ihr die Reaktion des RBB?

Sebastian Hotz, vor allem bekannt als „El Hotzo“ dürfte vielen ein Begriff sein. Er ist ein deutscher Satiriker, Schriftsteller und Podcastproduzent. Bekannt wurde er vor allem durch seine satirischen und humoristischen Beiträge auf Twitter (nun X) und Instagram. Inhaltlich geht es meist um eine Gesellschafts- und/oder Politik-Kritik. Ab 2021 arbeitete er außerdem freiberuflich für das "ZDF Magazin Royale" mit Jan Böhmermann, ab 2022 hatte er die Sendung "Theoretisch cool" auf dem RBB-Sender Radio Fritz. Doch dieser kündigte nun die Zusammenarbeit mit dem jungen Satiriker.

El Hotzo postet über Trump auf X

Vorweg muss erwähnt werden, dass der ursprüngliche Beitrag von „El Hotzo“ auf X inzwischen gelöscht wurde.

In dem Post vergleich der Satiriker die Schüsse auf den ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump mit einem Bus. Er kommentierte dies als „leider knapp verpasst“. Weiter erklärte er, er würde es fantastisch finden, wenn Faschisten sterben würden.

Elon Musk mischt sich ein

Man würde nicht erwarten, was danach geschah, doch tatsächlich mischte sich sogar Musk in die Diskussion mit ein. Er teilte das (ebenfalls umstrittene) Video eines deutschen Accounts auf seiner eigenen Plattform X und verlinkte Bundeskanzler Olaf Scholz – Musk fragte, wie es sein könnte, dass jemand, der dem führenden US-Präsidentschaftskandidaten den Tod wünscht, von der deutschen Regierung bezahlt werden würde.

ZDF und ARD distanzieren sich

Eigentlich richtete sich die Aufmerksamkeit der empörten Massen erst mal auf das ZDF. Dort arbeitete Sebastian Hotz nämlich als Gagschreiber für das ZDF Magazin Royale. Die Mainzer erklärten eindeutig, dass sie sich vom Satiriker distanzieren würden und unterstrichen, dass eine Zusammenarbeit mit Jan Böhmermann derzeit nicht existieren würde. Die von ihm getätigten Äußerungen, so der Sender, stünden in keinerlei Zusammenhang mit dem ZDF.

Der RBB (zugehörig zur ARD) hatte sich schon am Montag distanziert. Als „menschenverachtend“ bezeichneten sie die Posts des Satirikers. Seine Äußerungen seien in keinem Fall mit den Werten, für die der RBB steht, vereinbar, weshalb eine Zusammenarbeit mit dem Sender postwendend beendet wurde.

El Hotzo reagiert mit sarkastischen Tweets

Der Satiriker reagiert auf die Entwicklungen und postet munter weiter. Als „Deutschlands frechste[n] Arbeitslose[n]“ bezeichnet er sich beispielsweise auf X selbst.

Auch einen früheren satirischen Post, in dem es unter Anderem und die GEZ, Elon Musk und Robert Habeck ging, kommentierte er mit den Worten „interessant gealtert“. 

Unsere Fragen an Euch:

  • Was denkt Ihr über El Hotzos Beitrag?
  • Wie weit darf Satire gehen?
  • Was haltet Ihr davon, dass auch Musk sich einmischt?
  • Haben der RBB und ZDF korrekt reagiert?
  • Sollten derartige Aussagen vielleicht sogar strafrechtlich verfolgt werden?
  • Was denkt Ihr über die ironischen Posts als Reaktion von dem jungen Satiriker?

Quellen:

https://x.com/elhotzo
https://x.com/elonmusk
https://www.tagesspiegel.de/kultur/nach-abfalligem-trump-tweet-rbb-beendet-zusammenarbeit-mit-sebastian-hotz-12033116.html
https://www.zeit.de/kultur/film/2024-07/el-hotzo-sebastian-hotz-rbb-beendet-zusammenarbeit

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Ich finde, der RBB hat richtig reagiert, weil ... 62%
Die Reaktion des RBB finde ich überzogen, denn ... 26%
Ich habe weine andere Meinung dazu und zwar ... 11%
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Faeser verbietet "Compact"-Magazin inklusive Online-Formaten. Stimmen dazu?

Nach Informationen von ARD-Hauptstadtstudio und SWR verbietet das Bundesinnenministerium das rechtsextremistische "Compact"-Magazin des Publizisten Elsässer. Damit verschwindet das erfolgreichste und reichweitenstärkste Organ der Neuen Rechten.

Bundesinnenministerin Nancy Faeser hat das rechtsextremistische "Compact"-Magazin verboten. Seit den frühen Morgenstunden durchsuchen Beamte die Geschäftsräume von "Compact" in Falkensee und Werder bei Berlin und Potsdam. Auch die Wohnräume von Chefredakteur Jürgen Elsässer und seiner Frau sowie von weiteren "Compact"-Beschäftigten werden nach Beweismitteln durchsucht.

Rechtsgrundlage für das Verbot ist das Vereinsrecht, wonach auch Unternehmen, die sich gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung richten, vom Bundesinnenministerium verboten werden können. Begründet wird das Verbot mithilfe einer umfangreichen Materialsammlung des Bundesamts für Verfassungsschutz, an der auch der brandenburgische Verfassungsschutz beteiligt war. Sowohl das Bundesamt als auch der Landesverfassungsschutz beobachten "Compact" seit Jahren und bewerten das Medium seit Ende 2021 als "gesichert rechtsextremistisch".

Chefredakteur und prägende Figur an der Spitze von "Compact" ist Jürgen Elsässer. In den einzelnen Formaten wurden sowohl aktuelle Themen aufgegriffen als auch eigene Themen gesetzt. Durchweg wurden Hass und Hetze verbreitet, insbesondere gegen muslimische Migrantinnen und Migranten, aber auch gegen die Bundesregierung, die sogenannten "Altparteien" und nach journalistischen Kriterien arbeitende Medien, die als "Systempresse" oder "Lügenpresse" diffamiert wurden.

"Compact" bestand aus einem Magazin, das monatlich erscheint, nebst Sonderheften, einem Online-Auftritt und einer täglichen Sendung namens "Compact Der Tag", die von Montag bis Freitag täglich produziert wurde. Das Heft hatte nach eigenen Angaben eine Auflage von 40.000 Exemplaren.

Die tägliche Sendung, die auch auf dem YouTube-Kanal von "Compact" zu sehen war, verfügte über eine erhebliche Reichweite: Bis zu 100.000 Klicks erreichten Videos von "Compact Der Tag" auf YouTube, einzelne Doku-Formate sogar bis zu eine Million.

Entscheidend für das Verbot ist, dass "Compact" nach Bewertung des Bundesinnenministeriums gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung und die Menschenwürde verstößt und dabei "aggressiv-kämpferisch" auftritt.

Nach Belegen dafür muss man in der Tat nicht lange suchen: "Compact" sprach von sich selbst als "Widerstand", seit der Pandemie wurde das politische System als Corona- oder Impf-"Diktatur" diffamiert. In einer Sendung zur Vogelgrippe hieß es kürzlich, "neuer Impfterror" sei im Anmarsch, während der Corona-Pandemie seien die Menschen "zwangsgeimpft" worden.

Chefredakteur Elsässer erging sich in den vergangenen Jahren wiederholt in Umsturzforderungen: "Wir wollen einfach das Regime stürzen", im Unterschied zu anderen Medien sei dies das Ziel von "Compact". Am 3. Oktober 2023 fabulierte er auf einer Veranstaltung in Gera, im Osten einen "eigenen Staat namens DDR" wieder aufzurichten: "Wir haben doch einen Reichskanzler in Gestalt von Björn Höcke". Um die Souveränität gegen Polen zu verteidigen, könne man gemischte "deutsch-russische Bataillone" an der Grenze stationieren.

Quelle: https://www.tagesschau.de/inland/gesellschaft/compact-verbot-100.html

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Wer von Euch hat "L'amour toujours" schon einmal mit verändertem Text mitgesungen und warum?

Auch Wochen nach der Empörung über das Sylt-Video wird der Eurodance-Hit "L'amour toujours" mit Neonazi-Parolen gegrölt - auf Partys, in der Schule, bei der Fußball-EM. Es ist nicht der erste Fall, bei dem ein Lied umgetextet wird.

Das sogenannte "Sylt-Video" steht für viele exemplarisch für die Verknüpfung des Partylieds mit der rechtsextremen Parole. Dabei war Sylt längst nicht der erste Vorfall. Recherchen der NDR-Medienredaktion ZAPP zeigen, wie die Neonazi-Parole schon seit langem zu "L'amour toujours" gesungen wird, wie sie ihren Weg aus Neonazi-Kreisen in die Mitte der Gesellschaft fand - und wie sie sich immer weiter ausbreitet.

Dass populäre Musik missbraucht wird, um rechtsextreme Ideologien zu verbreiten, ist keineswegs neu. Schon in den 1920er-Jahren hat sich die nationalsozialistische Bewegung Arbeiterlieder angeeignet. Auch nach der NS-Zeit passierte das immer wieder: Vor 20 Jahren wurden etwa auf den Udo Jürgens-Schlager "Mit 66 Jahren" Holocaust-verherrlichende Parolen getextet. Der Versuch verfolgt stets das gleiche Ziel: rechte Positionen in die Mitte der Gesellschaft zu rücken.

Verändert hat sich hingegen die Strategie. Die Neue Rechte arbeite inzwischen mehr mit Humor, sagt Mario Dunkel, Professor für Musikpädagogik an der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg. Durch die ironische Ebene, könne "man immer wieder einen Schritt zurückgehen und sagen: Das war nicht so gemeint", erklärt Dunkel. "Man kann eine extrem rechte Botschaft senden und gleichzeitig sagen: Das war doch nur ironisch."

In ganz Deutschland wird inzwischen die rechtsradikale Parole zu "L'amour toujours" gesungen, in allen Bundesländern, in allen Gesellschaftsschichten, auf Partys, in der Schule, bei der Fußball-EM. ZAPP hat bei allen Landeskriminalämtern, bei Staatsanwaltschaften und einer Meldestelle für Rechtsextremismus angefragt sowie zahlreiche Medienberichte gesammelt. Bis Anfang Juli 2024 wurden insgesamt 389 Fälle medial oder polizeilich erfasst. Das ist nur die Spitze des Eisbergs.

Ob die Parole aus vermeintlicher Ironie, Provokation oder Überzeugung gesungen wird, ist dabei nebensächlich. Jeder einzelne Vorfall trägt die rechtsextreme Position weiter in die Mitte der Gesellschaft.

Quelle: https://www.tagesschau.de/inland/gesellschaft/sylt-gigi-dagostino-rechtsextreme-100.html

Niemals würde ich so etwas grölen. 81%
Ich halte das einfach für Spaß. 13%
Ich singe den anderen Text aus Überzeugung. 6%
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