Ein Freund von mir hört Hard Rock und Metall, färbt sich die Haare bunt, rülpst bei Tisch, sagt ständig perverse Sachen, läuft beim CSD und bei FFF mit, kifft, ist sehr links und vögelt mehr als Heinrich der Vogler.
Und man merkt es schon - ich bin komplett anders. Ich kenne nicht nur Heinrich den Vogler, sondern lese auch Karl May, höre Peter Alexander, Heintje und Udo Jürgens, trage Hemden und Wollpullover, habe Orientteppiche im Zimmer, gehe in die Kirche, bin anständig und bürgerlich. Ich bin eigentlich fast ein richtiger Musterknabe, wie Omas ihn sich wünschen. Natürlich bin ich auch ein Kind meiner Zeit und manchmal streite ich mich heftig mit meiner Oma, aber eigentlich bin ich doch schon ziemlich konservativ. Philipp Amthor mag ich übrigens nicht. So spießig bin ich dann auch wieder nicht. Und verklemmt bin ich auch nicht.
Und manchmal habe ich dann aber ein richtig schlechtes Gefühl. Weil für meinen Freund müsste ich ja eigentlich das komplette Feindbild sein. Ich bin ja praktisch die Art von Mensch, gegen die die immer demonstrieren.
Und dann frage ich mich manchmal, ob ich nicht ein totaler Verräter für meine Generation bin? Müsste ich nicht eigentlich auch rebellieren und demonstrieren? Stattdessen saufe ich Likör mit Omis und höre Heintje mit denen - überspitzt gesagt. Bin ich nicht eigentlich ein Schritt zurück?
Aber auf der anderen Seite, ich bin ich und so bin ich nunmal. Wenn ich jetzt rebellieren würde mit bunten Haaren, dann wäre das nicht mehr ich, sondern eine Verstellung.
Wie denkt ihr darüber?