Ich gehe aktuell in die 11. Klasse, aber erinnere mich noch gut an eine seltsame Phase in der 9. und zu Beginn der 10. Klasse. Damals hatten wir für eine kurze Zeit einen neuen Schulleiter, der sich ziemlich eigenartig verhalten hat. Er hat uns Schüler zwar nicht direkt schlecht behandelt, aber sein Auftreten war eher das eines hochrangigen Politikers als eines normalen Schulleiters.
Unsere Schule hat etwa 80 Lehrkräfte und nur rund sechs oder sieben Büros. Trotzdem hat dieser Schulleiter es irgendwie geschafft, sich eine eigene Sekretärin für sein Vorzimmer zu organisieren – etwas, was sonst niemand an der Schule hatte, abgesehen von den zwei regulären Sekretärinnen.
Innerhalb eines einzigen Schuljahres hat er fast die komplette „obere Etage“ der Schulorganisation ersetzt – also Stufenleitungen, einzelne Fachbereichsleitungen und die Leitung der Ganztagsschule. Die meisten wurden offenbar verdrängt, weil sie ihm nicht loyal genug erschienen. Stattdessen hat er Leute befördert, die ihm sehr zugewandt waren – wer also auf seiner Seite stand, wurde bevorzugt, bekam vielleicht sogar ein eigenes Büro. Wer sich dagegen kritisch äußerte oder nicht völlig unterordnete, wurde mit legalen, aber deutlich spürbaren Mitteln aus dem Weg geräumt.
Sein Einfluss reichte sogar über das Kollegium hinaus: In der Elternvertretung und der Schülervertretung tauchten plötzlich Personen auf, die ihm nahe standen. Der Vorsitzende des Schulelternbeirats trug zum Beispiel denselben Nachnamen wie er und war wohl ein Verwandter.
Er selbst tat so, als leite er ein Ministerium: Er ließ sich Termine nur über seine Vorzimmerkraft geben und erschien stets sehr beschäftigt, mit dem Hinweis, dass er „gleich wieder los müsse“. Dabei war seine Rolle als Schulleiter eigentlich rein verwaltungstechnischer Natur – nichts, was ein solches Gehabe rechtfertigen würde.
Letztlich haben sich 55 Lehrkräfte an das Bildungsministerium gewandt, woraufhin er gegen Ende der 10. Klasse seinen Posten aufgegeben hat. Inzwischen arbeitet er an einer deutlich kleineren Schule im Nachbarort – dort hat er übrigens kein Vorzimmer mehr.