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Warum unterscheiden sich die Aussagen von Waffen-SS-Veteranen so stark von der Geschichtsforschung?

Ich habe mir in letzter Zeit mehrere Interviews mit ehemaligen Soldaten der Waffen-SS auf YouTube angesehen. Was mir dabei aufgefallen ist: Viele schildern ihre Erlebnisse sehr ähnlich. Sie sagen zum Beispiel, sie seien freiwillig zur Waffen-SS gegangen, weil sie zur Elite gehören und dem Volk dienen wollten. Es sei eine disziplinierte Truppe gewesen, mit wenig Alkohol oder Tabak. Sie hätten sich korrekt gegenüber Zivilisten verhalten, teils sogar geholfen oder Spielzeug für Kinder gebastelt. Von Kriegsverbrechen sei meist keine Rede – und wenn doch, dann nur unter extremer Provokation oder im „Chaos des Gefechts“.

Ein weiterer Punkt, der mich überrascht hat: Praktisch alle berichteten, dass sie beim Ausbruch des Zweiten Weltkriegs nicht jubelten, sondern traurig, enttäuscht oder wütend gewesen seien. Kein Freudentaumel, keine Siegesgewissheit – eher Sorge, was das für das eigene Leben und das Land bedeuten würde.

Wenn man sich jedoch die wissenschaftliche Forschung zur Waffen-SS anschaut, ergibt sich ein ganz anderes Bild: Es ist oft die Rede von ideologischer Radikalisierung, Massakern an Zivilisten, Beteiligung an Kriegsverbrechen, besonders an der Ostfront, und enger Verstrickung in die Verbrechen des NS-Regimes.

Meine Frage ist daher:

Wie kommt es, dass die Erinnerungen vieler Waffen-SS-Veteranen so stark von dem abweichen, was die Geschichtsforschung beschreibt?

Liegt das an selektiver Erinnerung, bewusster Verklärung, unterschiedlichen Erfahrungen innerhalb der Waffen-SS – oder vielleicht auch daran, dass sich die Forschung nicht immer alle Seiten gleich intensiv anhört, z. B. persönliche Erlebnisse einfacher Frontsoldaten?

Ich möchte hier keine Diskussion über Schuld oder Rechtfertigung, sondern verstehen, woher diese Wahrnehmungslücke kommt – zwischen subjektiver Erinnerung und objektiver Analyse.

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Die unbekannte Befreiung: Warum Operation Bagration kaum Teil deutscher Erinnerung ist?

Im Juni 1944 startete die Sowjetunion die Operation Bagration – eine gewaltige Großoffensive gegen die deutsche Heeresgruppe Mitte in Weißrussland. Innerhalb weniger Wochen (ab dem 22. Juni) verlor die Wehrmacht 350.000 bis 400.000 Soldaten durch Tod, Verwundung oder Gefangenschaft. Über 28 deutsche Divisionen wurden vollständig vernichtet, große Teile der Ostfront brachen zusammen.

Zum Vergleich: Im gesamten Verlauf der Invasion in der Normandie (inklusive D-Day) verlor Deutschland etwa 150.000 bis 200.000 Soldaten – also deutlich weniger, und über einen längeren Zeitraum.

Operation Bagration war damit nicht nur eine der größten Niederlagen der Wehrmacht, sondern auch ein zentraler militärischer Beitrag zur Befreiung großer Teile Ost- und Mitteleuropas von der NS-Herrschaft, darunter Weißrussland, Teile Polens und des Baltikums.

Trotz dieser Dimension ist die Operation im deutschen Geschichtsbewusstsein weitgehend unbekannt – während der D-Day fast jedem zumindest oberflächlich ein Begriff ist.

Warum ist das so? Liegt es an der westlich geprägten Erinnerungskultur? Am Kalten Krieg? Oder an der mangelnden medialen Darstellung des Kriegsgeschehens an der Ostfront – selbst bei entscheidenden Wende- und Befreiungsmomenten?

Verdrängung der Niederlage 50%
Politische und kulturelle nähe der BRD zur USA 30%
Bagratión schwerer greifbar 10%
Ostfront politisch tabu (kalter Krieg) 10%
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Warum redet man beim Holocaust fast nur über jüdische Opfer und kaum über die anderen?

Es ist absolut richtig und notwendig, dass der Holocaust in der Erinnerungskultur vor allem mit dem millionenfachen Mord an Jüdinnen und Juden verknüpft wird. Sie waren das zentrale Ziel der nationalsozialistischen Vernichtungsmaschinerie. Ihre systematische Verfolgung, Entrechtung und Ermordung in industriellem Maßstab macht den Holocaust einzigartig und muss deshalb im Mittelpunkt der Erinnerung stehen. Ohne diese Fokussierung würden wir die historische Realität verfälschen und die Bedeutung dieses unfassbaren Verbrechens nicht angemessen erfassen.

Gleichzeitig darf das aber niemals dazu führen, dass die anderen Opfergruppen vergessen oder marginalisiert werden. Millionen von Sinti und Roma, Menschen mit Behinderung, politische Gegnerinnen und Gegner, Homosexuelle, Zeugen Jehovas sowie viele weitere Gruppen wurden ebenfalls verfolgt, deportiert, gefoltert und ermordet, oft ebenfalls auf grausamste Weise. Ihr Leid ist Teil der nationalsozialistischen Gewalt und Vernichtungspolitik und muss genauso genau betrachtet und anerkannt werden. Wenn wir diese Gruppen in der Erinnerungskultur nicht genauso ausführlich würdigen, vermitteln wir unbewusst den Eindruck, ihr Leiden sei weniger wichtig oder weniger schützenswert. Das ist nicht nur falsch, sondern auch respektlos gegenüber den Opfern und ihren Nachfahren.

Eine wirklich verantwortungsvolle Erinnerungskultur stellt alle Opfer in den Fokus und erklärt die menschenverachtende Ideologie des Nationalsozialismus in ihrer gesamten Tragweite. Nur so können wir verhindern, dass sich solche Verbrechen wiederholen und wir geben allen Opfern die Anerkennung, die sie verdienen, ohne das zentrale Verbrechen des Holocaust zu relativieren. Das ist die Herausforderung, der wir uns immer wieder stellen müssen.

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