Warum unterscheiden sich die Aussagen von Waffen-SS-Veteranen so stark von der Geschichtsforschung?
Ich habe mir in letzter Zeit mehrere Interviews mit ehemaligen Soldaten der Waffen-SS auf YouTube angesehen. Was mir dabei aufgefallen ist: Viele schildern ihre Erlebnisse sehr ähnlich. Sie sagen zum Beispiel, sie seien freiwillig zur Waffen-SS gegangen, weil sie zur Elite gehören und dem Volk dienen wollten. Es sei eine disziplinierte Truppe gewesen, mit wenig Alkohol oder Tabak. Sie hätten sich korrekt gegenüber Zivilisten verhalten, teils sogar geholfen oder Spielzeug für Kinder gebastelt. Von Kriegsverbrechen sei meist keine Rede – und wenn doch, dann nur unter extremer Provokation oder im „Chaos des Gefechts“.
Ein weiterer Punkt, der mich überrascht hat: Praktisch alle berichteten, dass sie beim Ausbruch des Zweiten Weltkriegs nicht jubelten, sondern traurig, enttäuscht oder wütend gewesen seien. Kein Freudentaumel, keine Siegesgewissheit – eher Sorge, was das für das eigene Leben und das Land bedeuten würde.
Wenn man sich jedoch die wissenschaftliche Forschung zur Waffen-SS anschaut, ergibt sich ein ganz anderes Bild: Es ist oft die Rede von ideologischer Radikalisierung, Massakern an Zivilisten, Beteiligung an Kriegsverbrechen, besonders an der Ostfront, und enger Verstrickung in die Verbrechen des NS-Regimes.
Meine Frage ist daher:
Wie kommt es, dass die Erinnerungen vieler Waffen-SS-Veteranen so stark von dem abweichen, was die Geschichtsforschung beschreibt?
Liegt das an selektiver Erinnerung, bewusster Verklärung, unterschiedlichen Erfahrungen innerhalb der Waffen-SS – oder vielleicht auch daran, dass sich die Forschung nicht immer alle Seiten gleich intensiv anhört, z. B. persönliche Erlebnisse einfacher Frontsoldaten?
Ich möchte hier keine Diskussion über Schuld oder Rechtfertigung, sondern verstehen, woher diese Wahrnehmungslücke kommt – zwischen subjektiver Erinnerung und objektiver Analyse.
5 Antworten
Viele schildern ihre Erlebnisse sehr ähnlich. Sie sagen zum Beispiel, sie seien freiwillig zur Waffen-SS gegangen, weil sie zur Elite gehören und dem Volk dienen wollten.
Das ist auch richtig.
Sie hätten sich korrekt gegenüber Zivilisten verhalten, teils sogar geholfen oder Spielzeug für Kinder gebastelt. Von Kriegsverbrechen sei meist keine Rede – und wenn doch, dann nur unter extremer Provokation oder im „Chaos des Gefechts“.
Es war auch nicht jede Waffen SS Einheit daran beteiligt. Natürlich waren das auch Menschen.
Ob sie die Kriegsverbrechen von anderen Einheiten überhaupt mitbekamen ist eine Frage und ob sie die Kriegsverbrechen aus persönlicher Scham oder Angst vor Verurteilung geheim halten die 2te.
Praktisch alle berichteten, dass sie beim Ausbruch des Zweiten Weltkriegs nicht jubelten, sondern traurig, enttäuscht oder wütend gewesen seien.
Nicht jeder Mensch war glücklich darüber das ist auch so bekannt. Ein Teil der Bevölkerung war es, der andere erinnerte sich an den ersten Weltkrieg.
Es ist oft die Rede von ideologischer Radikalisierung, Massakern an Zivilisten, Beteiligung an Kriegsverbrechen, besonders an der Ostfront, und enger Verstrickung in die Verbrechen des NS-Regimes.
Das stimmt auch allerdings geht die Geschichtsforschung ja nicht von Einzelaussagen aus sondern betrachtet das große und ganze Bild auf Basis von Dokumentierten verfällen. Das bedeutet nicht dass das jeder Mensch auch so erlebt hat, sondern nur dass es stattgefunden hat.
In wie fern die Waffen SS während der Ausbildung noch radikalisiert wurde kann ich nicht sagen, für die spätere Kriegsjugend war das aber nicht mehr wirklich notwendig denn die wurden ja in der HJ bereits gedrillt und da die Waffen SS auch erst im Krieg gegründet wurde dürfte die Mehrheit der Soldaten dort bereits bei der HJ gewesen sein.
Die Vorstellung des arischen Elitekämpfers der Waffen SS, der mit seinem Opfer dem Volk zu wahrer Größe verhilft, kommt ja oft auch nicht von alleine.
Ein Günther Grass hat lange Zeit seine Mitgliedschaft verschwiegen, ich vermute er hatte seine Gründe.
Waffen-SS-Veteranen "An Grass kann sich kein Kamerad erinnern"Seit Tagen debattiert die Republik über das Bekenntnis des Literatur-Nobelpreisträgers Günter Grass, die letzten Kriegsmonate bei der Waffen-SS verbracht zu haben.Günter Grass war bei der Waffen-SS - NDR.de
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Du hast die Gründe in Deiner Frage bereits genannt. Lücken in der Forschung würde ich aber ausschließen wollen, da die Verbrechen der SS einfach zu offensichtlich sind und sogar von ihnen selbst dokumentiert wurden
Selektive Wahrnehmung und Verdrängung möchte ich einmal aufgreifen.
Stell Dir vor, Du entscheidest Dich für etwas, das Dein ganzes Leben beeinflusst. Wahrscheinlich ist es etwas, das Du für richtig hältst. So wird es bei diesen Männern mit dem Beitritt der SS gewesen sein.
Entwededer wussten sie, was auf sie zukommt. Dann werden sie durchgehend das positive an dieser Entscheidung präsentieren. Also das Einstehen für Werte z.B.
Oder sie wussten es nicht, dann macht es aber im Nachhinein Sinn diese Entscheidung nicht in Frage zu stellen, weil sie sonst Ihren Lebensentwurf in Frage stellen müssten. So tun Sie das, was alle machen, sie stellen das positive in das Licht der Aufmerksamkeit, schon um nicht wie Monster wahrgenommen zu werden.
Da stimmen beide Schilderungen. Schau mal den Film 'Der Junge im gestreiften Pyjama' oder lies das Buch. Der Vater ist keineswegs glücklich über den Krieg und fühlt sich als fürsorglicher Familienvater. Der flickt die Spielzeuge seiner Kinder und deren Freunde. Seine Arbeit besteht aber darin, als KZ-Direktor möglichst viele Juden umzubringen und deren Leichen zu entsorgen. Er findet, er leiste da einen wichtigen Dienst für's Volk. "Irgendjemand muss diese Arbeit ja machen." - Der fühlt sich nicht als schlechter Mensch. Im Gegenteil findet er, er übernehme Verantwortung für die Allgemeinheit.
Erinnerungen können sich mal mehr mal weniger stark wandeln.
Das mit Spielzeug sammeln oder verschenken, halte ich für kompletten Unsinn:
Wo sollten sie das denn herhaben? Sollen sie das von zuhause an die Front mitgebracht haben oder im nächsten Laden gekauft oder gestohlen haben?
Das macht keinen Sinn. Es herrschte Krieg, die hatten keine Zeit für Spielzeug.
Was ich aber durchaus glaube, ist die Sorge und Angst vor der Kriegserklärung Hitlers
Man kann noch so radikal sein, Angst und Sorge um das eigene Leben und das eigene Land lassen sich dadurch aber nicht auslöschen.
Ein Einmarsch in ein fremdes Land, ist ein kriegerischer Akt. Naja, außer bei Österreich, da wurden sie regelrecht eingeladen.
Nur der Information halber
Der das erzählte ist angeblich (ist ja doch unter Vorbehalt da nicht überprüfbar) der SS 1937 beigetreten und das mit Spielzeug bezog sich auf Anfangszeit bzw vor denn Krieg.