Ist die Verteidigung eigener Standpunkte ("Rechthaberei" / Schopenhauer-Dialektik) wichtiger als die Synthese aus These und Antithese (Hegel-Dialektik)?
Für Arthur Schopenhauer war Rechthaberei (oder Eristische Dialektik) nicht das Streben nach Wahrheit, sondern die Kunst, in einer Debatte recht zu behalten, egal ob man objektiv richtig liegt oder nicht.
Es geht darum, den Gegner mit allen Mitteln zu besiegen und die eigene Behauptung durchzusetzen, selbst wenn man insgeheim weiß, dass sie falsch ist. Schopenhauer sah dies als einen natürlichen menschlichen Hang zur Eitelkeit und zum Intellektualismus, bei dem die Logik oft als Waffe missbraucht wird.
Es ist die Kunst des Streitens um des Sieges willen, nicht um der Wahrheit willen.
Die hegelsche Dialektik ist ein Denkmodell zur Entwicklung von Ideen und der Realität selbst. Sie verläuft in drei Schritten:
These: Eine anfängliche Idee oder Behauptung (z.B. "Das Sein ist").
Antithese: Der Widerspruch oder das Gegenteil der These (z.B. "Das Nichts ist").
Synthese: Die Auflösung dieses Widerspruchs in einer höheren, umfassenderen und reicheren neuen Idee. Die Synthese ist nicht nur ein Kompromiss, sondern eine neue These, die Elemente beider Seiten bewahrt und gleichzeitig über sie hinausgeht (z.B. aus Sein und Nichts entsteht "Werden").
Der Prozess beginnt dann von Neuem, wobei die Synthese zur neuen These wird, die ihrerseits wieder eine Antithese erzeugt, bis sich der "Absolute Geist" im Verlauf der Geschichte entfaltet. Es ist ein dynamisches Voranschreiten durch Widerspruch.