Ich weiß nicht mehr weiter. Ich bin seit 1,5 Jahren mit meinem Freund (25) zusammen, und in dieser Zeit hat er mich so oft belogen und enttäuscht, dass ich den Überblick verloren habe. Er hat sich Dating-Apps runtergeladen, sich heimlich mit anderen Frauen getroffen. Gleichzeitig war er auf schwulen Datingseiten unterwegs und hat sich mit zwei Männern getroffen – angeblich nur zum Spazierengehen. Er hatte sich letztes Jahr schon mal getrennt, hatte direkt eine Neue, nur um eine Woche später wieder zu mir zurückzukommen. Und obwohl ich wusste, dass das alles nicht gesund ist, hab ich ihn trotzdem so sehr geliebt, dass ich geblieben bin. Ich habe ihn überall hingefahren, ihm geholfen, war immer für ihn da.
Er hat keinen Führerschein, lebt bei seinen Eltern in einer kleinen Wohnung, schläft mit Mutter und Vater im selben Bett, ist depressiv, nimmt Antidepressiva, hat Zwangsgedanken und kaum Freunde. Ich hab ihn nie verurteilt, sondern ihn unterstützt, mit ihm Urlaube geplant, ihn gepflegt, getragen. Ich hab einfach alles gegeben.
Wir führen eine Fernbeziehung (Bamberg–Leipzig), und wenn wir uns sehen, ist eigentlich immer alles gut. Aber wenn wir Streit haben, zieht er sich komplett zurück. Er blockiert mich, ignoriert mich, redet tagelang nicht. Ich will dann reden, Dinge klären, aber von ihm kommt nichts – außer vielleicht, dass er noch wütender auf mich wird als ich auf ihn. Seit Ende Februar sind wir wieder zusammen, nachdem er sich im Januar getrennt hatte, weil er „mehr Freiheit“ wollte. Ich hatte damals keinen Kontakt zu ihm – bis ich mich wieder gemeldet habe, und er sofort wieder was wollte. Jetzt ist er mit seiner Mutter in Berlin im Urlaub.
Am Donnerstag hatten wir einen kleinen Streit, weil ich ihn angerufen habe, während er in der U-Bahn saß. Er war sofort genervt, meinte, ich solle ihn nicht stören. Ich dachte mir nur: In der Zeit, in der du dich aufregst, hättest du auch einfach kurz liebevoll sagen können, dass du später redest. Am Freitag war plötzlich alles gut – wir hatten einen richtig schönen Tag, ich war mit einer Freundin unterwegs, er mit seiner Mutter, wir haben normal geschrieben. Ich hab ihn nicht mal angerufen.
Später war ich allein daheim und habe in unser gemeinsames Google-Konto geschaut, weil ich wusste, er googelt oft Sachen, bevor er irgendwo hingeht. Und da stand: „Singletreffs heute in Berlin“, „Speed-Dating Neukölln“, „Partys heute“. Ich hab wirklich gedacht, ich träume. Ich bekam eine Panikattacke, konnte nicht atmen, hab ihn zigmal angerufen. Als er endlich ranging, war seine erste Reaktion: „Wie konntest du das sehen?“ – nicht etwa: „Es tut mir leid“, oder „Es war ein Fehler“. Nur Ausflüchte. Er meinte, es sei der Laptop seiner Mutter gewesen – als ob das etwas ändert. Ich war völlig fertig, hab bei meinen Eltern geweint wie noch nie, konnte nicht schlafen, nicht essen. Ich hab ihm gesagt, dass ich das nicht mehr kann, dass ich mich trennen will.
Aber ich weiß innerlich, dass ich’s nicht kann. Ich liebe ihn. Ich klammere, obwohl er mich emotional oft zerreißt. Heute Nacht hat er mich aus dem Google-Konto rausgeworfen. Kein Wort dazu. Ich hab ihn heute früh angerufen, und er war wieder nur kalt: „Ich will schlafen.“ Keine Erklärung, keine Reue, kein Gespräch. Und das ist ja nicht alles.
Vor zwei Wochen im Streit meinte er plötzlich, er sei „kurz vor der Trennung“, und fing direkt an, neuen Frauen auf Instagram zu folgen. Und vor anderthalb Wochen sagt er mir am Telefon einfach so, als wär’s nichts, dass er grad auf einen Trans-Porno auf irgendeiner Seite masturbiert. Ich war sprachlos. Aber auch da: Ich bin geblieben. Und ich frage mich ständig: Warum?
Weil es eben auch diese andere Seite von ihm gibt. Er kann unglaublich liebevoll sein. Schickt mir völlig unerwartet Liebestexte, schenkt mir Blumen, telefoniert jeden Abend stundenlang mit mir, unterstützt mich finanziell, steht mir bei allem zur Seite – wirklich immer. Und genau das macht es so schwer. Ich hänge in einer Beziehung fest, die mich gleichzeitig auffängt und kaputtmacht. Ich weiß, dass ich gehen müsste. Aber mein Herz kommt nicht hinterher. Ich brauche Hilfe. Ich weiß nicht, wie ich mich lösen soll. Ich weiß nicht, wie ich abschließen kann. Ich weiß nur, dass es so nicht weitergehen kann. Bitte, wenn irgendwer sowas kennt – oder eine Stelle weiß, die einem bei sowas hilft, oder wenn jemand einfach versteht, wie weh das alles tut – bitte meldet euch. Ich will da raus. Aber ich schaff’s nicht allein.