Distanztlose Menschen beim Thema Behinderung
Moin in die Runde,
als junger Mensch mit Behinderung mache ich regelmäßig ziemlich zweifelhafte Erfahrungen mit mir völlig fremden Menschen und bin mir oft auch nicht sicher wie ich in dem Moment reagieren sollte. Oft frage ich mich wie andere wohl reagieren würden und welche Reaktionen überhaupt sozial angemessen wären.
Da wären zum Beispiel folgende Situationen:
Ich bin mit meinem Assistenzhund (in Freizeit = er hat die Weste nicht an) auf dem Weg zur Bushaltestelle. Dabei habe ich auch meinen Rucksack, einen Orangenen Rucksack mit einem Schild, auf. Auf dem Schild steht: Assistenzhund, bitte Abstand halten und Symbole für nicht streicheln, füttern etc.. Einfach, weil erwachsene Menschen es sonst nicht lassen können einen fremden Hund zu füttern oder ungefragt anzugrabschen XD. Plötzlich tippt mich von hinten eine wildfremde Frau an und fragt: "Ist das ein Witz?". Ich drehte mich komplett perplex zu ihr um und weiß erst gar nicht was sie meint. Sie daraufhin erneut: "Ist das mit dem Assistenzhund ein Witz?". Nachdem ich sie gefragt habe warum sie das denkt und wie sie darauf kommt und sie mir mitteilte, dass der Hund nicht aussehe wie ein Assistenzhund, habe ich ihr natürlich gesagt, dass es sich nicht um einen Witz handelt. Daraufhin gingen die distanzlosen Fragen los: Welche Krankheit haben Sie denn? Können Sie denn überhaupt arbeiten? etc.. Ich fand das ganze Mega distanzlos. Ich meine, wer fragt Menschen auf der Straße, die man gar nicht kennt, solche Fragen? Obwohl ich die Frau mehr als problematisch fand, habe ich ihr trotzdem ihre Fragen beantwortet, weil ich auch gar nicht wusste was ich bei so viel Dreistigkeit machen sollte.
Ein anderes Mal saß ich im Bus und ein älterer Herr setze sich zu mir und meinem Assistenzhund und lehnte sich zu mir. Dann fragte er: " Und was stimmt mit Ihnen nicht, dass sie den brauchen?", und zeigt auf meinen Hund. Hab ihm gesagt, dass ich behindert bin und bin dann einfach ausgestiegen. Fand die Art und Weise wie er gefragt hat auch irgendwie mega unhöflich.
In einer Vorlesung habe ich mal einer Gastdozentin mein Mikrofon gegeben, welches direkt in meine Hörgeräte streamt, sodass ich sie verstehen konnte. Das ist im Audimax immer ein bisschen schwierig sonst. Sie hat das Mikro auch entgegen genommen, aber nicht ohne vor versammelter Mannschaft zu fragen was denn mit meinen Ohren nicht stimme und welche Krankheit ich denn habe. Hab nur geantwortet: Keine Ahnung und mich hingesetzt. Sie hat dann nicht weiter nachgefragt, aber es war halt maximal unangenehm, wenn etwa 150 Kommilitonen gebannt zuhören.
Wieder ein anderes Mal stand ich mit Assistenzhund an unserer Apotheke an, die Schlange reichte bis nach draußen ins Einkaufszentrum. Dort waren Haustiere nicht erlaubt. Mein Assistenzhund trug aber seine Arbeitskleidung. Wutentbrannt kam dann ein alter Mann auf uns zu, baute sich vor mir auf und blaffte mich lautstark an, dass ich ja gar nicht blind sei... . Zur Info: Mein Hund ist 20 cm groß, also sichtbar kein Blindenhund. Habe dem Mann dazu nur gesagt, dass man nicht blind sein muss, um einen Assistenzhund zu haben. Er verlangte daraufhin, dass ich ihm meinen Behindertenausweis zu zeigen habe, um ihm (einem anderen Kunden, kein Sicherheitsbeamter) zu beweisen, dass ich behindert sei. Ich habe ihn stehen lassen und bin einfach weitergegangen.
Bei all diesen Situationen frage ich mich aber, wie ich in Zukunft besser mit sowas umgehen kann, oder wie man damit überhaupt sozial angemessen umgehen kann. Ist das eurer Meinung nach überhaupt möglich? Habt ihr ähnliche Situationen erlebt?
Versteht mich bitte nicht falsch: Ich werfe den Menschen nicht generell Böswilligkeit vor. Naja, außer dem Opa bei der Apotheke vielleicht ;). Aber trotzdem sind diese Verhaltensweisen der Menschen doch extrem distanzlos.