Ist Klimaschutz oder der Erhalt der Industrie in Deutschland wichtiger?
2024 war das wärmste Jahr seit Beginn der Aufzeichnungen. Das zeigt der neue Bericht der Weltorganisation für Meteorologie (WMO) der Vereinten Nationen. Die globale Durchschnittstemperatur lag erstmals mehr als 1,5 Grad über dem vorindustriellen Niveau. Trotz dieser Entwicklung betonen Wissenschaftlerinnen und Forscher, dass das langfristige Ziel des Pariser Abkommens noch nicht endgültig überschritten sei. Klimaschutzmaßnahmen sind aus Sicht vieler Parteien dringend notwendig. Der Bundestag verabschiedete daher am Dienstag ein 500-Milliarden-Euro-Sondervermögen, von dem 100 Milliarden in den Klimaschutz fließen sollen.
Befürworter strikterer Klimaschutzmaßnahmen sehen darin eine große Chance für den Wirtschaftsstandort Deutschland. WWF-Klimaexpertin Viviane Raddatz lobte die neuen Investitionen als „wichtigen Start“ und betonte, dass die Verankerung der Klimaneutralität im Grundgesetz ein „Meilenstein“ sei. Auch SPD-Generalsekretär Matthias Miersch sprach von einem „historischen Schritt“, der Deutschland unabhängiger und zukunftsfähiger mache. 2024 hatte die Bundesregierung die eigenen Klimaziele eingehalten und konnte sinkende Treibhausgasemissionen aufzeigen.
In der Industrie wächst hingegen die Sorge vor Jobverlusten und Standortverlagerungen durch zu starke Klimaschutzauflagen. BDI-Präsident Siegfried Russwurm warnte Ende letzten Jahres im Handelsblatt davor, dass Deutschland schneller als der Rest der EU klimaneutral sein wolle. Der derzeitige Weg der Transformation zur Klimaneutralität sei falsch. So sagte er: „Derzeit sind wir ja nicht Musterschüler, sondern laufen Gefahr, zum abschreckenden Beispiel zu werden.” Auch CDU-Chef Friedrich Merz setzte im Wahlkampf eher auf marktwirtschaftliche Anreize als auf staatliche Eingriffe.
- Stimmt ihr folgender Aussage zu: „Der Klimaschutz darf nicht wichtiger sein als der Erhalt der Industrie in Deutschland”?
68 Stimmen
25 Antworten
Es ist Beides sehr wichtig und darf nicht wie bisher vernachlässigt werden. Und dies kann auch im Einklang geschehen. Man musst nur nicht immer gegenseitig über sich herziehen, sondern im Einklang zusammen arbeiten.
Beides ist wichtig, denn wenn die Industrie auf andere Länder ausweicht, dann ist dem Klima und Deutschland noch weniger geholfen.
Ich mag diese tendenziöse Aussage nicht. Die Aussage impliziert einen Extremismus. Es wird indirekt behauptet, dass zu viel Klimaschutz die Industrie zerstören, gar ausradieren würde. Und das stimmt ganz einfach nicht. Das kann nur aus dem Mund einer neoliberalen Ideologie stammen.
Es ist eher so, dass Klimaneutralität und Klimaschutz im Rahmen kapitalistischer Ökonomie nicht das volle Potenzial entfalten können und daher niemals das Ziel einer klimaneutralen Welt erreichen werden. Auch Klimaschutzmaßnahmen werden an die Kapitalakkumulation geknüpft, weil sie im System der Gewinnerzielung nicht „stehen bleiben“ dürfen - selbst wenn sie bereits 100% Klimaneutralität erreicht haben. Klimaschutz und Wachstum befinden sich in einem Spannungsverhältnis. Weil Klimaschutz per se keine Ware ist, mit der sich auf lange Zeit großes Wachstum erzielen lässt. Weil bereits das Konstrukt des endlosen Wachstums dem Klimaschutz widerspricht. In dieser Hinsicht bremst der Klimaschutz das Wachstum. Doch würde ich das keineswegs als problematisch betrachten. Weil wir auch trotz Klimaschutz in der kapitalistischen Ökonomie an die Grenzen der Ressourcen und der Umweltzerstörung gelangen werden. Ganz gleich wie „grün“ unser Wirtschaftswachstum gestaltet ist.
In dieser Hinsicht kann ein sauberes Weltklima nicht im Kapitalismus erreicht werden. Das sagt mehr oder weniger indirekt sogar der IPCC-Bericht.
Man kann gerne an grünes Wachstum glauben wie es die Grünen tun. Man muss sich aber bewusst sein, dass damit allerhöchstens nur minimale Schadensbegrenzung erreicht werden kann.
Auch Klimaschutz muss man sich leisten können. Und das geht nur durch eine gute Wirtschaftslage und gesunde Industrie.
Davon einmal abgesehen: Was passiert denn, wenn wir die Industrie in Deutschland vor die Wand fahren? Richtig: Wir müssen Güter und Waren importieren. Aus Ländern, die sich deutlich weniger um Dinge wie Umwelt- und Klimaschutz, Tierschutz, Kinderschutz, Mutterschutz, Arbeitsschutz, Menschenrechte usw. kümmern - und verbunden mit langen Transportwegen. Falls wir uns diese Waren und Güter denn überhaupt noch leisten können, denn durch den Wegfall der Industrie und aller mit ihr in Verbindung stehenden Branchen steigt ja die Arbeitslosigkeit bzw. fehlt das notwendige Geld. Übrigens auch das Geld, um sich neue, elektrische Autos zu kaufen, energiesparende Haushaltsgeräte oder Häuser und Wohnungen energetisch zu renovieren und zu optimieren.
sowohl als auch. Beides ist wichtig.