nein.
Die populäre Vorstellung, „spätrömische Dekadenz“ habe zum Ende des Imperiums geführt, wird von der großen Mehrheit der Fachhistoriker schon seit Jahrzehnten nicht mehr vertreten. Heute wird die Spätantike, in deren Zeitraum (etwa 300 bis 600) der Fall Roms fiel, viel differenzierter gedeutet als beispielsweise noch von Otto Seeck.[14]
Die lange so dominante Dekadenztheorie wird heute in Fachkreisen als obsolet betrachtet, zumal viele neuere Arbeiten die Vitalität der Epoche betonen, wobei sich jedoch Akzente (etwa im kulturellen Bereich) verschoben. Diese Neubewertung hängt auch damit zusammen, dass man die „klassische Antike“ inzwischen weit weniger idealisiert als früher, sondern sich zumeist um eine neutralere Bewertung der anschließenden Epoche bemüht.
Gleichwohl lässt sich ab dem 6. Jahrhundert im Westen, im 7. Jahrhundert auch im Osten (allerdings deutlich weniger ausgeprägt als im Westen) ein starker Rückgang der Bildungsaktivitäten und -einrichtungen feststellen. Dieser Prozess war keineswegs einheitlich und regional zudem sehr unterschiedlich: So erlebte beispielsweise die spätantike Kultur in Italien unter der Herrschaft des Ostgotenkönigs Theoderich im frühen 6. Jahrhundert eine Spätblüte (siehe Boethius und Quintus Aurelius Memmius Symmachus). Erst der Gotenkrieg (535–554) und der Einfall der Langobarden 568 verwüsteten das Land.
Die aktuelle Forschung betont jedoch statt einer Verfalls- und Untergangstheorie den Transformationsansatz
Transformation: Weit verbreitet ist in der gegenwärtigen Forschung die Ansicht, es sei irreführend, von den politischen Veränderungen überhaupt auf einen Untergang Roms zu schließen. Vielmehr lasse sich in kultureller, sozialer und ökonomischer Hinsicht stattdessen ein langsamer Wandlungsprozess beobachten, an dessen Ende sich das Imperium Romanum in die Welt des Mittelalters transformiert habe, ohne dass radikale Brüche zu konstatieren seien. Aktuelle Vertreter dieser Position sind unter anderem Peter Brown, der dabei vor allem die Entwicklung der Religion und das Oströmische Reich im Blick hat, ferner Walter A. Goffart und Averil Cameron. Auch Max Weber vertrat die These, dass sich das Römische Reich in der späten Kaiserzeit in eine vorfeudale Gesellschaft transformierte; er betonte jedoch die Krisenhaftigkeit dieser Entwicklung
Untergang des Römischen Reiches – Wikipedia