Zu "intelligent"/reflektiert für Psychotherapie?

12 Antworten

Du sagst, du durchblickst das Spiel ziemlich schnell. Hast schnell raus, was das Ziel einer Übung ist. Kannst du das Ziel nicht verstehen? Kannst du den Mehrwert daraus nicht sehen? Verstehst du nicht, wieso er an diesem Ziel mit dir arbeiten will? Es sind nicht die kleinen Schritte. Es ist das Endziel, was er im Auge hat.

Kommen wir auf dein Beispiel:
Das Ziel des Therapeuten: Das du soziale Kontakte knüpfst.
Also schaut er mit dir nach Teilzielen:
1. Ich google welche Vereine es im Ort gibt
2. Ich schaue mir die Homepage der Vereine an
3. Ich schaue wo die Vereine liegen
4. Ich schaue wann die Trainingszeiten sind
5. Ich plane ein Probetraining
6. Ich gehe zu einem Probetraining
etc.
Alles Teilziele zum Ziel: Ich knüpfe soziale Kontakte!

Es mag sein, dass du weißt wohin die Reise gehen soll. Aber am Ende stehst du dir selbst im Weg oder? Wenn du nichts verändern möchtest, wieso bist du dann noch in Therapie? Er kann dir nur den Weg weisen, dir hinweise bzw. Ziele aufzeigen. Gehen musst du alles selbst.

Zu intelligent? Nein.
Zu reflektiert? Nein.

Er zeigt dir den Weg auf. Du verstehst ihn auch. Er zeigt dir Möglichkeiten auf. Du verstehst sie auch. Mehr kann er nicht tun. Der nächsten Schritt liegt bei dir!


Physiker97 
Beitragsersteller
 09.06.2025, 12:30

Ich hab nochmal ein bisschen recherchiert und der richtige Begriff bei mir ist Intellektualisierung. Ich blocke emotionale Aspekte (Angst etc.) ab, indem ich auf der rationalen Ebene bleibe. Daran gilt es zu arbeiten.

Das Gegenteil ist der Fall: es sollte eher so sein, dass du schneller erfasst, worauf der Therapeut hinaus will und dann entsprechend besser mitarbeiten kannst.

Zu denken, derjenige möchte dich manipulieren, ist überheblich und alles andere als sonderlich intelligent.


Physiker97 
Beitragsersteller
 09.06.2025, 12:31

Ich hab nochmal ein bisschen recherchiert und der richtige Begriff bei mir ist Intellektualisierung. Ich blocke emotionale Aspekte (Angst etc.) ab, indem ich auf der rationalen Ebene bleibe. Daran gilt es zu arbeiten.

Naja, du bist nicht reflektiert. Natürlich will der Therapeut darauf hinaus, dass du dich überwindest. Das muss man nicht als „uh ich hab den Therapeut durchschaut“ ansehen, sondern das ist logisch.
Du meinst du bist sonderlich reflektiert. In Bezug zu deinem Problem kann ich dir sagen, du bist es nicht.
zunächst mal sollte man klären ob du an der sozialen Angst an sich und oder einer sozialen Inkompetenz leidest. Menschen mit psychischen Erkrankungen haben ihre eigene Ratio, und die ist sehr eng und negativ gestrickt. Das wird bei dir auch der Fall sein. Nur verkennen diese Menschen oft, dass sie eigentlich einen sehr engen Horizont haben hinsichtlich ihrer eigenen Wahrnehmung und der der anderen. Ich meine das Geschriebene nicht böse, geht und ging mir auch so.


Physiker97 
Beitragsersteller
 09.06.2025, 12:31

Ich hab nochmal ein bisschen recherchiert und der richtige Begriff bei mir ist Intellektualisierung. Ich blocke emotionale Aspekte (Angst etc.) ab, indem ich auf der rationalen Ebene bleibe. Daran gilt es zu arbeiten.

Und wie hast du deine Probleme überwunden?

Sphil3ia  09.06.2025, 13:53
@Physiker97

Ja, das ist ein abwehrlechsnismus nach Freud. Aber für mich ist das keine Intellektualisierung. Zu sehen dass der Therapeut dich in Richtung Überwindung deiner Ängste bringen will, hat mit diesem Abwehrmechanismus nichts zu tun.
rational denken und zwanghaft rational denken mit dem Sinn jegliche Gefühle zu vermeiden sind 2 paar Schuhe. Zumindest wüsste ich nach deinen Beschreibungen nicht wo letzteres zutrifft.

Das was du hier beschreibst erinnert mich an mich selbst. Das Problem an dem Ganzen ist allerdings, dass all das nichts mit "Logik" im eigentlichen Sinne zu tun hat. Das was du hier als "Trick" bezeichnest ist keiner. Und DAS musst du verstehen lernen. Dein kognitives Gehirn ist bei hohem IQ wesentlich besser fähig "später mal" die Muster zu erkennen um die es geht aber diese haben NICHTS damit zu tun wie du denkst. NULL. Was da gebracht wird sind Vorschläge, aber keine Richtungen. Möglichkeiten, aber keine Verpflichtungen. Weil man schlichtweg überall dort was lernen kann, wo man vorher noch nicht war - geistig, psychisch und physisch. Wie das alles "wirklich" zusammenhängt ist wesentlich komplexer und ich bin sicher das begreift auch ein Einstein erst, wenn er die Therapie wirklich zulässt.

Du suchst die Vereine raus? Passt. Sagt keiner du sollst mitmachen. Die Frage ist nicht ob du das tust sondern: warum nicht. Was hindert dich? Was löst es in dir aus? Wovor hast du Angst? Und so weiter und so fort. Es sind Triggerpunkte die dir irgendwann zeigen können WARUM du so bist wie du bist. Und zum richtigen Zeitpunkt wirst du GENAU mit der Information (weil du sie selbst auf einmal überall siehst), wissen was die Lösung ist.

Die Frage bei allem was du tust ist AUSSCHLIESSLICH: warum oder warum nicht. Und dann gehts darum herauszufinden woher es kommt. Ist ziemlich schwer zu erklären. Als jemand mit hoher Intelligenz hast du jede Voraussetzung schneller durch die Therapie zu kommen als Andere. Aber bilde dir nicht ein zu wissen, worum es geht. Irgendwann wirst du wissen, dass du falsch gelegen hast. Wenn du wirklich verstehst wies funktioniert. Psyche ist keine Mathematik und das was du an der Oberfläche siehst oder vermutest ist falsch. Lass dich einfach drauf ein. Und achte mehr darauf wie es sich anfühlt als darauf was du tust.


Physiker97 
Beitragsersteller
 09.06.2025, 21:02

Ok, danke!

Intelligenz ist da das falsche Wort. "Über-Analytisch" passt besser.

Man analysiert sich selbst und die Ursachen sehr gründlich, vom Kopf her versteht man alles, doch dadurch, dass man zu rational an alles rangeht, unterdrückt man die Gefühle.

Dadurch kann man nicht an sich arbeiten, bzw man kann nicht dort ansetzen, wo man hin muss und es findet keine Änderung statt.

Ich habe dasselbe Problem. An sich finde ich es gut, ich fühle mich sicherer damit (wie fast alle Betroffenen, da es das Gefühl von Kontrolle gibt), doch es ist natürlich frustrierend nicht vorwärts zu kommen. Gefühle zu erreichen und zuzulassen ist deutlich schwerer als Hintergründe zu verstehen.

Dein Problem aktuell ist, du weißt was du tun musst, aber du tust es nicht. Weil du vermutlich gelernt hast, dass es sicherer ist nichts zu tun, nichts zu ändern, keine Kontakte zu haben. Nun kann der Therapeut aber wenig tun, denn letztendlich musst du selbst etwas ändern. Dabei kann übrigens eine Tagesstätte oder eine Eingliederungshilfe helfen.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – Habe einen bunten Blumenstrauß an psychischen Erkrankungen.

Physiker97 
Beitragsersteller
 09.06.2025, 12:33

Hast du dann aus deinen Problemen rausgefunden und wenn ja, wie?

Und wie meinst du das mit der Tagesstätte usw.?

Loka95  09.06.2025, 12:38
@Physiker97

Ich bin noch dabei. Wenn ich etwas fühle, versuche ich das zuzulassen, statt zu unterdrücken, zu analysieren oder mich anderweitig zu beschäftigen. Aber das ist kaum auszuhalten.

Eine Tagesstätte ist ein Ort für psychisch Kranke Menschen, die zb keine Tagesstruktur mehr haben oder Probleme im Umgang mit Menschen haben. Dort kann man sich langsam daran gewöhnen.

Physiker97 
Beitragsersteller
 09.06.2025, 12:42
@Loka95

Kann ich verstehen.

Ok, aber ich arbeite ja, ich kann nicht zur Tagesstätte gehen. Höchstens auf Kur oder so für kurze Zeit.

Loka95  09.06.2025, 12:46
@Physiker97

Ich sagte auch nicht, dass du da hin musst. Es war ein Beispiel. Es gibt auch Kontaktstellen für Berufstätige oder du gehst in einen Verein, in den Park, whatever.

Maleficent666  09.06.2025, 19:18
@Physiker97

Ich bin auch mit einer sozialen Phobie in einer Tagesstätte und kann ganz gut allenen aus dem Weg gehen^^

Dort kannst du arbeiten, nur spielen oder whatever.... Langweilig wirds den Leuten da nie

Ich arbeite im cafe und hab da meine absolute Ruhe ^^

Therapeuten sagen immer man müsse soziale Kontakte knüpfen.... Hust

..aber kein Therapeut fragt ob man das überhaupt möchte

Loka95  09.06.2025, 20:56
@Maleficent666

Also bei mir fragten die Therapeuten immer, ob ich zufrieden bin wie es ist (dann müsste man daran nichts ändern, solange es nicht schadet) oder ob ich tatsächlich eine Änderung wünsche.