Therapeut rät von Psychotherapie ab. Ist das ein guter Rat?

5 Antworten

Es gibt aus meiner Sicht zwei Aspekte, die hier relevant sein könnten:

1. Manche Probleme lösen sich tatsächlich dadurch, dass man aufhört, darin ein Problem zu sehen und sich selbst so akzeptiert, wie man ist. Die Frage ist nämlich, welche konkreten Auswirkungen die - sagen wir mal - Schwächen deines Freundes haben? Stress haben wir alle und perfekt ist auch niemand von uns. Welche Folgen hat es, wenn dein Freund sich nicht mit seinen Gefühlen auseinandersetzt? Solange es ihm gut geht, ist das nicht wirklich ein Problem.

2. Die Therapieplätze sind begrenzt, und insbesondere Sitzungen, welche von der Krankenkasse übernommen werden sollen, müssen gut begründet werden. Das heisst, die Krankenkasse will wissen, welcher Nutzen die Therapie hat und ob die Kosten gerechtfertigt sind. Und das knüpft an den obigen Punkt an: Wenn keine konkreten Auswirkungen erkennbar sind, dann wird es schwer, eine Kostengutsprache zu bekommen.

Woher ich das weiß:Berufserfahrung

Ferolino 
Fragesteller
 23.05.2024, 02:36

Danke für deine Antwort. Gerade den Punkt mit der Krankenkasse hatte ich so noch gar nicht bedacht.
Nun er ist beruflich sehr viel unterwegs und auf seinen Reisen auch immer sehr gefordert, hält reden und muss immer top abliefern, er macht quasi immer Überstunden (so viel das sein AG ihn immer wieder darauf hinweisen muss diese abzubauen), er ist privat und auch im Urlaub immer erreichbar für die Arbeit und es gibt Monate da ist er mehr Tage unterwegs als er zuhause ist. Und wenn er von solchen Reisen nach hause kommt ist er häufig sehr "abwesend" wirkt gestresst und ist viel schneller gereizt als er es normal wäre. Außerdem hat er das Gefühl keine Zeit für Familie, Freunde und Freizeit zu haben da er immer nur vom einen zum anderen springt aber nie irgendwo richtig ankommt. Deshalb ist die Sorge da dass ihm das auf Dauer auch gesundheitlich zu schaffen macht, gerade weil er sich mit seinen Emotionen oft nicht auseinander setzen kann und sie eher unter den Teppich kehrt.

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LastDayofEden  23.05.2024, 03:04
@Ferolino

Das ist alles sehr verständlich, klingt für mich aber nach normalen Lebensumständen, die keine Therapie benötigen. Jeder muss sehen, wie er Beruf/Karriere, Freunde, Familie und Zeit für sich selbst unter einen Hut bringt.

Und sicher klingt sein Job stressig, aber da ist er bei Weitem nicht der einzige.

Darüber hinaus habe ich nicht das Gefühl, dass er seine Gefühle oder Bedürfnisse missachtet. Er merkt, dass es so, wie es jetzt läuft, noch nicht das Gelbe vom Ei ist.

Und da ist er gefordert, mit der Zeit ein besseres Gleichgewicht zu finden - wie alle anderen auch.

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Mir ist als psychisch krankem Menschen auch schon unterschiedliches geraten und gesagt bzw. diagnostiziert worden. Manche haben mir zu einer Therapie geraten, andere nicht. Manche diagnostizierten eine Depression, andere nicht. Das Problem ist bei psychischen Erkrankungen, dass das oft mit subjektiven Eindrücken seitens des Psychiaters verbunden ist. Wirkt man nicht depressiv, sind keine Depressionen vorhanden u.a. Mein aktueller Psychiater erzählt mir momentan, dass ich keine Depressionen hätte, weil ich arbeiten gehen möchte, was Unsinn ist.

Wenn Dein Freund sich nicht richtig sozusagen gesehen bzw. missverstanden fühlt, würde ich mir andere Meinungen einholen.

Im Übrigen ist es leider auch nicht immer so, dass jeder Fachmann die Ahnung hat oder die Fähigkeiten hat, die er haben sollte. Alles Gute!

Ich war von dem ganzen etwas verwirrt da ich immer dachte das auch "psychisch gesunde" Menschen eine Therapie machen können und auch sollten wenn Sie den Wunsch danach haben etwas zu ändern

Nein. Therapie ist etwas für Menschen mit einer psychischen Störung. Sonst ist es Coaching oder Lebensberatung (was man auch machen kann, aber das ist dann nicht das gleiche wie eine Psychotherapie, die von der Krankenkasse bezahlt wird).

Was aber sein kann, ist, dass der Therapeut etwas übersehen hat.

Aber sollte es stimmen, dass er psychisch gesund ist (in dem Sinne, dass keine psychische Störung festgestellt werden kann), braucht er auch keine Psychotherapie.

Selbstfürsorge ist ganz offensichtlich nicht die Stärke deines Freundes und es wäre bestimmt gut für ihn, wenn er daran arbeiten würde.

Er kann durchaus eine Therapie machen, nur muss er sie dann eben selbst bezahlen. Übernommen wird es nur, wenn man tatsächlich krank ist. Und das scheint nicht der Fall zu sein.