Meinung des Tages: Musiker gegen künstliche Intelligenz - droht Kunst, zunehmend entmenschlicht zu werden?
Künstliche Intelligenz ist bereits längst in der Musikindustrie angekommen. Zum Training von KI-Modellen werden allerdings bestehende Songs benötigt. Viele namhafte Künstler wollen sich mit einer Petition genau dagegen wehren...
Künstler gegen Künstliche Intelligenz
Mehr als 13.500 bekannte Musiker haben sich einer Petition angeschlossen, in der die unerlaubte Nutzung ihrer Musik für KI-Trainings angeprangert wird. Unter den namhaften Unterzeichnern finden sich z.B. Abba-Sänger Björn Ulvaeus, Robert Smith von The Cure sowie die Bandglieder von Radiohead. Es beteiligten sich sogar Unternehmen der Kreativebranche wie die Universal Music Group als größtes Musikunternehmen weltweit.
Bemängelt wird, dass das "Verwenden kreativer Werke ohne Lizenz zum Training generativer KI [ . ] eine erhebliche und ungerechte Bedrohung für die Existenzgrundlagen der Menschen [darstelle], die hinter diesen Werken stehen". Unterzeichnet wurde die Petition bislang allerdings nicht nur von Musikern, sondern auch Schriftsteller wie der Nobelpreisträger Kazuo Ishiguro sowie die Schauspieler Julianne Moore, Kevin Bacon oder Rosario Dawson versuchen, mit ihrer Unterschrift ein Zeichen zu setzen.
Angst vor "Entmenschlichung" von Kunst
Spätestens seit ChatGPT ist das Thema KI weltweit in aller Munde. Mittlerweile gibt es viele KI-Anwendungen, mithilfe derer problemlos KI-generierte Bilder, Texte und Musik erstellt werden können.
Und diese müssen i.d.R. mit bereits bestehenden Kunstwerken, literarischen Texten und Songs "gefüttert" werden, um zu lernen. Das geschah in sehr vielen Fällen allerdings ohne ausdrückliche Zustimmung der jeweiligen Künstler. Erst im letzten Jahr beispielsweise verklagte der Game-Of-Thrones-Autor George R. R. Martin die Firma OpenAI wegen möglicher Urheberrechtsverletzungen.
Interessanterweise wurde der aktuelle Brief von Ed Newton-Rex initiiert. Rex ist ein britischer Komponist, der für eine Weile als Führungskraft in einem KI-Unternehmen tätig war. Besonders kritisch sieht er den Begriff "Trainingsdaten", da das die von Menschen geschaffenen künstlerischen Werke "entmenschlichen" würde.
Revolutioniert KI die Musikwelt?
Wo man früher oftmals musikalisches Talent / Gespür mitbringen musste, reichen heute wenige Eingabebefehle. Den Rest erledigt die KI. Die KI Suno AI z.B. kreiert auf Grundlage weniger Stichwörter eigenständige Musikstücke. Derzeit krankt die Musik-KI jedoch noch an manchen Stellen wie beispielsweise etwaigen Artefakten / Qualitätsproblemen in der Musik oder hinzugedichteten Wörtern oder undeutlichen Silben.
Weiterhin fehlt ihr das kreative und innovative Moment, da sie lediglich auf Grundlage bestehender Songs neue Dinge erschaffen kann. Vor allem Musiker im Bereich "production music", also Musiker, die Hintergrundmusik, Gebrauchsmusik oder auch Filmmusik erschaffen, sorgen sich derzeit immens.
Doch hat KI in der Musikwelt ausschließlich negative Seiten? KI-Modelle können die Arbeit von Musikproduzenten nicht ersetzen, aber als möglicher Brainstorming-Partner dienen und beim Komponieren helfen oder kreative Prozesse anstoßen.
Unsere Fragen an Euch:
- Teilt Ihr die Sorge der genannten Musiker? Befürchtet Ihr auch eine zunehmende "Entmenschlichung" von Kunst?
- Denkt Ihr, KI-Musik wird irgendwann echte Kreativität oder Emotionen erzeugen können?
- Inwieweit sollten Künstler involviert werden, wenn ihre Songs zum Training der KI verwendet werden? Rein finanziell oder auch anderweitig?
- Sollte KI-Musik immer als solche gekennzeichnet werden, um Hörer / Konsumenten darauf hinzuweisen?
- Seid Ihr selber Musiker und greift dabei gelegentlich auf KI zurück? Wofür nutzt ihr diese?
Wir freuen uns auf Eure Antworten.
Viele Grüße
Euer gutefrage Team
60 Antworten
Kreativität von Menschen ist definitiv mehr Wert.
Mal abgesehen davon:
Keiner wollte KI, die Kreativität abnimmt.
Wir wollen, dass KI Hausarbeit abnimmt.
Ja toll, Arbeit ist es immernoch. Deine Wäsche zB hängt sich nicht von alleine in den Schrank
Eine Maschine, die alle deine Problemchen lösen kann, braucht eine annähernd menschliche Kreativität und Problemlösungsfähigkeit.
Das heißt aber nicht, dass sie dir Kreativität abnehmen soll
Absolut, die Kreativität der Menschen ist von unschätzbarem Wert!
Es stimmt, dass niemand eine KI möchte, die unsere Kreativität einschränkt. Vielmehr sollten wir KI als Werkzeug sehen, das uns bei alltäglichen Aufgaben unterstützt, sodass wir mehr Zeit und Energie für kreative Prozesse haben. Wenn KI uns bei der Hausarbeit entlastet, können wir uns auf das konzentrieren, was wirklich zählt.
Na dann möchte ich mal sehen, wie auf Konzerten - oder Festivals wie WACKEN - ein Computer auf der Bühne steht und Lieder abspielt! :) *yeah/party ^^+gg
Da stehen dann Hologramme, KI-generiert.
Haben sie nicht sowas Ähnliches mit ABBA gemacht?
Wenn ein DJ da oben steht und bisschen die Hände bewegt und rumwackelt ist das auch nicht viel anderes. Sehe bezüglich dieser konkreten Sache kein Problem.
Irgendeine Lichtshow oder auch paar Hologramme kann man ja einbauen, wenn man unbedingt will, dass auf der Bühne was passiert.
Naja, letztendlich ist es der Zuschauer, der will, daß auf der Bühne was passiert. Und dieser kann da überhaupt nichts einbauen. Er kann nur hoffen, daß seine Erwartungen erfüllt werden. Meine würden z.B. nicht erfüllt, wenn statt Abba nur ein paar Hologramme auf der Bühne erscheinen. Dafür würde ich kein Geld ausgeben. Oder eben Wacken: da muß das, was ich sehe auch mit dem übereinstimmen was ich höre. Ohne leibhaftige Musiker wäre das für mich unmöglich.
Ich seh das ganz pragmatisch: die beste KI ist wertlos wenn es keinen Strom mehr gibt.
Jede Hochkultur geht mal unter. Wir sind auf dem Weg da hin... mal wieder.
Spätestens dann gibt es wieder Menschen, die wirklich was können. 😏
warehouse14
Das ist eine interessante Überlegung:
Darf eine KI urheberrechtlich geschützte Werke zum maschinellen Lernen verwenden, um darauf basierend "neue" Werke zu schaffen?
Wer das gleiche außerhalb der KI macht, kann erhebliche Probleme mit dem Urheberrecht bekommen.
Spontan fällt mir dazu der Rechtsstreit zwischen der Band Kraftwerk und Moses Pelham/Sabrina Setlur ein, wo es um die Verwendung von einer 2 Sekunden dauernden Sequenz als Loop ohne Einwilligung der Band Kraftwerk ging. Ich kann mir vorstellen, dass der Nachweis für die Verletzung von Urheberrechten sehr schnell bei einer KI gelingen kann.
Sollte hier dem Urheberrecht mehr Gewicht verliehen werden als der Kunstfreiheit — was meiner Meinung ziemlich sicher zu erwarten ist — dann war es das für die KI. Und die Entwickler der KI könnten sich mit immensen Schadenersatzforderungen konfrontiert sehen.
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Ergänzung, da eine zweite Antwort nicht möglich ist:
Musik von einer KI ist vergleichbar mit einem Essen, das in der Mikrowelle aufgewärmt wird — vielleicht nur nochmal umgerührt oder neu angeordnet. Aber ein frisches, neues Gericht ist das nicht, Mikrowelle eben. KI generierte Musik ist schlicht langweilig, da sie nur auf der Basis von bereits vorhandenen Musikstücken lernt, aber nicht wirklich etwas Neues schafft.
Ich kann mir nicht vorstellen, dass eine KI z. B. ein komplett neues Tonsystem kreiert, vergleichbar vom Übergang der tonalen zur atonalen Musik. Kreativität ist etwas anderes, als nur aus vorhandenen Informationen eine neue Variation zu errechnen.
Gerade das aufwärmen ist im Musikgewerbe mehr als gängig. Von manchen berühmten Liedern gibt es bereits dutzende oder gar über 100 Neuauflagen, von den verschiedensten Künstlern. Ich erinnere mich da noch wage an ein Lied, glaube eine Kombi aus 2 Liedern mit Scooter und glaube Miere Madeu?
Spontan fällt mir dazu der Rechtsstreit zwischen der Band Kraftwerk und Moses Pelham/Sabrina Setlur ein, wo es um die Verwendung von einer 2 Sekunden dauernden Sequenz als Loop ohne Einwilligung der Band Kraftwerk ging. Ich kann mir vorstellen, dass der Nachweis für die Verletzung von Urheberrechten sehr schnell bei einer KI gelingen kann.
Für mich eine Klage welche ich sofort abschmettern würde. Auf streaming Portalen gibt es bis zu 50 Millionen offizielle Songs. Wie wahrscheinlich ist es das dort ähnliche bis gleiche Sequenzen entstehen, zumal ja die Grundlagen der Musik überall identisch sind und gelehrt werden?
Ähnlicher Gedanke: "Take Five" und der Bruch mit dem 4/4 Takt - dazu braucht es Genius...
Die ganzen Künstler machen doch nichts anderes. Rühren doch auch alles nur nochmal durch den Mixer, klauen sich Samples aus vorhandenen Songs und behaupten dann ein neues Werk geschaffen zu haben. Die gehen jetzt auf die Barrikaden weil sie mit ihrem Diebstahl kein Geld mehr verdienen weil die KI jetzt einfach der schnellere Langfinger ist :-D
Gab es nicht Ende der 1980er Jahre eine Zeit, in der darüber diskutiert wurde, ob Samplen nicht schon Diebstahl ist. Mir ist so, dass ich mal eine Maxi-LP besessen habe, auf der bei "Doctorin the house" von Coldcut auf dem Cover stand "Sampeln is not stealing" (aber ich bin nicht sicher).
Wenn ich die aktuelle belanglose Musik höre, würde ich eh nicht von Kunst sprechen. Das ist massentaugliche, rundgelutsche Konsumware. Da steckt nicht mehr Kunst drin, als im Kunsthonig. Vermutlich wird ein Pophit auch schneller produziert, als der genannte Honig.
An dem Beyoncé-Hit Hold up vom Album Lemonade waren sage und schreibe 15 Songwriter beteiligt und herausgekommen ist Einheitsbrei. Da kann durch KI nicht viel verlorengehen.
De epische Titel Bohemian Rhapsody hingegen wurde von Freddie Mercury 1975 ganz alleine geschrieben. Letzterer wird vermutlich auch noch ein Hit sein, wenn schon kein Mensch mehr weiß, wer Beyoncé oder Katie Perry überhaupt war.
Weder KI noch eine Armee von Songswriter können echte Kunst ersetzen. KI reiht sich in das aktuelle Niveau ein.
Es gibt bereits Maschinen, die Hausarbeit abnehmen. Die heißen Mixer, Waschmaschine, Spülmaschine und Co. Der entscheidende Unterschied zu einer KI ist eben das "Selberdenken", in kreativen, menschenähnlichen Mustern.