Sollten sich die Kirchen aus der Politik heraushalten oder nicht?
Sinnstiftung und Seelsorge statt Politik? Die Äußerungen von Bundestagspräsidentin Julia Klöckner (CDU) zur Rolle der Kirchen haben eine kontroverse Debatte ausgelöst. Klöckner hatte den Kirchen geraten, sich stärker auf seelsorgerische Aufgaben zu konzentrieren und sich bei tagespolitischen Themen zurückzuhalten. „Wenn Kirche manchmal zu beliebig wird, oder zu tagesaktuellen Themen Stellungnahmen abgibt wie eine NGO und nicht mehr die grundsätzlichen Fragen von Leben und Tod im Blick hat, dann wird sie leider auch austauschbar”, sagte Klöckner der Bild am Sonntag.
Als Beispiel brachte die CDU-Politikerin kirchliche Stellungnahmen zu verkehrspolitischen Maßnahmen wie dem Tempolimit. „Klar kann sich Kirche auch zu Tempo 130 äußern, aber dafür zahle ich jetzt nicht unbedingt Kirchensteuer“, so Klöckner. Rückendeckung erhielt sie von Thorsten Frei (CDU). Wer sich als Kirche zu tagespolitischen Themen äußere, begebe sich ins politische Spielfeld und müsse dann auch Widerspruch aushalten, sagte er am Dienstag bei RTL. Zuletzt kritisierte auch Historiker und CDU-Mitglied Andreas Rödder Vertreterinnen und Vertreter der Kirche, als diese sich gegen einen Antrag der Unionsfraktion zur Asylpolitik stellten, der mit AfD-Stimmen im Bundestag beschlossen wurde.
"Kirche war schon immer politisch”, meint dagegen Armin Laschet (CDU). Das politische und soziale Engagement der Kirchen sei hierzulande zentral für die Gesellschaft, erklärte er vorgestern bei Phoenix. Kritik übte auch CDU-Sozialflügel-Chef Dennis Radtke. Er halte den Versuch für höchst irritierend, den Kirchen ihre Kommunikationsfreiheit zu beschneiden und sie auf vermeintliche Kernaufgaben zu beschränken, sagte er der taz. SPD-Politiker Ralf Stegner kritisierte die jüngsten Aussagen als eine „österliche obrigkeitsstaatliche Zurechtweisung“ und betonte, die Kirchen sollten sich eher häufiger und deutlicher zu Themen wie Frieden und Gerechtigkeit äußern.
- Wie findet Ihr Julia Klöckners (CDU) Forderung, dass Kirchen sich auf Fragen von Leben und Tod sowie Seelsorge konzentrieren sollten, statt politisch Stellung zu beziehen?
87 Stimmen
23 Antworten
Wie findet Ihr Julia Klöckners (CDU) Forderung, dass Kirchen sich auf Fragen von Leben und Tod sowie Seelsorge konzentrieren sollten, statt politisch Stellung zu beziehen?
Wir leben in einem säkularen Staat, also sind Staat und Kirche getrennt. Hört sich zunächst logisch an.
Dann dürften aber konsequenterweise andere Interessensorganisationen auch politisch keine Stellung beziehen.
- ADAC: die sollen sich auf Autorennen und Pannenhilfe konzentrieren statt politisch Stellung zu beziehen
- Greenpeace: die sollen sich auf Umwelt- und Tierschutz konzentrieren statt politisch Stellung zu beziehen
- Foodwatch: die sollen sich aufs gesunde Essen konzentrieren statt politisch Stellung zu beziehen
- DGB: die sollen sich auf Arbeitsbedingungen konzentrieren statt politisch Stellung zu beziehen
- Arbeitgeberverband: die sollen sich aufs Geld verdienen konzentrieren statt politisch Stellung zu beziehen
- ...
Also ja - wir haben in Deutschland Meinungsfreiheit. Da darf jede Kirche auch eine Meinung haben und die auch vertreten. Schande über eine Bundestagspräsidentin, die das anders sieht.
Alex
Es darf jeder für sich selber sprechen,
danke :-)
aber niemand für die ganze Kirche oder gar das ganze Christentum
"Die katholische Kirche" ist dadurch gekennzeichnet, dass die sie die Bibel interpretiert. Und diese Interpretation geschieht nicht in demokratischer Urabstimmung. Die Interpretation der Bibel und das Weltbild der katholischen Kirche sieht anders aus als bei anderen Kirchen und Glaubensgemeinschaften, die sich auf dasselbe Buch beziehen.
Dieses Weltbild und die daraus resultierenden Werte dürfen die katholische Kirche ebenso wie die evangelische Kirche, die methodistische Kirche, die Baptisten, die Zeugen Jehovas, die Hinduisten, die Muslime usw. selbstverständlich kommunizieren. Auch wenn einzelne oder viele einzelne Mitglieder anderer Meinung sind.
So wie es zahlreiche ADAC Mitglieder gibt, die unterschiedlicher Meinung sind. Und dennoch bringt sich der ADAC lt. Satzung sowohl auf bundespolitischer wie auf europäischer und internationaler Ebene in die politische Debatte ein.
Lange Rede, kurzer Sinn: Selbstverständlich darf eine Glaubensgemeinschaft sich politisch äußern - auch wenn einzelne Ihrer Mitglieder anderer Meinung sind.
Jein .. es will auch niemand der Kirche etwas verbieten. Umgekehrt ist es auch Meinungsfreiheit zu kritisieren wenn sich eine religionsgemeinschaft zu sehr politisch positioniert.
Es bringt auch die gläubigen in gewissenskonflikte. So war es in den 60gern als die Kirche klar für die C Parteien war und so ist es heute weil sie sich eher links positioniert.
Da darf man als christliche Politikerin doch auch mal Kritik äußern.
Jein .. es will auch niemand der Kirche etwas verbieten.
Doch. Frau Klöckner will ihnen politische Stellungnahme verbieten.
Da darf man als christliche Politikerin doch auch mal Kritik äußern.
Ah, die Politikerin darf Kritik äußern. Aber an der Politikerin darf man keine Kritik äußern?
Weder will sie den Kirchen was verbieten noch will jemand ihr etwas verbieten.
Sie sagt due Kirchen sollten sich besser aus der Tagespolitik raushalten, niemand verbietet ihr diese Meinungsäußerung, die Mehrheit stimmt ihr zu .. so what ?
Sie sagt due Kirchen sollten sich besser aus der Tagespolitik raushalten
korrekt.
niemand verbietet ihr diese Meinungsäußerung,
korrekt.
Und (nicht nur) ich empfinde es als skandalös, wenn eine Bundestagspräsidentin (immerhin das zweithöchste Amt in DE), die der Neutralität verpflichtet sein sollte, Kirchen oder andere Organisationen auffordert, nicht am politischen Prozess zur Meinungsbildung teilzunehmen.
Ach .. und die Kirchen sollen nicht zur Neutralität verpflichtet sein?
Übrigens.. was hat ein gewisser Jesus nochmal zur Politik gesagt: gebt dem Kaiser was des Kaisers ist ...
Ach .. und die Kirchen sollen nicht zur Neutralität verpflichtet sein?
Nein, selbstverständlich nicht. Oder woraus schließt du auf eine Neutralitätspflicht der Kirchen?
Übrigens.. was hat ein gewisser Jesus nochmal zur Politik gesagt: gebt dem Kaiser was des Kaisers ist ...
Und hat sich dennoch nicht aus der Politik herausgehalten.
Das bedeutet nicht, dass Kirchliche Vertreter sich nicht äußern können dürfen, sie sollten aber wie andere Vereine auch behandelt werden und keine Sonderprivilegien oder besondere Autorität genießen.
Wie gesagt heißt dass nicht, dass sie frau Glöckner bzw. die CDU nicht zurechtweisen können sollten bzw. dies auch müssen, aber gegen Konservative und Neoliberale zu sein, gebietet halt nicht Gott, sondern der Anstand!
Es interessiert eh nur noch 3 Menschen, was die reden.
Da politische Entscheidungen in das Leben der Menschen eingreifen ergeben sich ständig Überschneidungen. Dann ist es auch konsequent, wenn sich Kirchen zu diesen Themen äußern.
Wenn Politiker nun fordern, dass sie das nicht mehr tun, ist das ein Zeichen, dass sie sich nicht mit der Basis beschäftigen wollen, denn genau die wird durch Sozialverbände und Kirchen vertreten.
Für mich ist das ein Zeichen dafür, dass sie, bitte ungestört durch moralische Einwände, unsoziale Politik machen wollen die dem christlichen Menschenbild widerspricht.
Zum Glück hat Frau Klöckner nicht zu bestimmen ob sich Kirchenvertreter öffentlich äußern.
Ich mag die Dame nicht, sie war mir noch nie besonders sympathisch und es überrascht mich ehrlich gesagt auch, dass sie so was sagt, weil sie für mich stets personifiziert für den besonders "christlichen" Flügel der CDU stand - aber in dem Punkt kann ich ihr zustimmen. Kirche und Politik ... das ist immer eine seltsame Verbindung. Es kann meiner Ansicht nach nicht sein, dass eine Kirche zur Vorfeldorganisation politischer Parteien oder Gesinnungen wird, da das nicht ihre Aufgabe ist und es schon reicht, dass Leute zum Glauben missioniert werden.
Mich stört dieser Aspekt auch bei kirchennahen Gruppierungen wie Kolping, die eine reine CDU-Vorfeldorganisation sind und früher noch konservativer waren, so dass man viele überzeugte Christdemokraten auch bei Kolping wieder fand oder dass man Leute bei Kolping traf, deren Gesinnung man kannte, die aber zu feige waren, in die CDU einzutreten und dann über Kolping mitmischen und ein Stück vom Kuchen haben wollten. Da kann ich ein Lied von singen, das war mir immer schon suspekt.
Es ist mir persönlich auch ein Dorn im Auge, dass eine mir bekannte evangelische Kirchengemeinde sich in den letzten paar Jahren linksgrünen Themen anbiedert und damit weit von ihrer eigentlichen Tätigkeit abrückt, zumal ich weiß, dass dort menschlich Unterschiede gemacht werden und jemand, der in anderen Kreisen verkehrt oder politisch keine Meinung kundgibt, ein Christ zweiter Klasse ist und das auch gezeigt bekommt. Das kann es einfach nicht sein - wie war das, vor Gott sind alle Menschen gleich - oder sind andere gleicher als gleich...?!
Ich glaube du verwechselst da was. Natürlich darf jedes Mitglied der Kirche, auch hohe Würdenträger, frei seine Meinung äußern, wie jeder andere Bürger auch.
Es hat sich aber niemand davon dahingehend zu äußern, das er der gesamten Kirche eine politische Richtung aufdoktriniert, bzw. deren Gläubigen. Es darf jeder für sich selber sprechen, aber niemand für die ganze Kirche oder gar das ganze Christentum, noch dürfen Mitglieder der Glaubensgemeinschaft, unter Druck gesetzt werden sich in irgendeine Richtung zu positionieren oder nicht zu positionieren.
Das ist vor 80 Jahren schon mal heftig in die Hose gegangen.