

Da muss man die ganze Situation betrachten, um nüchtern argumentieren zu können. Zum Einen ist der bürgerferne Jens Spahn, den ich immer schon als "Berufssohn" charakterisierte, in der breiten CDU absolut nicht unumstritten und versagte schon als Gesundheitsminister während Corona und auf dem Sektor der Gesundheitsversorgung kläglich, zum Anderen war die "Rente mit 63" ein Wahlgeschenk der SPD, das schon damals (2013/14?) Furore gemacht und nicht allen gefallen hat. Schon damals stand zur Debatte, dass man sie sich eigentlich nicht leisten könne und das deutsche Rentensystem vor dem Kollaps stehe, dennoch haben die Genossen das Modell durchgezogen - man muss das auch mal so sehen.
https://www.youtube.com/watch?v=wPnhpcvxBnI
Die CDU/CSU ist keine "sozial kalte" Partei, sondern in dem Sinne vielleicht direkter als die SPD, die sich zwar rühmt, soziale Politik zu machen, aber oft genug und durch Hintertürchen schon das genaue Gegenteil vollzogen hat - es sei nur an Gerhard Schröders Reformlüge, die Agenda 2010, Hartz IV (inklusive Lustreisen-Affäre um Peter Hartz und Klaus Volkert im Sommer 2005, die dann zur Vertrauensfrage und vorgezogener Neuwahl führte) und weitere Kapriolen erinnert. Das muss man auch so sehen.
Auf der anderen Seite sind viele Erwerbstätige vor allem in Industrie und Handwerk schon mit um die 60 dermaßen geschröpft und ausgelaugt, dass sie "nicht mehr können", selbst wenn sie wollen würden - das passt hinten und vorne nicht; jemand, der schon mit 60-62 am Ende ist, kann z.B. nicht bis 70 krankfeiern. Das aber sieht ein typischer Berufspolitiker, der echte Arbeit nur vom Zuschauen kennt, nicht selten auch mit über 70 noch gerne weitermacht und sich gewiss nicht überarbeitet, eben nicht - das ist das große Problem.
Man sollte woanders anpacken, etwa bei den Pensionen der Beamten sowie den Diäten der Abgeordneten - das ist auch so ein Zankapfel seit Jahrzehnten schon - und sorgt für viele Schwierigkeiten.
Die Äußerung Spahns bezieht sich ggf. eher darauf, dass das Rentensystem aus den Fugen geraten ist und man sich die Rente mit 63 einfach nicht mehr leisten kann. Es war für die alte BRD vor 1989/90 ausgelegt und dafür war es auch geeignet, aber die Zeiten haben sich geändert - und hier hätte man vor Jahren schon ansetzen sollen. In mittelbaren Sinne trägt auch Spahn eine gewisse Mitschuld, der als Mitglied der tatenlosen, bürgerfernen letzten Merkel-GroKo auch nichts gemacht hat.
Davon abgesehen sollte man gerade diesen Politiker nicht so ganz ernst nehmen; Politiker wie Spahn reden viel, wenn der Tag lang ist und Kompetenz war nie Spahns zweiter Vorname. Rhetorik ebenso wenig - das kann er nicht, das hat er nicht drauf; er ist ein schlechter Redner und bringt Dinge schlecht rüber - ich nehme an, es ging nur ums Rentensystem und um den Fachkräftemangel, weil die "jungen Rentner" nun der Arbeitswelt abhanden kamen und der Nachwuchs nicht in Sicht ist: Es fehlen viele Leute. Aber auch hier muss man zwei Seiten ins Visier nehmen: Das deutsche "duale Ausbildungssystem" wird von jedem 65-jährigen IHK'ler zum Himmel gelobt, ist aber unattraktiv für einen jungen Menschen - niemand will sich als "Stift" abspeisen lassen und das Auto des Chefs waschen oder stundenlang kopieren, was mit der Lehre nicht das Geringste zu tun hat - hier hätte man auch vor Jahren agieren und reagieren sollen, Ausbildungen modernisieren und bewerben anstatt zu predigen, dass jeder studieren müsse, weil man "sonst nix ist". Ich kenne die Litanei - hier lief alles Denkbare schief und Spahn hat es auf bekannt unglückliche Art rüber gebracht, die man durchaus missverstehen kann.
Der eigentliche Ball liegt bei der SPD, die das Ganze nie hätte einführen dürfen, weil das auf der Kippe stehende Rentensystem und der demographische Wandel es schon 2013/14 nicht gestattet hätten. Sowohl der demographische Wandel als auch die veränderte Situation nach der Grenzöffnung bzw. dem Fall des Eisernen Vorhangs trugen dazu bei, dass das System aus der Bahn geriet - ich erinnere nur an die zahlreichen Spätaussiedler, die zwar in Deutschland nie einbezahlt hatten, aber dann doch oft relativ passable Renten auf Kosten der Allgemeinheit ausbezahlt bekamen und oft behaupteten, Ingenieur gewesen zu sein - ohne Nachweise natürlich. Vor 1990 war das System noch tragbar und als Norbert Blüm die Rente 1986 als "sicher" pries war sie das auch noch, bald danach aber eben nicht mehr, weil es nur für die "alte BRD" geschaffen worden war und nicht für die neue, nicht einkalkulierte Situation. Unter diesen Vorzeichen hätte es die Rente mit 63 nie geben dürfen - man hat doch gesehen, dass es nicht geht; war halt ein Wahlgeschenk.
Andererseits kommt aus der Opposition, auch wenn die Demokratie immer mit von der Opposition lebt, nicht immer nur Sachliches - eventuell wird da auch aus polemisiert und gegen die SPD gearbeitet, weil die CDU mit ihrer Niederlage nicht fertig wird. In dem Fall bin ich jedoch eher bei der CDU als bei der SPD, obwohl oft auch sehr unionskritisch.