Diskussion um Arbeitszeit: Deutsche arbeiten zu wenig?
| Bild: ruhr24.de
Guten Tag liebe GF-Community.
Die Deutschen arbeiten zu wenig. Das glaubt zumindest Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) ebenso wie andere Politiker und Ökonomen. In den vergangenen Monaten haben sie viele Vorschläge gemacht, um dies zu ändern. Doch manches sind Schnapsideen.
1343 Arbeitsstunden leistete der durchschnittliche Deutsche im Jahr 2023. Das waren rund 600 Stunden weniger als noch 55 Jahre zuvor und ist die niedrigste Zahl für alle 34 OECD-Länder. Was positiv ausgedrückt ein Zeichen von Wohlstand ist, ist vielen Politikern und Ökonomen in diesen Tagen ein Dorn im Auge. Sie argumentieren, dass wir jetzt wieder anpacken müssten, um die aktuelle Wirtschaftsflaute zu bekämpfen.
Angesichts der Tatsache, dass durch demografischen Wandel und Fachkräftemangel die Zahl der Erwerbsfähigen jedes Jahr sinkt, müssten die Verbliebenen eben mehr arbeiten. An knackigen Formulierungen dafür mangelt es nicht: „Über mehr Freizeit kann man nur bei steigendem Wohlstand reden“, sagt etwa Ifo-Chef Clemens Fuest. „Mit Work-Life-Balance können wir unseren Wohlstand nicht erhalten“, sagte vergangene Woche Merz.
Von markigen Sprüchen wird aber niemand länger im Büro bleiben oder seinen Teilzeit- gegen einen Vollzeitjob eintauschen. Wie wollen diejenigen, die glauben, wir müssten mehr arbeiten, Menschen in Deutschland genau dazu motivieren? Wir haben die Ideen angeschaut, die in den vergangenen Monaten vorgebracht wurden und analysieren, wie sie helfen – oder nicht.
Einen Feiertag streichenWer hat es vorgeschlagen? Die Idee, einen Feiertag zu streichen, um die Wirtschaftsleistung zu erhöhen, ist nicht neu. 1995 wurde der Buß- und Bettag für die Einführung der Pflegeversicherung abgeschafft, wenige Jahre später schlug der damalige Bundeskanzler Gerhard Schröder vor, den Tag der Deutschen Einheit auf einen Sonntag zu schieben. Zuletzt waren es der Verband der bayrischen Wirtschaft und der Chef des Instituts der Deutschen Wirtschaft, Michael Hüther, die diesen Vorschlag vorbrachten.
Was ist die Idee? Der Grundgedanke ist simpel: Fällt ein Feiertag weg, arbeiten alle Deutschen an diesem Tag ganz normal. Die jährliche Arbeitszeit steigt also an, das Bruttoinlandsprodukt auch – die Löhne aber nicht. Der Vorteil: Unternehmen bekommen für das gleiche Geld mehr Arbeitsleistung.
Was bringt es wirklich? Nach Berechnungen des IW würde ein zusätzlicher Arbeitstag das Bruttoinlandsprodukt um 8,6 Milliarden Euro pro Jahr erhöhen. Das klingt viel, wären aber genau 0,2 Prozent. Die jährliche Arbeitszeit würde dadurch auch ansteigen. Von 1343 Arbeitsstunden pro Jahr ginge es auf etwa 1350 nach oben. Damit wären wir in der OECD-Statistik immer noch auf dem letzten Platz. Dass die Zahl der Feiertage weder mit der Arbeitsleistung noch mit der Wirtschaftskraft korreliert, zeigen Zahlen aus anderen Ländern. Malaysia etwa hat mit 18 Feiertagen doppelt so viele wie in Deutschland (die zudem in die Woche verlegt werden, wenn sie auf einen Samstag oder Sonntag fallen) und leistet trotzdem 2238 Arbeitsstunden pro Erwerbstätigen.
Steuerfreie ÜberstundenWer hat es vorgeschlagen? Steuerfreie Überstunden sind ein Wahlkampfthema der CDU/CSU gewesen, das es auch in den Koalitionsvertrag geschafft hat. Generalsekretär Carsten Linnemann (CDU) hatte die Idee erstmals 2023 vorgetragen, auch die FDP hatte sich dem angeschlossen.
Was ist die Idee? Bisher müssen bezahlte Überstunden genauso entlohnt und versteuert werden wie normale Arbeitszeit. Ausgenommen davon sind bisher nur die Zuschläge für Nacht-, Sonntags- und Feiertagsarbeit. Selbst dann ist die Steuerbefreiung aber auf 50 Euro pro Stunde begrenzt. Die Idee ist nun, alle Überstunden steuerfrei zu stellen. Das soll in der Theorie Arbeitnehmer dazu motivieren, mehr als die im Arbeitsvertrag festgelegten Stunden zu arbeiten, weil sie auf den zusätzlichen Lohn dann keine Steuern mehr bezahlen.
Was bringt es wirklich? Die Chefin des Deutschen Gewerkschaftsbundes, Yasmin Fahimi, nennt es eine „verrückte Idee“. Sie weist daraufhin, dass 2023 bereits 1,3 Milliarden Überstunden in Deutschland geleistet wurden, von denen die Hälfte unbezahlt war. „Überstunden sollen die Ausnahme sein, weil Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ein Recht auf Gesundheit und auf Freizeit haben“, sagte auch die SPD-Politikerin Katharina Barley.
Die Statistik würde diese Änderung wohl ebenfalls kaum verbessern. Selbst, wenn jeder Vollzeitangestellte eine Stunde mehr pro Woche arbeitet, würden wir weiterhin auf dem letzten Platz der OECD-Statistik stehen.
| Artikel:
Arbeiten Deutsche zu wenig? Es gibt viele Ideen, dabei ist die Lösung so simpel - FOCUS online
| Frage:
Arbeiten Deutsche zu wenig?Mit freundlichen Grüßen
RobinPxGF.
52 Stimmen
14 Antworten
Hallo Robin
Diskussion um Arbeitszeit: Deutsche arbeiten zu wenig?
Jooo... das ist mal so... 😉
Aber wie ich hier lese, scheinen viele die Wahrheit zu leugnen, wobei es mittlerweile in Mode zu kommen scheint, eine 4 Tagewoche bei vollem Lohnausgleich zu fordern.
Deswegen verweise ich auf die aktuellen Daten der Eurostat.
Wöchentliche Arbeitszeit im EU-Vergleich
In Deutschland nimmt der Mangel an Fachkräften zu, deshalb werden auch Forderungen nach längeren Arbeitszeiten lauter. 2023 betrug die durchschnittliche normalerweise geleistete Wochenarbeitszeit von 20- bis 64-jährigen Erwerbstätigen 35,1 Stunden. Damit lag sie unter dem EU-Durchschnitt von 37,1 Stunden. Am längsten arbeiteten 2023 im EU-Vergleich die Erwerbstätigen in Griechenland (durchschnittlich 40,9 Wochenstunden). Die geringste Zahl wurde mit 33,1 Wochenarbeitsstunden in den Niederlanden gemessen.
Quelle: Eurostat
In den Ausführungen der Frage werden ein paar Punkte aufgezählt, die aktuell debattiert werden. Es existieren weitere Vorschläge. Was jedoch kontraproduktiv ist, wenn jeder Punkt einzeln betrachtet wird, um unter jedem dann ein Fazit zu führen, es würde nichts ändern.
Es zählt nicht der einzelne Punkt, sondern die Summe aller Veränderungen. Die bewirken durchaus einiges.
.
Alles Gute Dir... und bleib gesund
Gruß, RayAnderson 😉


"1343 Arbeitsstunden leistete der durchschnittliche Deutsche"
waren da welche dabei, welche fürs Nixtun bezahlt wurden ? :p
ich bin in Ba-Wü bei ~250 Arbeitstagen minus Urlaub im Jahr ..und der Urlaub dauert ganz sicher keine 70 Tage, um wieder auf die 1343 Stunden zu kommen
Dazu kommt Weiterbildung, Sonderurlaub und (ganz wichtig!) Krankheit, Kinderkrank oder Freistellung wegen Pflege von Angehörigen. Dann kommt das vermutlich schon ungefähr hin, zumal auch TZ-Kräfte in der Statistik enthalten sind
diese ominösen 1343 Stunden sind halt statistischer Mumpitz und haben in der Diskussion nix verloren.
Naja, wie immer pickt die Politik sich eine Zahl raus, die zufällig die eigene Geschichte stützt und die BLÖD & Co. verbreiten das dann im Volk, welches den Quatsch für "die Wahrheit" hält 🤷♀️
Aber wer genau sind denn die Deutschen, die mehr arbeiten sollen?
Das sind über 3 Millionen Arbeitslose. Das sind die Bürgergeldempfänger. Das sind Menschen, die zugewandert sind und Unterstützung brauchen.
Oder sind diejenigen gemeint, die schon längst den ganzen Laden hier am Laufen halten?
Die sich Tag für Tag den Buckel krumm schuften, nur um irgendwie über die Runden zu kommen? Die Rentner, die Flaschen sammeln? Die Alleinerziehenden, die zwei Jobs machen? Die kleinen Selbständigen, die von einer Krise in die nächste stolpern?
Vielleicht sollte man auch mal fragen, warum das Geld munter für alles Mögliche im Ausland verteilt wird, während hierzulande Schulen verfallen, das Gesundheitssystem am Limit ist und viele Menschen gar nicht wissen, wie sie ihre Heizkosten bezahlen sollen.
Wäre es nicht mal Zeit, sich um das WIR im eigene Land zu kümmern?
Man ist müde von einem System, das immer nur fordert.
...für die "großen Bosse" können wir natürlich nicht genug arbeiten. Aber (ich kann da nur für mich selbst sprechen) mein Wohlstand reicht mir aus. Auto vorhanden, Urlaub möglich, Häuschen beheizt, Kühlschrank gefüllt und ein bisschen was bleibt über, um es zur Seite zu legen. Noch mehr arbeiten bedeutet bestenfalls, den Wohlstand von "denen da oben" zu verbessern, nicht aber den eigenen. Und Wirtschaft ankurbeln funktioniert doch eher dadurch, den niedrigen Einkommensgruppen mehr Geld zu lassen und damit den Konsum zu fördern...nicht dadurch, die Produktion zu erhöhen, ohne dass diese Produkte gekauft werden können. Aber die Unionspolitiker verstehen offenbar nicht wirklich etwas von Volkswirtschaft....und Nachhaltigkeit. Denn wirklich wichtig ist doch die Arbeitskraft der Werktätigen...sie "auf Verschleiß" zu fahren, bewirkt hohe Krankenstände und frühen, gesundheitsbedingten Ausstieg aus dem Berufsleben....zugunsten kurzfristiger Gewinne einiger weniger Privilegierter.
Die absolute Anzahl der Arbeitsstunden sagt nichts über die wirklich geleistete Arbeit aus. Dafür muss man die Produktivität berücksichtigen und die liegt in D noch erstaunlich hoch.
Ansonsten empfinde ich die Vorschläge als nicht zielführend und an vielen Stellen auch als ungerecht. Beispielsweise war ich lange alleinerziehend - steuerfreie Überstunden sind da nicht möglich, weil die Kinderbetreuung fehlt.
Andere Berufe sind körperlich (Dachdecker) oder psychisch (Pflege) so belastend, dass gerade ältere Mitarbeiter Probleme haben überhaupt noch Vollzeit zu arbeiten.
Ja, es braucht Anreize mehr Menschen in Arbeit zu bringen. Dafür wären andere Mittel aber viel besser geeignet. Die CDU macht da wieder Politik für ihre Klientel und es werden am Ende die profitieren, die es nicht unbedingt nötig haben.
Hey! Vielen Dank für die tolle und ausführliche Antwort.
Dir auch alles Gute und bleib gesund! :)