Hallo
Schadet Rauchen dem Gedächtnis und wie verhält es sich bei Nikotin?
Hier sollte zwingend zwischen dem Rauchen und Nikotin differenziert werden.
Obwohl Tabak und Zigaretten natürlicherweise auch Nikotin enthalten, so wirkt sich rauchen immer extrem schädigend aus. Das betrifft den ganzen Körper. Das Gehirn dabei inkludiert.
Das bezieht sich auch auf die Leistung des Gehirns. Das haben Studien zweifelsfrei nachgewiesen.
Bei Nikotin, abseits vom Rauchen, verhält es sich anders. Nikotin wirkt sich sehr positiv auf die Gedächtnisleistung aus, aber das Rauchen führt zu einem erheblich negativen Effekt, den das Nikotin nicht mehr auffangen kann.
Es ist ein sehr komplexes Thema. Deswegen kann es hier nur ansatzweise abgehandelt werden.
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Rauchen macht vergesslich: Besonders das Langzeitgedächtnis und die Erinnerung an die Dinge des täglichen Lebens leiden unter starkem Rauch-Konsum, haben britische Forscher festgestellt. Wie stark das Gedächtnis durch das Rauchen beeinträchtigt wird, hängt dabei vom Konsum des Rauchers ab.
Raucher schnitten beim Test des Langzeitgedächtnisses wesentlich schlechter ab als Nichtraucher, ergab die Auswertung. Doch auch innerhalb der Rauchergruppe gab es relativ große Unterschiede, wobei die eingeatmete Dosis des Rauches die Schlüsselrolle spielte: Je mehr Zigaretten geraucht wurden, desto schlechter war das Gedächtnis des Rauchers. Auch das alltägliche Gedächtnis war bei starken Rauchern tendenziell stärker beeinträchtig.
Quelle: Tom Heffernan (Northumbria-Universität, Newcastle-upon-Tyne)
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Die Schäden sind nachhaltig
Viele Erkrankungen, zum Beispiel Lungenkrebs, Atemwegserkrankungen oder Herzkreislauferkrankungen sind schon lange als Folgen des Rauchens bekannt. Die Tatsache, dass sich Tabakrauch auch negativ auf unser Gehirn auswirkt, ist dagegen eine relativ junge Entdeckung und gibt Grund zur Annahme, dass in der Zukunft noch weitere Folgen auf unser Gehirn entdeckt werden könnten. Doch nicht nur aktive Raucher, sondern auch ehemalige Raucher weisen geringere Mengen des besagtten Glutamatrezeptors auf, was auf eine langfristige Schädigung der Nervenzellen im Gehirn schließen lässt. In der Studie waren die Konzentrationen des Rezeptors bei Ex-Rauchern nach 25 Wochen rauchfreier Zeit zwar nicht mehr um 20-30 %, aber immer noch um sage und schreibe 10-20 % im Vergleich zu Nichtrauchern verringert. Dies lässt annehmen, dass sich die Nervenzellen des Raucherhirns tatsächlich von den Schädigungen erholen und sich die Funktionen wieder mehr dem Normalzustand annähern können. Dies geschieht allerdings nur sehr langsam.
- Raucher konnten sich in Kurzzeitgedächtnistests schlechter erinnern.
- Auch bei Langzeitgedächnistests waren die Ergebnisse schlechter.
- Raucher konnten bekannte Inhalte langsamer abrufen.
Auch wenn sich die Auswirkungen des Rauchens auf die Gehirnleistung vor allem ab dem 50. Lebensjahr zeigen, sind andere Altersgruppen dennoch betroffen. Vor allem jugendliche Raucher tragen dabei ebenso langfristige Konsequenzen: Das heranwachsende Gehirn junger Raucher ist deutlich anfälliger für Veränderungen. Durch die rauchbedingte Schädigung der Nervenzellen im Gehirn kann somit auch die Hirnentwicklung beeinträchtigt werden. Rauchen in der Jugend führt nachgewiesenermaßen häufig zu schlechteren Denkleistungen und einer kürzeren Aufmerksamkeitsspanne im Erwachsenenalter.
Quellen:
- Akkus, F et al. (2013): Marked global reduction in mGluR5 receptor binding in smokers and ex-smokers determined by 11CABP688 positron emission tomography. Proc Nat Acad Sci. 110 (2), 737–42.
- Dregan, A et al. (2013): Cardiovascular risk factors and cognitive decline in adults aged 50 and over: a population-based cohort study. In: Age and ageing 42 (3), 338–45.
- Peters, R et al. (2008): Smoking, dementia and cognitive decline in the elderly, a systematic review. In: BMC geriatrics 8, 36.
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Nikotin
Ein kurzer Rückblick, in die Historie
Früher war Nikotin tatsächlich ein Heilmittel. Es wurde dazu verwendet um Wunden zu heilen. Aber auch als Rauchmittel sowie bei rituellen Zwecken kam es zum Einsatz. Nikotin war für die Mayas lange bevor es in unseren Gegenden bekannt war, ein alltägliches Produkt. Seinen Namen erhielt Nikotin durch den Diplomaten Jean Nicot. Er brachte die Tabakpflanze im 16. Jahrhundert nach Frankreich. Dort war sie zunächst nur den oberen Schichten vorbehalten. Auch hier galt die Tabakpflanze noch als Heilmittel und wurde für verschiedene Krankheiten und zur Behandlung von Geschwüren verwendet. Nikotin an sich ist recht ölig und farblos.
Darauf sollte man nicht mehr uneingeschränkt vertrauen. Wie zu lesen und erwartbar, es konnte keine Differenzierung zu Nikotin hergestellt werden und die Schädigungen durch das Rauchen, waren natürlich auch nicht bekannt.
Mittlerweile ist jedoch nachgewiesen, dass Nikotin nicht nur eine außerordentlich antibakterielle Wirkung erzielt, sondern es wird immer öfter, mit großem Erfolg, in der Medizin eingesetzt.
Leider wurde fast ein Jahrhundert damit verschwendet, Nikotin schädigende Wirkungsweisen nachweisen zu wollen, was bekanntlich nicht gelang.
Nachfolgend einiges, zu den vielen, vielversprechenden Ansätzen und Ergebnissen. Leider kann hier nur ein Bruchteil widergegeben werden.
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Studienerfolg verspricht wirksame Hilfe für Long-COVID-Betroffene
Seit 2020 forscht Dr. med. Marco Leitzke, Oberarzt an der Helios Klinik Leisnig, zu den Symptomen und Folgen von COVID-19. Im Fokus seiner Forschung stehen dabei insbesondere die schwerwiegenden Verläufe und langanhaltenden Symptome von Long-COVID. Dabei konnte beobachtet werden, dass die Anwendung von Nikotinpflastern die Symptome von Long-COVID lindern und heilen kann. Die Behandlungserfolge reichen von der sofortigen und erheblichen Linderung bis hin zur dauerhaften, stufenweisen Abschwächung der Symptome. In seiner jüngsten Untersuchung, die aktuell im Journal Bioelectronic Medicine publiziert wurde, konnte Dr. Leitzke gemeinsam mit Forschungskollegen der Poliklinik und Klinik für Nuklearmedizin des Universitätsklinikums Leipzig nun erstmals die Wirkung von Nikotin bildgebend zeigen.
Heilungschancen durch Nikotinbehandlung
„Bei der Behandlung mehrerer Patienten mit Long-COVID-Syndrom durch die Anwendung von Nikotinpflastern konnten wir Verbesserungen beobachten, die von sofortigen und erheblichen bis hin zu vollständigen Remissionen innerhalb sehr unterschiedlicher Zeiträume reichten“, so Dr. Leitzke. In einem sogenannten Whole-Body-Scan (PET-CT/MRT) – zeigte die Forschungsgruppe der Klinik und Poliklinik für Nuklearmedizin (Leitung: Prof. Dr. Osama Sabri) am Universitätsklinikum Leipzig um Dr. Marco Leitzke unter Anwendung eines Azetylcholinrezeptor-spezifischen Radiotracers erstmalig bildgebend diesen Verdrängungsprozess an einer Long-COVID-Patientin. „Wir haben die Patientin vor und nach der Nikotinpflaster-Therapie bildgebend untersucht. Die Auswertung der PET-CT/MRT-Bilder zeigt eindrucksvoll, dass das Nikotinmolekül die Rezeptoren von dem viralen Spike-Protein befreit und so die physiologische cholinerge Neutransmission wieder ermöglicht hat. Durch seine hohe Bindungsstärke an nikotinische Azetylcholinrezeptoren kann Nikotin das Virus-Protein verdrängen und somit die blockierten Rezeptoren befreien. Die Viruslast wird dann durch präformierte Antikörper, die bei der Akutinfektion oder durch die Impfung gebildet wurden, eradiziert“, erläutert Dr. Leitzke die heilende Wirkung des Nikotins.
Quelle: Helios Klinik Leisnig, 07.03.2025
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Im Sommer 1926 erschien im "British Medical Journal" ein Artikel des Mediziners Henry Moll von der University of Leeds, in dem er Nikotininjektionen als Behandlungsansatz für das postenzephalitische Parkinson-Syndrom beschrieb. Betroffene leiden nach einer Entzündung des Hirngewebes an Symptomen, die der eingeschränkten Bewegungsfähigkeit bei der Parkinsonkrankheit gleichen. Meistens betrifft dies allerdings nur eine Seite des Körpers. Zwar hätte er die Patienten nicht heilen können, so Moll, aber immerhin würde sein Therapieansatz ihre Symptome deutlich lindern. Er plädierte daher dafür, die Methode weiter zu erforschen.
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In den folgenden Jahrzehnten erfuhr das therapeutische Potenzial des Nikotins jedoch wenig Beachtung. Stattdessen sammelte die Fachwelt mehr und mehr Belege für die massive gesundheitsschädliche Wirkung des Zigarettenrauchens. Eine fast 100-jährige Hexenjagd auf Nikotin begann, am Ende erfolglos, aber die nützliche und hilfreiche Erforschung dieses erstaunlichen Wirkstoffs wurde für fast ein Jahrhundert ausgebremst.
Der Epidemiologe Harold Kahn, vom National Institute of Health, führte eine Studie im Jahr 1966 durch, bei der er auf die Krankendaten von fast 300 000 Kriegsveteranen zurückgreifen konnte und diese auswertete. Das Ergebnis, Nikotin verhindert Parkinson.
Leider wurden diese Ergebnisse nicht weiterverfolgt, da man sich in mitten der Zeit der Hexenjagd, gegen das Nikotin war.
Tatsächlich ist diese Frage bis heute nicht abschließend beantwortet. Inzwischen deuten aber etliche Befunde darauf hin, dass das Nikotin sowohl einen Schutzeffekt als auch einen therapeutischen Nutzen bei der Erkrankung hat. So ergaben etwa alle dazu durchgeführten epidemiologischen Studien, dass Nutzer von Nikotin mit geringerer Wahrscheinlichkeit an Parkinson erkranken.
2007 behandelte Maryka Quik vom Parkinson's Institute in Sunnyvale in Kalifornien parkinsonkranke Totenkopfäffchen mit Nikotin. Nach acht Wochen führten die Tiere nur noch halb so viele unwillentliche Bewegungen aus wie vor Beginn der Behandlung. Auf Grund solcher vielversprechenden Ergebnisse wurde die Methode bei einzelnen Parkinsonpatienten getestet. In der Regel bekamen sie den Stoff über Pflaster verabreicht. Tatsächlich reduzierten sich in vielen Fällen die Störungen der Bewegungsfähigkeit.
Laborexperimente legen zumindest nahe, dass Nikotin das Gehirn vor Nervengiften schützt. Vermutlich kann es in gewissem Ausmaß bestimmte Neurone, die den Neurotransmitter Dopamin herstellen und bei der Bewegungskontrolle der Muskeln eine wichtige Rolle spielen, vor dem Niedergang bewahren. Bei Parkinsonpatienten sterben diese "dopaminergen" Gehirnzellen ab, was zu den für die Erkrankung typischen motorischen Defiziten führt. Zusätzlich stimulieren die Nikotinrezeptoren die Ausschüttung des Neurotransmitters Dopamin und könnten so dem krankheitsbedingten Botenstoffmangel entgegenwirken.
Die positive Wirkung von Nikotin auf die Lebenserhaltung von Zellen, ist hinlänglich bekannt.
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Verbesserte Hirnleistungen
Dass Nikotin eine positive Wirkung auf das Gehirn haben kann, ist mittlerweile recht gut belegt. So hat eine US-amerikanische Arbeitsgruppe um Edward Singleton von der Stevenson University in Maryland 2010 die Ergebnisse von 41 Nikotinstudien von 1994 bis 2008 zusammenfassend analysiert. Den Probanden war das Alkaloid dabei größtenteils in Form von Nasensprays, Pflastern oder Injektionen verabreicht worden. Die Auswertung ergab, dass der Stoff im Vergleich zu einem Placebo bei Rauchern wie Nichtrauchern kurzfristig die Feinmotorik, die Aufmerksamkeit, die Reaktionszeiten sowie das Kurzzeit- und das Arbeitsgedächtnis verbesserte. Nur bei drei der ausgewerteten Arbeiten waren Tabakkonzerne an der Finanzierung beteiligt, bei 31 Studien hingegen wurde das explizit verneint, was hinreichend für die Glaubwürdigkeit der Ergebnisse spricht.
Die vielfältige Wirkung des Nikotins auf das Gehirn beruht in erster Linie darauf, dass es das "cholinerge" System aktiviert. Diese Nervenzellen können Acetylcholin synthetisieren und freisetzen, einen der wichtigsten Botenstoffe im Gehirn. Er spielt eine Rolle bei ganz unterschiedlichen kognitiven Prozessen, da die zugehörigen Rezeptoren in zahlreichen Hirnregionen wie dem Hippocampus und dem Präfrontalkortex zu finden sind. Darüber hinaus vermittelt Acetylcholin an der so genannten motorischen Endplatte – das ist die Kontaktstelle zwischen Nerven und Muskelzelle – Nervenimpulse an die Muskeln.
Nikotin ist außerdem an der Ausschüttung von wichtigen Botenstoffen wie Serotonin, Glutamat, Noradrenalin und vor allem Dopamin beteiligt. Letzteres ist besonders entscheidend für die Steuerung von Bewegungsabläufen sowie Aufmerksamkeit, Lernverhalten.
Die vielseitigen Wirkmechanismen des Nikotins führen offenbar dazu, dass sich seine Anwesenheit im Gehirn in den großen neuronalen Netzwerken widerspiegelt, wie eine Arbeitsgruppe um Angela Laird von der Florida International University 2016 in einer Metastudie zeigen konnte. Das Team hatte die Ergebnisse von 38 Untersuchungen betrachtet, bei denen Raucher und Nichtraucher entweder gewisse Aufgaben bearbeiten oder einfach nur ruhig daliegen sollten, während mittels Magnetresonanztomografie (MRT) oder Positronenemissionstomografie (PET) ihre Hirnaktivität aufgezeichnet wurde. Der Analyse zufolge dämpft Nikotin die Aktivität des Ruhenetzwerks, also jener Hirnregionen, die beim Nichtstun oder Tagträumen aktiv sind. Gleichzeitig stimuliert es das Exekutivnetzwerk, das für kontrollierte und geplante Handlungen zuständig ist. Die Autorinnen und Autoren schlussfolgern, dass sich unter dem Einfluss von Nikotin irrelevante Assoziationen vermutlich besser unterdrücken lassen. Gleichzeitig kann man leichter auf relevante äußere Reize fokussieren. Letztlich könnte das die Aufmerksamkeit und das Gedächtnis verbessern sowie die Geschwindigkeit der Informationsverarbeitung steigern.
Große Erfolge bei Alzheimer, Schizophrenie, Depression und ADHS
Für die Medizinforschung sind diese Erkenntnisse vor allem im Zusammenhang mit der Tatsache interessant, dass die Nikotinrezeptoren im Gehirn mit zunehmendem Alter weniger werden. Bei einer neurodegenerativen Erkrankung wie Alzheimer nimmt der Verlust dramatische Ausmaße an. Besonders betroffen sind hier Neurone des Acetylcholinsystems, was sich vor allem in der Hirnrinde und im Hippocampus bemerkbar macht. In einer Studie an Personen mit leichten kognitiven Beeinträchtigungen führte die sechsmonatige Anwendung von Nikotinpflastern tatsächlich am Ende zu besseren kognitiven Leistungen im Vergleich zur Placebogruppe. Ersten Hinweisen zufolge könnte das unter anderem daran liegen, dass Nikotin die Signalverarbeitung in jenen Regionen verbessert, die für die Gedächtnisbildung zuständig sind.
Nicht nur bei neurodegenerativen Erkrankungen, sondern auch bei Patienten mit psychischen Störungen wie Schizophrenie, Depression, Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHS) oder der bipolaren Störung kann Nikotin womöglich helfen. Auffällig viele der Betroffenen greifen regelmäßig zur Zigarette; bei Schizophrenie sind es immerhin fast 90 Prozent. All diese Störungen gehen mit kognitiven Einschränkungen einher, weshalb Fachleute eine Selbstmedikation mit Nikotin vermuten. Das könnte erklären, weshalb die Chancen auf Entwöhnung bei diesen Patienten ziemlich schlecht stehen.
Veröffentlichung der Studien: Spektrum.de in Kooperation mit Focus, Spektrum der Wissenschaft, das Wissenschaftsmagazin, 05.11.2021
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Alles Gute Dir... und bleib gesund
Gruß, RayAnderson 😉