Meinung des Tages zum Tag der Demokratie: Wie bewertet Ihr unsere Demokratie?

14 Antworten

Es gibt da eine Reihe von Problemen. In einer Demokratie hat jeder ein Recht auf eine eigene Meinung. Schwierig wird es, wenn jeder ein Recht auf eigene Fakten hat. Im Geiste des Postmodernismus sind alle Fakten gleich viel wert.Da fehlt dann die Verhandlungsbasis, wenn man sich nicht einmal auf die Fakten einigen kann, die der Politik zugrundeliegen sollen.

Die große Mehrheit der Deutschen kennt Diktaturen nur aus oft glorifizierenden Erzählungen: Das Leben unter Hitler war gar nicht so schlecht. Die Jugend lernte Zucht und Ordnung. Man konnte als Frau nachts durch den Park gehen. In der DDR hatten alle Arbeit, die Wohnungen waren billig, Ausländer gab es nicht, Honecker war noch ein echter Patriot und die Zeitungen schrieben fast immer die Wahrheit.

Offensichtlich gelingt es nicht, den Menschen das Wesen der Demokratie zu erklären. Ich war selbst lange Jahre Kommunalpolitiker. Manchmal wurden Beschlüsse gefasst, mit denen ich einverstanden war, manchmal war ich das nicht. Das ist Demokratie. Die Zeitungen schreiben oft Dinge, denen ich nicht zustimme. Das ist Pressefreiheit, nicht „Diktatur“ oder „Lügenpresse“. Gehört ebenfalls zur Demokratie. Es ist keine Diktatur, wenn der Bundestag Beschlüsse fasst, die den Wählern einer Oppositionspartei nicht zusagen. Ich empfehle Studienreisen, zum Beispiel nach Nordkorea mit einer Demonstration, auf der „Juche ist großer Mist“ und „Weg mit Kim!“ gerufen wird. Oder eine Demonstration in Moskau mit dem Transparent „Weg mit Putin, dem Kriegstreiber!“. Dann kann man das Wesen einer Diktatur selbst erfahren.

Demokraten müssen aktiver werden.

Viele ruhen sich auf den Möglichkeiten welche uns die Demokratie bietet aus und sind offenbar der Auffassung, dass es genügt Forderungen zu stellen.

Werden diese dann nicht (sofort) erfüllt, mäkelt man herum, verhält sich trotzig oder zieht sich in sein Schneckenhaus zurück. Das sie damit ihre Rechte und Freiheiten aufs Spiel setzen erkennen sie ebensowenig wie die Tatsache, dass Kompromisse zu mehr Frieden und Wohlstand beitragen.

Ihnen dauern die Prozesse zu lange und machen sich selten die Mühe sich mit Details zu befassen, sodass sie verstehen, können weshalb Kompromisse notwendig sind und Zeit benötigen. Daher wächst bei manchen der Wunsch nach dem "starken Mann", der konsequent und schnell agiert.

Sie übersehen dabei aber, dass sie ihre Mitwirkungsrechte und Freiheiten mit diesem "starken Mann" aus der Hand geben und nicht mehr zurück erhalten.

Darum ist es notwendig, Demokratie zu verstehen und sich aktiv mit einzubringen, wenn man nicht in Richtung Diktatur schlittern will, wo der Einzelne gar nicht mehr zählt, geschweige denn Rechte oder Freiheiten genießen kann.

Zur Wehrhaftigkeit der Demokratie gehört verfassungsfeindliche Parteien wie die AfD zu beobachten und auch der Mut sie auch zu verbieten, wenn die Beobachtung die Verfassungsfeindlichkeit belegen kann. Auch muss die schweigende Mehrheit die Populisten und Relativierern, die einfache Heilslösungen versprechen (die aber nie funktionieren), entlarven und lauter als bisher widersprechen. Das wäre insbesondere auch Aufgabe der Medien, welche in diesem Bereich leider komplett versagt haben.

Dennoch bin ich mir sicher, dass die Antidemokraten sich auf Dauer nicht durchsetzen können. Doch auch hier ist es wie mit dem Klimawandel. Je länger wir nichts tun, umso schlimmer wird`s.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – Insiderwissen
gutefrage 
Fragesteller
 15.09.2023, 12:26

Vielen Dank für diese sehr ausführliche Antwort!

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Zu unserer bewahrenswerten Demokratie gehört die ständige Herausforderung, sie gegen ihre Feinde zu verteidigen.

Auch wenn seit dem Ende des Faschismus 78 Jahre vergangen sind und die Menschenrechte seit 1949 im Grundgesetz verankert wurden, können wir nicht davon ausgehen, dass der Artikel 1 des Grundgesetzes

Die Menschen-Würde ist unantastbar

uneingeschränkte Beachtung findet.

Die Demokratie als Bollwerk zur Verteidigung der Menschenrechte verlangt die ständige Bereitschaft zur Abwehr totalitärer Tendenzen, die leider gegenwärtig in Europa – und auch in Deutschland - an Boden gewinnen.

Die Demokratie und damit die Menschenwürde zu achten bedeutet:

 Alle Menschen in Deutschland haben die gleichen Rechte.
Und sie werden gleich geschützt. Egal:
• welche Hautfarbe jemand hat,
• woher die Person kommt,
• welcher Religion die Person angehört,
• wie alt die Person ist,
• ob die Person eine Frau oder ein Mann ist,
• ob die Person reich oder arm ist
• oder ob die Person eine Behinderung hat oder nicht.
Zur Menschen-Würde gehört auch:
• dass man eine Unterkunft hat,
• dass man Hilfe bekommt, wenn man krank ist
• und zur Schule gehen kann.
https://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/LeichteSprache/leichte-sprache-grundgesetz.pdf?__blob=publicationFile&v=2

Kritik an politischen Entscheidungen gehören zum Wesen der Demokratie - solange die Kritik nicht die Menschenrechte und die Normen unserer Demokratie infrage stellt.

gutefrage 
Fragesteller
 15.09.2023, 12:27

Danke für Deine Meinungsäußerung.

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Bewusstsein für Meinungsvielfalt liegt nicht vor. Suche nach Wahrheit eh nicht.

Geheimarmeen und Geheimgefängnisse gibt es in Europa.

Masse der Menschen will keinen Krieg und trotzdem wird er ständig geführt (und rede da nicht von der Ukraine)

Seit 40 Jahren werden grundlegende Themen wie Schultoiletten reparieren, Zu hause lernen, ein vernünftiges Schulsystem, andere Weltsichten als das Humanistisch-Atheistische zu beachten und zig andere Themen nicht mal mit der Kneifzange angefasst

Medien berichten über Themen, die sie interessant finden oder Portale aus Washington gut finden

Journalisten sind Teil von ThinkTanks und sagen dies oft nicht mal ihrem Publikum

Minister kann man nicht wählen

Politiker sind nicht nur im Parlament sondern auch auf Richterbänken, Rundfunkabteilungen, Polizei usw., obwohl sie für das Parlament gewählt wurden

Viele Dinge stehen nicht im Grundgesetz: z.B. Fraktionszwang

Unterdrückungen von Meinungen. Selbst auf diesem Portal werden harte Ausdrucksweisen AUTOMATISCH nicht zu gelassen, hatte erst vor kurzem so eine Frage, wo ich einfach klar und deutlich schreiben wollte (ohne Beleidigungen) und allein wegen den Formulierungen dies um keinen Preis das System zu ließ.

Lösungen zahlloser Kommentare auf zig Plattformen selbst wenn diese faktisch richtig sind. Da ist diese Plattform noch extrem gut aufgestellt. Bei anderen Parteien braucht man nur historische Fakten nach einander aufzählen. Schon ein kleiner Hinweis: wie das Öffentlich Rechtliche Medien aktuell sehr viel ihre eigenen Leute interviewen und dann so tun als seien es Bürger, die sie auf der Straße zufällig getroffen werden, kann zu Account-Sperrungen führen, obwohl sie Kinderleicht mit Videos nachweisbar sind.

Umgang mit normalen Coronakritikern war jedes mal: Einkesselung durch die Polizei und in Berlin Köpenick war es sogar so, dass Gegner Stundenlang gewartet haben um Demonstranten zu beschimpfen, was sicherlich nicht sonderlich demokratisch ist, aber sogenannte Demokraten werden mit "Gegenwind" dies rechtfertigen, obwohl es in der Demokratie um Diskurs geht. Dieser geht aber nicht, wenn Gegner aus zig Sendungen ausgeschlossen wurden.

Viele Medienanstalten haben bis heute ihre Kommentarfunktion komplett abgeschaltet - z.B. die Welt und andere löschen 90 Prozent aller Kommentare und es gibt noch weit aus härtere Maßnahmen, die aber sofort als Verschwörungstheorie abgetan werden, z.B. Versuche die Adresse der Leute raus zu finden, die eine andere Meinung haben und dies nicht auf irgend einer rechtlichen Basis sondern in dem man Links verstreut und willkürlich die Leute versucht zu schnappen, die da rauf klicken. Ob derjenige überhaupt was relevantes geschrieben hat = egal

Am Ende schadet es beiden Seiten, denn es gibt auch genug Linke, die sich nicht trauen irgend eine Meinung zu sagen, weil der Dialog komplett gestört wird oder man nicht links genug sei oder oder oder oder

Deutschland hat leider anscheinend immer noch das Problem, dass Demokratie und Nation nicht als Synonym verstanden werden, wie in Frankreich oder den USA, sondern häufig als Gegensatz.

Der alte deutsche Sonderweg, der sich immer wieder als Sackgasse erwiesen hat.

Die Niederschlagung der Revolution 1848 und der Sieg der Reaktion hatten einen spezifisch deutschen Dualismus zwischen den Ideen von  Nation (→  PatriotismusNationalismus) und  Demokratie geschaffen, der die  Geschichte Deutschlands langfristig prägte und der bis in die Gegenwart spürbar ist. Anders als beispielsweise in  Frankreich, den  Vereinigten Staaten und anderen Ländern, in denen „Nation“ und „Demokratie“ nach erfolgreichen Revolutionen traditionell eher als Einheit gesehen werden und ein Bekenntnis zur Nation in der Regel auch ein Bekenntnis zur Demokratie mit einschließt, ist das Nation-Demokratie-Verhältnis in Deutschland bis heute Gegenstand  polarisierend- kontroverser und oft sehr  emotional geführter  Debatten (→  Deutscher Sonderweg).

Deutsche Revolution 1848/1849 – Wikipedia

Letztendlich ist die Kombination von Rechtsstaat, freiheitlich demokratischer Grundordnung und Demokratie nicht perfekt, aber von allen derzeit existierenden Systemen das System, dass dem Einzelnen die meisten Freiheiten und Chancen bietet.

hoermirzu  15.09.2023, 12:26

Auch wenn da einige kleine Korrekturen notwendig wären, ich stamme auch nicht mehr aus der 1848er-Generation.

Auch Demokratie muss sich stetig weiterentwickeln, damit wir nicht als "Pseudodemokratie" mit vorgehaltener Waffe verkümmern; da wo man diese Art "Demokratie vorgibt zu praktizieren, wissen die Menschen gar nicht wie sich Demokratie anfühlt! Geben wir ihnen die Chance, sie zu erleben, anstatt sie mit Höcke im Keim zu ersticken.

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gutefrage 
Fragesteller
 15.09.2023, 12:27

Vielen Dank für Deine Meinung!

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