Diskussionen und Meinungen unserer Nutzer
Die Frage, ob ein bedingungsloses Grundeinkommen unser aller Leben verbessern und unser Sozialsystem vielleicht sogar gerechter machen könnte, oder ob es viel mehr in einer wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Katastrophe enden würde, wird schon seit vielen Jahren mit stetig wachsendem Interesse, aber immer noch höchst kontrovers diskutiert. Natürlich hat sich auch unsere Community ausgiebig mit dieser Frage beschäftigt und interessante, teils sehr aufschlussreiche Diskussionen geführt. Hier bekommst du einen kurzen Überblick, worum es beim bedingungslosen Grundeinkommen geht und dazu die interessantesten Diskussionsbeiträge zum Pro und Contra aus der gutefrage Community.
Was ist überhaupt ein bedingungsloses Grundeinkommen und wie soll es funktionieren? Lies hier, welche Gedanken sich unsere Community dazu macht!
Welche Chancen sehen die Nutzer in unserer Community? Was wären die Vorteile?
Was sind die Hauptkritikpunkte an diesem Konzept? Lies hier, wie die Community darüber diskutiert!
Umfrage: Würdet ihr noch arbeiten gehen, wenn ein bedingungsloses Grundeinkommen eingeführt wird?
Wichtig ist hier, vorweg zu sagen, dass es kein einheitliches Modell für das bedingungslose Grundeinkommen (kurz: BGE) gibt. Die verschiedenen Vorschläge für die konkrete Umsetzung und vor allem die Finanzierung eines BGE unterscheiden sich zum Teil erheblich.
Die Idee dahinter ist einfach: Jeder Bürger eines Staates, egal ob arm oder reich, jung oder alt, erfolgreicher Unternehmer oder arbeitslos, bekommt ohne Bedingungen und Gegenleistung einen monatlichen Geldbetrag ausgezahlt, der mehr oder weniger dem sogenannten Existenzminimum entspricht. Dafür werden auf der anderen Seite fast sämtliche Sozialleistungen wie z.B. Arbeitslosengeld I, Hartz-4, Kindergeld oder BAFöG abgeschafft und durch das BGE ersetzt. Die Steuersätze werden gleichzeitig so angepasst, dass bei höheren Einkommen ab einer gewissen Grenze das BGE über die Steuern netto zurückgezahlt wird. Kranken- und Pflegeversicherungen, Rentner würden das BGE in den meisten Modellen zusätzlich zu ihrer Rente bekommen.
Das BGE soll gerade für ein bescheidenes Dach über dem Kopf, gesunde Lebensmittel, ordentliche Kleidung und ein gewisses Maß an gesellschaftlicher Teilhabe reichen, also Beispielsweise die Monatskarte für den öffentlichen Nahverkehr oder eine Mitgliedschaft im Sportverein. Es wird alleine aber nicht für ein neues Auto, große Urlaubsreisen oder die neueste Unterhaltungselektronik reichen. Für einen - sagen wir mal - “durchschnittlichen” Lebensstandard muss auf jeden Fall einer normalen Erwerbstätigkeit nachgegangen werden. Das ist soweit der Grundgedanke, den die verschiedenen Modelle zum BGE gemeinsam haben.
Bei fast allen Modellen steht eine mehr oder weniger starke Vereinfachung der Steuer- und Sozialgesetzgebung, ein enormer Bürokratieabbau aber nicht zuletzt auch ein möglicherweise gerechteres Sozial- und Steuersystem im Vordergrund.
Die Befürworter eines BGE versprechen sich aber auch positive Effekte in vielen anderen Bereichen, sowohl für Wirtschaft und Gesellschaft, als auch für die individuelle Lebenssituation der Menschen. Dabei reichen die Argumente von den oben genannten pragmatisch-ökonomischen Überlegungen bis hin zu humanistisch-visionären und sogar gesellschaftsutopischen Gedanken.
Zweifelsfrei wird das Arbeitsleben zukünftig in fast allen Wirtschaftsbereichen deutlich an Dynamik gewinnen, durch die voranschreitende Digitalisierung und Automatisierung werden weiterhin zunehmend Arbeitsplätze verloren gehen, gleichzeitig werden viele neue entstehen. Das wird nicht nur kurzfristig, sondern auch dauerhaft dazu führen, dass Phasen der Erwerbstätigkeit immer häufiger durch Jobwechsel, Weiterbildungen, Umschulungen oder Phasen der Neuorientierung unterbrochen werden. Arbeitsverhältnisse, die über Jahrzehnte bestehen, werden immer seltener.
Die genauen Auswirkungen eines BGE auf Gesellschaft, Arbeitswelt und Wirtschaftssystem lassen sich kaum vorhersagen und sind natürlich vor allem davon abhängig, welches Modell wie Umgesetzt würde. Kritiker befürchten einen massiven Rückgang der Arbeitsbereitschaft mit verheerenden Konsequenzen für den Arbeitsmarkt sowie die Lohn- und Preisentwicklung. Weiterhin problematisieren sie den Aspekt der möglichen Finanzierung.
Die Frage, wie das BGE genau Finanziert werden könnte, ist natürlich sehr komplex und nicht so leicht zu beantworten, vor allem, weil sich die verschiedenen Konzepte nicht nur in der Höhe der gezahlten Beträge, sondern in erster Linie in der Art ihrer Finanzierung unterscheiden.
Das Argument, es sei völlig unfinanzierbar, lässt sich bei einem Blick auf die Zahlen allerdings nicht so einfach bestätigen. Wenn man von einer monatlichen Summe von 1000 Euro ausgeht, was in etwa dem derzeitigen Existenzminimum entspricht, ergibt das bei 82 Millionen Einwohnern eine Summe von 984 Milliarden Euro pro Jahr. Verglichen mit dem Bundeshaushalt (ca. 340 Milliarden Euro in 2018) erscheint das tatsächlich erst einmal unbezahlbar. Der Bundeshaushalt enthält aber nicht die gezahlten Sozialleistungen, welche im Jahr 2018 insgesamt rund 996 Milliarden Euro betrugen. Wenn diese durch ein BGE nach und nach ersetzt würden, könnte dieses Geld zur Finanzierung eines BGE zur Verfügung stehen. Da im Sozialbudget allerdings auch die Leistungen der Renten- und Krankenversicherungen enthalten sind, müssten diese Versicherungsbeiträge weiterhin aus dem BGE bezahlt werden, womit dieses wieder deutlich unterhalb des Existenzminimums liegen würde. Alternativ müssten diese Beiträge also beispielsweise in die Einkommensteuer integriert werden oder auch durch neue Steuermodelle wie etwa Konsumsteuer, erhöhte Umsatzsteuer oder eine Finanztransaktionssteuer finanziert werden.
Aus diesen Argumenten haben sich zum Teil sehr spannende und teilweise auch emotionale Diskussionen entwickelt. Besonders die Aussage, es ginge beim bedingungslosen Grundeinkommen hauptsächlich um eine Möglichkeit, sich vor der Arbeit zu drücken, wollten viele Befürworter aus der Community so nicht stehen lassen.
Die Antwort auf die Frage, ob zu viele Menschen aufhören würden zu arbeiten und ob Geld wirklich der einzige Anreiz ist, etwas Sinnvolles zu tun, hängt also in erster Linie vom persönlichen Menschenbild und den gesellschaftlichen Idealen des Einzelnen ab. Was würdest du tun, wenn es in Deutschland ein bedingungsloses Grundeinkommen gäbe?
Aktualisiert am: 01. August 2019
Für diesen Text wurden verschiedene Nutzer-Antworten und Erfahrungsberichte aus der gutefrage-Community gesammelt, redaktionell geprüft und aufbereitet.
Simon Klaffl hat in Freiburg Geowissenschaften mit Hauptfach Hydrologie studiert und u.a. in den Bereichen Umweltmonitoring, Geostatistik und Gewässerökologie gearbeitet. Er schreibt seit 2019 für die gutefrage Redaktion und kennt sich neben diesen Bereichen noch besonders gut mit technischen Themen wie Elektronik, Tontechnik und sehr großen Lautsprechern aus.
Bundeszentrale für politische Bildung: Das Bedingungslose Grundeinkommen - Drei Modelle
Thieß Petersen: Makroökonomische Effekte eines bedingungslosen Grundeinkommens
Dieter Althaus: Solidarisches Bürgergeld
bundestag.de: Finanzierung eines bedingungslosen Grundeinkommens in Deutschland
BAG-Grundeinkommen: Das emanzipatorische Grundeinkommen
Focus-Online: Die Digitalisierung macht das Grundeinkommen unumgänglich
Focus-Online: Wie ein Grundeinkommen finanzierbar wäre
Spiegel Online: Jeder zweite Deutsche befürwortet bedingungsloses Grundeinkommen
BGE-Rechner: Wer soll das bezahlen?
Bundesministerium für Arbeit und Soziales: Sozialbudget 2018
Bundesfinanzministerium: Bundeshaushalt 2018
Was spricht dafür und was dagegen? Perspektiven aus der Community
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