Warum geht der Respekt vor Rettungskräften verloren?
Siehe die jährlichen Silvesternächte: Es gibt teils Schwerverletzte durch Angriffe aber der Staat tut kaum was dagegen.
Manchmal frage ich mich woher die Verrohung der Gesellschaft kommt?
Ich selbst bin in der freiwilligen Feuerwehr aktiv. Teilweise kommt einem die Situation surreal vor: Man steht um 3 in der Nacht auf, fährt los um jemand fremden mit Schere und Spreitzer aus seinem Autowrack zu schneiden und man kämpft um dessen leben - eine Person die man noch nie gesehen hat. Oder um unter schwerem Atemschutz in ein brennendes Gebäude vorzugehen... Dann kommen einem manchmal Gedanken wie "krass und irgendwie surreal, vor 15min. lag ich noch in meinem warmen Bett, jetzt kämpft man um das Leben oder Hab und Gut eines Fremden oder bin mitten in einer Reanimation von einer Person welche ich noch nie gesehen habe..."
Also wenn man das mal nüchtern betrachtet, wenn ich zu jmd. sage, steh auf und fahr nach XY und renne in ein brennendes Haus, dann würde man ja einem grundsätzlich mal einen Vogel zeigen... Wenn ich weiß dass ich dort noch angegriffen werde, würde man erst recht nicht auf den Gedanken kommen da hin zu fahren.
Angesichts dessen, dass aber die Gewalt gegen Einsatzkräfte sprunghaft ansteigt fragt man sich doch dann manchmal für was man das tut und die tätlichen Angriffe sind eben KOMPLETT das Gegenteil von selbstloser Hilfeleistung ist und dem Gedanken der Retttungsdienste mit Dienst am Nächsten radikal entgegentritt - Wozu macht man das denn noch.
Oder ist es nur eine Minderheit, welche aber stark hervorsticht und die Realität verzerrt? Gefühlt ist ja auch der Staat machtlos, bzw. wird ja auch nix unternommen und da würde es mich nicht wundern, wenn auch berufstätige Rettungskräfte ihr Amt aus Frust niederlegen...
Also bilde ich es mir nur ein oder werden Rettungskräfte hier in D immer weniger wertgeschätzt? Oder wird z.B. die Feuerwehr nur als Saufverein ansgesehen? (Das Image entspricht übrigens auch längst nicht mehr der Realität)
8 Antworten
Also - zunächst einmal ist das eine Frage der persönlichen Wahrnehmung. Ja, es gab in der Vergangenheit und leider auch in diesem Jahr wieder einige gewaltsame Übergriffe auf Rettungskräfte und Feuerwehren... aber das beschränkt sich (glücklicherweise) auf einige wenige "Hotspots" in Deutschland, beispielsweise Berlin. Bei uns ist das hingegen überhaupt kein Thema. Jedenfalls in der Silvesternacht nicht mehr oder weniger als in jeder anderen Nacht.
Aber ja: Insgesamt ist eine Zunahme der Gewaltbereitschaft gegen Rettungskräfte zu beobachten.
Wobei man auch bedenken muss, dass dies heute auch überproportional dargestellt wird. Noch vor 20 Jahren hat es die Nachricht, dass ein Feuerwehrmann in München während eines Einsatzes geschlagen wurde kaum aus Bayern heraus geschafft. Heute hat jeder immer und überall eine Handykamera zur Hand, alles wird gefilmt und landet in Sekundenschnelle im Internet bzw. den sozialen Medien, so dass es kürzester Zeit mindestens deutschlandweit bekannt ist (zumindest in entsprechend interessierten Kreisen).
Die zunehmende Gewaltbereitschaft ist dabei mit Sicherheit auf eine ganze Reihe von Faktoren zurückzuführen:
- eine allgemeine Verrohung und Radikalisierung der Gesellschaft (nicht nur, aber auch durch Film, Fernsehen und Computerspiel)
- zunehmende Gleichgültigkeit in der Gesellschaft
- ein stetig steigendes Anspruchsdenken der Menschen, die für Hilfe nicht mehr dankbar sind sondern diese Hilfe als selbstverständlich ansehen
- zunehmend schlechte(re) Erziehung der Kinder (u.a. dadurch, dass die Eltern heute arbeitsbedingt deutlich weniger Zeit für ihre Kinder und deren Erziehung haben als früher
- Sprachbarrieren
- kulturelle Spannungen und Missverständnisse
- immer größer werdender Stress bzw. Zeitdruck in Beruf und Freizeit
- Politikverdrossenheit, Unzufriedenheit und Wut auf den Staat... und die Ansicht, dass alles was Blaulicht auf dem Dach hat die "Staatsmacht" repräsentieren
- ...
Oder ist es nur eine Minderheit, welche aber stark hervorsticht und die Realität verzerrt?
Glücklicherweise ja.
Aber das ist schon schlimm genug!
Gefühlt ist ja auch der Staat machtlos,
Naja... machtlos nicht unbedingt.
Man muss den Täter nur halt auch erwischen und ihm die Tat sicher nachweisen können.
Entsprechende Gesetze gibt es ja.
Oder wird z.B. die Feuerwehr nur als Saufverein ansgesehen? (Das Image entspricht übrigens auch längst nicht mehr der Realität)
Das Problem ist eher, dass heute kaum noch jemandem bewusst ist, dass 95% der Feuerwehrleute in Deutschland diesen "Job" ehrenamtlich ausüben. Die Menschen gehen davon aus, dass selbst im kleinsten Dorf eine Berufsfeuerwehr existiert und da von Steuergeldern bezahlte Feuerwehrleute nur darauf warten, ausrücken zu dürfen. Die Menschen gehen davon aus, dass sie als Steuerzahler ein Recht darauf haben, dass ihnen in jeder Situation geholfen wird.
Du hast es eigentlich schon erwähnt, dass ist eine Minderheit die durchaus auch die Realität verzerren kann.
Aber der wirklich große Großteil respektiert ja unsere Arbeit und ist dankbar für das, was wir tun.
Ich weiß ja nicht wie die persönlichen Erfahrungen anderer sind, aber Ich habe wirklich fast nur negative Erlebnisse mit diesen Leuten. Es kommt auch darauf an wie diese Leute sich verhalten - so wie man in den Wald ruft.. Kennst den Spruch nicht wahr..
so wie man in den Wald ruft.
Korrekt.
Rettungskräfte sind eigentlich immer distanziert-freundlich und hilfsbereit. Wenn der Gegenüber sich aber entsprechend unkooperativ oder dumm verhält, dann kann der Ton halt schon mal etwas rauer werden.
aber Ich habe wirklich fast nur negative Erlebnisse mit diesen Leuten.
Na dann erzähl mal... bin gespannt!
Ich persönlich schätze Rettungskräfte sehr und ihr macht einen sehr wichtigen Job, vielen Dankdafür. Ich denke mal weil ihr auch den "falschen" Menschen helft. Passt auf euch auf.
Die Menschheit verroht doch zunehmend wieder
Welche Leute meinst du denn?