Wäre ein Vereintes Europa möglich?

6 Antworten

Von Experte RayAnderson bestätigt
Wäre ein Vereintes Europa möglich?

Das wäre nicht nur möglich, sondern sogar notwendig, wenn sich die in der EU zusammengeschlossenen Länder in einer zukünftigen Welt von (aggressiv-rücksichtslosen) Großmächten behaupten und politisches Gewicht behalten will!

Ein vereintes Europa – politisch, wirtschaftlich und vielleicht sogar kulturell – ist eine Vision, die seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs immer wieder diskutiert wird.

Vielleicht sogar kulturell – das ist keineswegs eine Vision, sondern seit langer Zeit eine Tatsache!

Alle europäischen Länder haben ihre Anfänge in einer historischen Entwicklung, die sich vorallem in Antike und Mittelalter vollzogen und dann bis heute verfestigt hat. Die griechisch-römische Kultur verbreitete sich in ganz Europa, förderte die Ethnogenese auch in den nicht vom Römischen Reich direkt regierten europäischen Räumen. Daraus entwickelte sich, vorbereitet durch die sog. Völkerwanderung, im Laufe des Mittelalters das europäische Staatenwesen, das mehr oder weniger bis heute existiert. Das Römische Reich vermittelte als Teil seiner spätantiken Kultur auch das Christentum an alle europäischen Völkerschaften. Im Mittelalter verbreitete sich als einigendes Band eine christliche Kultur in allen europäischen Völkern und Ländern, die ihren Mittelpunkt im Papsttum Roms und einer Kirchenorganisation hatte, die bereits das Römische Reich kannte und dann auf ganz Europa ausgedehnt wurde. Die Kirche vermittelte zugleich die Kultur nicht nur des Christentums, sondern auch der Antike an Europas Völker. Sie schuf damit die Voraussetzungen für die umfassende Wiederbesinnung auf die Antike im Spätmittelalter, die sog. Renaissance, und die durch sie angestoßenen Fortschritte auf allen Gebieten menschlichen Daseins: Staatsordnung, Rechtswesen, Wissenschaften usw. Zwar zerbrach die kirchliche Einheit in Europa in der Frühen Neuzeit im Gefolge der Reformation, aber die alle Länder verbindende Gemeinsamkeit blieb das Christentum und es kam zusätzlich die Renaissance als gemeineuropäische Bewegung hinzu.

Die Mentalität der europäischen Völker ist durchaus differenziert, aus den unterschiedlichsten Gründen. Zu gewissen Nuancen führten z. B. die unterschiedlichen Konfessionen und politischen Entwicklungen der katholischen, evangelischen und griechisch-orthodoxen Länder Europas, jedoch einte sie, über alle religiös-dogmatischen Gegensätze hinweg, das Bekenntnis zu antik-christlichen Wurzeln, die sie auch von nichtchristlichen Ländern abgrenzte.

Auch wenn in der Mentalität zwischen katholischem bzw. evangelischem Christentum auf der einen, dem griechisch-orthodoxen Christentum auf der anderen Seite Unterschiede zwischen den Völkern entstanden sind, so sind sie doch im heutigen Europa zur Kooperation befähigt, weil sie alle durch die Zeit der Aufklärung gegangen sind und gelernt haben, dass konfessionelle Gegensätze die Angelegenheit allein von Diskussionen zwischen Theologen sind, aber nicht (mehr) als Gewalttätigkeiten zwischen Bevölkerungen und Staaten ausgetragen werden dürfen. Es entwickelte sich religiöse Toleranz und Religionsfreiheit aller Menschen als eines der ersten, allgemein akzeptierten Menschenrechte. Religion war seit dem 17. Jahrhundert immer weniger eine entscheidende Triebkraft des politischen Umgangs der europäischen Staaten miteinander. Darin unterscheidet sich das christlich geprägte Europa fundamental z. B. von der benachbarten Gemeinschaft der islamisch geprägten Länder, die zu dieser Erkenntnis noch gelangen und die Mentalität ihrer Bevölkerungen verändern müssen, um ihre Zersplitterung und Feindschaften zu überwinden. 

Die Europäische Union (EU) ist ein bedeutender Schritt in diese Richtung, da sie bereits heute gemeinsame Institutionen, eine gemeinsame Währung (den Euro) in vielen Mitgliedsstaaten und offene Grenzen im Schengen-Raum bietet.

Unter antik-christlichem Einfluss entwickelte sich in Europa die Idee der Menschenrechte, die sich in der europäischen Geschichte allmählich ausbreitete und heute die Grundlage des Zusammenlebens aller Völker ist, und das nicht nur in Europa. Vorallem die kriegerischen Erlebnisse des 20. Jahrhunderts, unter denen alle europäischen Länder zu leiden hatten, führten die Völker Europas in einem noch Jahrzehnte dauernden Prozess zur Erkenntnis, politische Gegensätze fortan einvernehmlich und friedlich zu lösen und die Menschenrechte, außerdem Demokratie, Rechts- und Sozialstaat zu den gemeinsamen Grundlagen ihres Zusammenlebens zu erheben. In der Folge wurde zunächst eine wirtschaftliche Union wichtiger europäischer Länder gegründet, die im Laufe der nächsten Jahrzehnte zu einer relativ lockeren politischen Union fortentwickelt wurde, um auf die Anforderungen der wirtschaftlichen und politischen Globalisierung der Welt reagieren und sich nicht nur wirtschaftlich, sondern auch politisch und kulturell als eigenständige Macht in der Weltordnung der Zukunft behaupten zu können.

Die Entwicklung der EU ist noch im Flusse und längst nicht abgeschlossen, braucht immer wieder besondere Herausforderungen, um Fortschritte zu erzielen. Eine solche Herausforderung ist der Ukrainekrieg und (nach dem Kalten Krieg) die erneute Bedrohung der Freiheit Europas durch das russische Verbrecherregime! Aus dieser Herausforderung werden sich auch weitere Schritte ergeben, um die politische (und militärische!) Union Europas weiter zu vertiefen.

 

Woher ich das weiß:Berufserfahrung

RayAnderson  31.05.2025, 00:47

Wenn vom FS verweigert, dann eben von mir... ⭐⭐⭐⭐⭐

Nein, zu viele unterschiedliche Kulturen und Eigenarten. Das fängt schon bei der Sprache an. Welches soll denn die Landessprache sein? Meinst du Franzosen würden Deutsch sprechen oder Berlin als Hauptstadt akzeptieren? Oder Italiener Französisch und Paris akzeptieren? Eher friert die Hölle ein.


Skywalker17  29.05.2025, 11:03

Es ist viel viel komplizierter als in den Vereinigten Staaten von Amerika.

Hier gibt es uralte Kulturen, die nötig und wichtig sind und nicht im europäischen Einheitsbrei untergehen dürfen.

Florian1852012 
Beitragsersteller
 29.05.2025, 11:05
@Skywalker17

Bayern ist auch eine "eigenständige" uralte Kultur und trotzdem in Deutschland.

Kleidchen2  09.07.2025, 15:18
@Skywalker17

Da geht nichts unter. Oder haben wir in DEutschland keine bayerische Kultur? Keime Samen und Friesen? Die übrigens durch diue EU gestützt vwerden.

Florian1852012 
Beitragsersteller
 29.05.2025, 11:01

Englisch? Deutsch, Französisch und Spanisch wären dann eventuell regionale Sprachen. Und Brüssel würde doch sicher als Hauptstadt akzeptiert werden?

Florian1852012 
Beitragsersteller
 29.05.2025, 11:03
@archibaldesel

Dennoch ist Englisch eine Weltsprache und auch in Europa eine jetzt schon sehr wichtige z.B für Flug und See verkehr?

Es fehlen noch einige entscheidene Punkte. Das Rechtssystem, das Bildungssystem usw.

Alles Sachen, die einen Bundestaat unwahrscheinlich machen. Aber eine engere Verzahnung innerhalb der EU ist durchaus vorstellbar und zu begrüssen. Es wird aber noch lange dauern.

Fakt ist, Gehör wird Europa auf der Weltbühne im 21. Jahrhundert nur finden, wenn es mit einer Stimme spricht.

Salü Florian1852012,

klingt anstrebenswert, nicht zuletzt, damit das gute alte Europa künftig "mit einer Stimme" spricht, um sich auf Dauer im Chor der "global player" behaupten zu können.

Ich fürchte jedoch, die Idee der vereinigten Staaten von Europa wird an nationalen Egoismen scheitern, lasse mich jedoch gerne vom Gegenteil überzeugen.

Ja, es ist möglich und auch anzustreben. Aber es werden noch viele Jahre vergehen, ich werde es wohl nicht erleben.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – schon eine Weile auf der Welt