Elektronische Patientenakte: Team Zustimmung oder Team Widerspruch?
Die elektronische Patientenakte (ePA) wurde diese Woche nach einer über dreimonatigen Testphase bundesweit eingeführt. Bereits im Januar wurde für alle gesetzlichen Versicherten automatisch eine ePA angelegt. Ab Oktober soll sie für Ärztinnen, Ärzte und andere Leistungserbringer verpflichtend sein, für Patientinnen und Patienten bleibt sie freiwillig. Wer also keine ePA möchte, kann weiterhin widersprechen. Die ePA speichert Gesundheitsdaten wie Rezepte, Impfungen, Arztbriefe, Befunde oder Medikationspläne einrichtungsübergreifend und ermöglicht es Versicherten, eigene Daten hinzuzufügen sowie Zugriffsrechte individuell zu steuern. Ziel ist es, Versorgungslücken zu schließen, Doppeluntersuchungen und Bürokratie zu vermeiden sowie den Datenaustausch zu erleichtern.
Der geschäftsführende Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) bezeichnete die ePA als „Zeitenwende“ für das Gesundheitssystem. Er ist überzeugt, dass die Behandlung durch vollständige Labordaten und Befunde optimiert werde. Darüber hinaus wird bessere Forschung durch die Verfügbarkeit zuverlässigerer, anonymer Daten begünstigt. Ferner sei der Datenschutz gewährleistet, sodass die Vorteile einer digitalen, strukturierten und sicheren Akte die Risiken überwiegen. Zum Schutz der Daten gelten strenge Sicherheitsvorgaben wie PIN-geschützter Zugriff, Freigaberechte und technische Standards des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI). Krankenkassen wie die AOK betonen, dass die ePA Versorgung effizienter mache, da alle relevanten medizinischen Unterlagen zentral und jederzeit verfügbar sind.
Patientenschutz-Verbände haben nach wie vor Bedenken gegen die ePA. Sie kritisieren bspw. die mangelnde Feinsteuerung der Datenfreigabe, die Komplexität der Bedienung sowie Datenschutzrisiken. Die Deutsche Stiftung Patientenschutz (DGHS) wirft der Regierung „Irreführung” vor. Gegenüber KNA erklärte DGHS-Vorstand Eugen Brysch am Montag, dass entgegen der bisherigen Darstellung, Versicherte derzeit keine Möglichkeit hätten, einzelne Dokumente nur bestimmten Ärzt:innen oder Apotheken zur Einsicht freizugeben. So könne bspw. ein Orthopäde erkennen, dass ein Patient psychotherapeutisch behandelt werde, selbst wenn dieser die entsprechende Information nur für neurologische Fachärzt:innen freigegeben habe. Brysch forderte daher, die künftige Bundesregierung müsse die Einführung der ePA aussetzen, bis eine differenzierte Zugriffskontrolle gewährleistet sei.
- Wie findet Ihr es, dass für alle gesetzlich Versicherten automatisch eine elektronische Patientenakte angelegt wurde, sofern sie nicht widersprachen?
50 Stimmen
14 Antworten
Ich habe selbst widersprochen, weil das Gesetz für meinen Geschmack viel zu schwammig an dem Punkt formuliert ist, wo es um die Weitergabe der Daten an Dritte geht. Für ethisch einwandfreie, nicht profitorientierte medizinische Forschung? Damit hätte ich überhaupt kein Problem. Aber so, wie es formuliert ist, ist es eben keineswegs auf diesen Zweck beschränkt. Und da es sich zudem wirklich um absolut sensible weil medizinische Daten handelt, mache ich da nicht mit, sondern schaue mir erst mal in Ruhe an, welche negativen Auswüchse das alles so mit sich bringt.
Zudem finde ich das Gesetz da auch einfach super dreist. Ich mein, in meinem Job sind wir ständig dabei, bei jedem Fitzelchen an Daten, was wir so erheben und speichern, genauestens zu überlegen, wer intern wirklich diese Daten für seine Arbeit braucht und somit Zugang dazu bekommen darf. Wir zerbrechen uns da den Kopf, erstellen übelst aufwendige Zugriffsbeschränkungen, dokumentieren, holen bergeweise Einverständniserklärungen ein, erstellen Dokumente, in denen wir den Betroffenen genau erklären, was wozu und von wem einsehbar erhoben und gespeichert wird, müssen jederzeit Auskunft darüber geben können und extrem darauf achten, dass ja nichts in falsche Hände gelangt. Und hier wird dann so ein Freifahrtschein ins Gesetz gebastelt? Nee, sorry, da werde ich dann auch obendrauf noch einfach ein bisschen bockig, so neben den wahrscheinlich echt berechtigten Bedenken ;).
Oh, und dann kommt ja noch hinzu, dass das Ding technisch einfach sinnlos ist. Es werden PDF-Dateien dort reingeladen. Also Texte. Die man dann einzeln aufrufen muss. Keine anklickbaren Übersichten, keine Auswertungen, einfach nur PDF-Dateien. Welcher Arzt hat denn in den Kassensätzen die Zeit, um die in Ruhe durchzulesen, bevor er mich behandelt? Somit erfüllt das Ding nicht mal diesen Zweck!
Ich habe abgelehnt. Ist mir zu unsicher.
Und hier ein aktueller Bericht:
https://www.zeit.de/politik/2025-04/patientenakte-epa-sicherheitsluecke-bericht
Die Weitergabe meiner Daten zu Forschungszwecken habe ich ebenfalls abgelehnt..
Warum muss mein Zahnarzt erfahren, dass ich eine blasenschwäche habe?
Oder die Apothekerin dass ich Kontaktlinsen trage?!
Und wenn ich mir einen neuen Arzt suche, möchte ich, dass er sich ein eigenes Bild macht, anstatt nachzuschauen, was die Kollegen sich ausgedacht haben.
Diesen ,,Unsinn" nennt man eine ,,zweite Meinung einholen" . Das ist es mir wert.
Außerdem weiss der neue Arzt nicht was untersucht wurde, wenn ich eben keine ePA habe. Und mit der Krankenversicherung lege ich mich gerne an. Hab schon 2 Prozesse gewonnen. Seitdem ist sie überraschend kulant. 😉
Die ePA hat laut CCC Sicherheitslücken, diese hätte man vor Einführung für alle schließen müssen. Auch die Datenschutzbedenken würde ich ernst nehmen.
Generell finde ich das Konzept der ePA aber ganz gut.
Mich selbst betrifft es aber sowieso nicht, da ich berufsbedingt privatversichert bin.
Positiv ist, dass Befunde, Vorgeschichte, Ergebnisse, etc nicht mehr extra und einzeln angefragt werden müssen.
Aber es muss klare Regeln geben, wer Zugriff auf die Daten hat - aber naja, Leute, die zB Bonusprogramme der Discounter nutzen oder sonst auch sehr freigebig in Social Media sensible Daten posten, sollten sich als letzte aufregen.
Diesen Unsinn wirst du über kurz oder lang privat zahlen müssen. Für unnötige Mehrfachuntersuchungen ist nicht mehr lange Geld da...