26 Kinder besuchen eine erste Klasse Volksschule. Davon sind nur zwei bis drei Kinder ordentliche SchĂŒler. Die Sprachkenntnisse von 18 bis 20 Kindern hingegen sind als unzureichend eingestuft. Vier bis sechs Kindern weisen sogar nur mangelhafte Deutschkenntnisse auf.
So sieht die Situation an einer öffentlichen Wiener Volksschule ab dem kommenden Schuljahr im Herbst aus:
"Der Unterricht ist sehr schwierig. Wir haben einen Bildungsauftrag zu erfĂŒllen. Das ist aber nicht schaffbar", sagt Maria L., die Direktorin der betreffenden Schule (Name von der Redaktion geĂ€ndert).
85 % können nicht ausreichend Deutsch
Die HĂ€lfte aller SchulanfĂ€nger in Wien spricht nicht ausreichend gut Deutsch, um dem Regel-Unterricht folgen zu können â das zeigten Zahlen des Bildungsministeriums fĂŒr das Schuljahr 2024/25. Wie es ab kommenden Herbst weitergeht, zeigt nun das Beispiel der Wiener Volksschule. Die Schuleinschreibungen fanden im Februar statt. "Es war erschreckend zu sehen, dass viele Kinder mich nicht verstehen konnten", erzĂ€hlt Maria.
Sie wollte es genauer wissen und hat sich die Daten zur Schuleinschreibung an ihrem Standort nĂ€her angesehen. Die Zahlen sprechen fĂŒr sich: 85 Prozent der eingeschriebenen Kinder sind auĂerordentliche SchulanfĂ€nger. Das bedeutet, sie können dem Unterricht aufgrund mangelhafter oder fehlender Deutschkenntnisse nicht folgen. Mehr als die HĂ€lfte dieser SchĂŒler ist aber in einen stĂ€dtischen Kindergarten gegangen.
Viele Jahre im Kindergarten und Geld verbrannt â wofĂŒr?
Die HĂ€lfte der auĂerordentlichen SchĂŒler hat zwischen drei und fĂŒnf Jahren einen stĂ€dtischen oder privaten Kindergarten besucht. Zehn Prozent der SchĂŒler waren sogar fĂŒnf Jahre im Kindergarten. Laut Kindergartenunterlagen haben alle Kinder eine Sprachförderung erhalten. "Das finde ich erschreckend, denn
es gab Kinder, die 5 Jahre im Kindergarten waren und bei denen die Deutschkenntnisse mangelhaft waren",
erzÀhlt Maria.
Die Sprachstandserhebung im Rahmen der SchulreifeprĂŒfung besteht aus mehreren Teilen und umfasst Wortschaft, Verben- sowie Satzbildung. Kann man sieben Begriffe nicht richtig benennen und drei Fragen nicht beantworten, werden die Sprachkenntnisse als unzureichend eingestuft. "Die meisten scheitern bereits am Wortschatz", erzĂ€hlt die Direktorin.
"Unterricht ist so nicht möglich"
Die Wiener Volksschule steht vor Herausforderungen. Denn ab Herbst steht man hier vor folgender Situation: Rund 18 Kinder mĂŒssen in eine Deutschförderklasse. Bis zu 15 Stunden Sprachtraining sollen sie dort bekommen. Doch aufgrund von Personalmangel sei das nicht möglich, erzĂ€hlt die Direktorin. Weitere vier bis sechs Kinder mĂŒssen einen Deutschkurs besuchen. Die Kinder wechseln also zwischen dem Unterricht in der Klasse und der Sprachförderung.
"Unterricht ist so nicht wirklich möglich und auch fĂŒr das Lehrpersonal extrem schwierig", so die Direktorin. Die 18 Kinder sprechen untereinander in ihrer Sprache; verstehen die Lehrerin nicht. Kulturelle Unterschiede erschweren den Schulalltag zusĂ€tzlich. "Einige dieser Kinder geben weiblichen LehrkrĂ€ften nicht die Hand", so die Direktorin.
ĂVP ortet groben Missstand
"Tausende Euro werden in die ElementarpĂ€dagogik investiert und heraus kommen Kinder, die einen Baum oder eine Wolke nicht benennen können", zeigt sich Harald ZierfuĂ, Bildungssprecher der ĂVP, angesichts der Schilderungen der Direktorin alarmiert. Dass Kinder auch nach vier oder fĂŒnf Jahren keine ausreichenden Deutschkenntnisse erwerben, sei ein grober Missstand. Es brauche Schwerpunktkontrollen in KindergĂ€rten, aus denen besonders viele Kinder mit unzureichenden Deutschkenntnissen kommen.
Sprachscreenings und Kontrollen
Rund 1 Milliarde Euro umfasst das Budget fĂŒr die KindergĂ€rten. Rund 17.000 Euro betrĂ€gt die Förderung fĂŒr einen Platz in einem stĂ€dtischen Wiener KindergĂ€rten. Das sei viel Geld, aber ineffizient eingesetzt. "Und selbst wenn es mehr kostet, mĂŒssen wir das Problem jetzt lösen. Wir sehen sonst zu, wie eine Generation nach der anderen verloren geht", sagt ĂVP-Landesparteiobmann und Stadtrat Karl Mahrer.
Trotz zahlreicher Investitionen und langjÀhrigen Besuch des Kindergartens nur schlechtes Deutsch. Was sollte getan werden?