Rassismus auf dem Land und in Dörfern?

6 Antworten

Ich komme aus der Vorstadt, kenne mich aber auch auf den Dörfern ringsrum aus - und ich muss sagen, in den 90ern und den frühen 2000ern war das teilweise schon noch schlimm und heute ist es in manchen Gegenden immer noch ein Thema - ich gehe übrigens von "gutbürgerlichen" Landstrichen in den alten Bundesländern aus.

Kinder ostdeutscher Eltern - das war in meiner Schulzeit ein Thema, das waren halt die 90er und die Wiedervereinigung war noch frisch - bekamen das Thema bei uns "im Westen" auch oft zu spüren und wurden gemobbt. Es gab sogar bei uns an der Schule eine Lehrerin, die offen rumstänkerte auf Schüler aus der "Dädärä" (DDR) und "Sch...-Russengesichter" und diese auch so anredete, was dann mancher Mitschüler so übernahm - das kann als Mobbing werten. Da fühlt sich keiner willkommen und weiß jeder sofort, dass er nicht gern gesehen ist, wird sich entweder zurückziehen mit der Frage nach dem Warum oder aber zurückschlagen.

Ansonsten noch ein typisches Beispiel: Wenn in meiner Heimat was passierte, das im Polizeibericht der Zeitung erwähnt wurde machte der unschöne Spruch "ouh, des war bestimmt'n Russ'" schon die Runde, kaum dass die Tinte auf dem Papier trocken war... und gerade "die Russen" oder "die Russkis", wie sie manche auch gern nannten, fanden in der Gesellschaft nicht statt. Aber das war noch eine der harmloseren Episoden. Es gab auch durchaus Zeiten, in denen Farbige einfach als "Bimbos" bezeichnet wurden und so weiter - auf dem Land ganz besonders, aber ich kenne den Ausdruck auch aus der Stadt.

Das Thema betrifft im weiteren Sinne auch Personenkreise wie chronisch Kranke, Frührentner, Invaliden, Behinderte oder Homosexuelle. Einer, der sich in meiner Heimat geoutet hat, wurde von seinem Gesangverein aufs Übelste gemobbt. Das Ganze ist keine zehn Jahre her, eher fünf Jahre, und war damals ein abschreckendes Thema. Die alte Thematik vom "175er" (in Anlehnung an den Paragraphen 175) ist auf dem Land vielerorten immer noch geläufig und man muss wie so oft, wenn es um Intoleranz geht sagen, je süddeutscher und "christlicher" bzw. oftmals je katholischer das Ambiente, umso schlimmer ist es in der Regel. Das betrifft aber auch andere, die in irgendeiner Weise aus der Reihe tanzen; ich kann wie gesagt auch Dörfer, Gemeinden und ganze Kreisgebiete nennen, wo es heute noch von "Bimbos" tönt, wenn Farbige gemeint sind und man alles, was man nicht kennt, ablehnt und beschimpft.

Noch eine Anekdote am Rande: Auf einem Dorf, in dem ich beruflich öfters zu tun hatte, ist vor Jahren ein Heimatvertriebener aus dem Sudetenland gestorben, der da mehr als 50 Jahre gewohnt hat. Als ich da auf Kundenbesuch war und es ausläutete fragte ich den Kunden, wer gestorben sei (war ein Alteingesessener) und der meinte erst mal "ach, nur der Zugezogene", bis ich drauf kam, dass da der Herr XYZ starb, den mein Großonkel kannte und der da über 50 Jahre lang lebte. Der hatte einen deutschen Namen, aber trotzdem - solche Dörfer "sind so" und das wird von Generation zu Generation weiter gegeben; im weitesten Sinne kann auch so was, je nachdem, wie man es sehen will, durchaus als Rassismus definieren.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung

Ich sehe kein strukturelles Rassismusproblem und Einzeltäter wird es immer geben.

Jenda88 
Fragesteller
 29.05.2023, 21:33

Also rassistische Strukturen siehst du nicht.

Rassismus war mal. Der ist jetzt quasi weg.

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meowmint  29.05.2023, 21:39
@Jenda88

Dir ist bewusst was strukturell bedeutet? Wo wird denn jemand rassistisch behandelt, abgesehen von Begegnungen mit ein paar Menschen, bei denen was locker ist?

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Rassismus wird es immer geben. Minderheiten eigenen sich ideal als Sündenböcke. Rassismus ist, nach meiner Erfahrung, dort - meist - am grössten, wo die Menschen am wenigsten Kontakt zu den Mitmenschen, die sie verurteilen, haben.

Denn nur schon das Zusammenleben mit Minderheiten beseitigt viele Vorurteile.

Ca. 50 % der Menschen auf dem Land, zumindest in Österreich, arbeiten in nahegelegenen Städten und Kleinstädten.
Ich lebe auch auf dem Dorf und fahre täglich 9 Kilometer in eine 25.000 EW Stadt, um dort zu arbeiten, bzw. jetzt wieder zu studieren.

Keine Sorge. Auch wir Landbewohner werden genug bereichert.

Ich sehe eher ein Problem in der ausufernden Ausländerkriminalität, die mittelbar
auch eine Auswirkung auf rassistische Vorfälle hat.

Jenda88 
Fragesteller
 29.05.2023, 21:36

Weil auch nur Ausländer kriminell sind nehme ich an. Sieht man ja in den Medien eindeutig.

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Bock13  30.05.2023, 14:28
@blackbarefoot

Definitiv nicht.

Aber wenn die Anzahl der Straftaten von Ausländern ins Verhältnis zu der Zahl der in Deutschland lebenden Ausländern stellt, DANN sind das durchaus Zahlen, die man als mehr als besorgniserregend bezeichnen darf.

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