Mein Freund und ich (beide 24) sind seit drei Jahren zusammen. Von Anfang an hatten wir keine klassische Verliebtheitsphase – es gab kaum Zärtlichkeiten, kaum Intimität, keine tiefen Gespräche. Stattdessen lief der Alltag reibungslos: Aufgaben wurden erledigt, wir funktionierten gut als Team. Organisatorisch gab es nie Probleme – er ist fleißig, zuverlässig, und alles, was „zu tun“ ist, macht er gewissenhaft.
Aber genau das ist der Punkt: Es geht immer nur ums Tun. Nähe, emotionale Gespräche oder gemeinsame Entspannung – all das fehlt seit Beginn. In den drei Jahren waren wir vielleicht 15 Mal intim, und wir hatten nicht ein einziges richtiges, tiefes Gespräch. Selbst im Urlaub nicht – da ging es dann um „ich muss jetzt schwimmen gehen“ oder andere Aktivitäten. Er kann einfach nicht abschalten.
Mit der Zeit wurde deutlich, dass er an einer Zwangsstörung leidet. Typisch ist z. B., dass er abends um 22 oder 23 Uhr anfängt zu saugen oder zu putzen, anstatt sich mal hinzusetzen und mit mir über den Tag zu sprechen. Seine Gedanken kreisen ständig ums „Machen“ – als hätte er innere Listen, die nie enden.
Ich habe wirklich alles versucht: Gespräche, Verständnis, Lösungsangebote, sogar Vorschläge für Klinik oder Therapie. Doch er sagt nur, er sei „nicht bereit“. Ich habe ihm sogar – was mir extrem schwerfiel – ein Ultimatum gesetzt: Wenn er mir in zwei Wochen nicht zumindest einen Schritt zeigt, in Richtung Veränderung, dann kann ich das so nicht mehr. Doch seine einzige Antwort nach zwei Wochen war: „Es tut mir leid, ich habe mir keine Gedanken gemacht.“ Ich habe mein Wort gebrochen und nicht Schluss gemacht weil ich sehe in seinen Augen das es nicht extra ist…
Er sagt, er liebt mich – und ich glaube ihm das sogar. Und ich sehe, dass er nicht absichtlich so ist. Ich glaube, er kann vieles nicht. Aber trotzdem kommt keinerlei Initiative von ihm. Keine kleinen Gesten, keine Dankbarkeit, kein sichtbarer Wille, irgendetwas zu ändern.
Ich fühle mich allein, ich kämpfe allein – und ich gehe daran kaputt. Ich weine fast täglich, obwohl ich so sehr versucht habe, diese Beziehung zu halten. Ich bin niemand, der leichtfertig etwas aufgibt. Ich liebe ihn. Aber ich kenne seit drei Jahren nicht, wie es ist, in einer Beziehung wirkliche Nähe, Intimität, emotionale Tiefe oder Zweisamkeit zu erleben – dabei sind das für mich die Grundpfeiler einer Partnerschaft.
Ich frage mich: Ist das vielleicht einfach sein Charakter? Oder ist es „nur“ die Störung? Und vor allem: Will er sich überhaupt helfen lassen – irgendwann? Oder bleibt es für immer so?
Ich habe auch Zukunftswünsche – ich möchte irgendwann Familie, ein Zuhause mit jemandem, der emotional mit mir verbunden ist. Doch ich frage mich immer öfter: Soll ich ihn verlassen, auch wenn ich ihn liebe – einfach weil ich nicht mehr kann? Ihm gleichzeitig signalisieren, dass ich ihn nicht im Stich lasse, wenn er sich helfen lassen will, aber meinen eigenen Weg gehe?
Ich bin gerade völlig überfordert. Ich weiß nicht mehr, was richtig ist. Vielleicht hat jemand hier ähnliche Erfahrungen gemacht oder einen Rat für mich?
Danke fürs Lesen.