Textbausteine um Satire / Sarkasmus / Witze für jeden erkenntlich zu machen. Wie würdet Ihr es formulieren?

10 Antworten

Von Experte DianaValesko bestätigt

Ging Politiksatire vor Jahrzehnten noch grenzenlos weit, wurde diese meines erachtens tatsächlich jetzt sehr eng. Ich persönlich fand die Satire über die, in ihrer Jugend gerne trampolinspringende Frau Baerbock lustig, da hatte jemand geschrieben, sie sei wohl mit dem Kopf zu oft an die Decke gekommen, was ihr Urteilsvermögen in der Aussenpolitik trüben würde. Sie hat Klage dagegen eingereicht und gewonnen.

Dazu meine Meinung, wie ich hoffe, dass Satire betrachtet werden sollte, in einem Lied von Danger Dan. https://youtu.be/Y-B0lXnierw

wer einen Hinweis daraufbraucht das etwas ironisch, sarkastisch, als Satire oder sonstwie nicht 100% wörtlich und genau zu nehmen ist der ist schon längst für alles außer vielleicht Tittenwitze und Fäkalhumor verloren. Muss man wirklich für diese kleine, unterbelichtete Minderheit überall nette kleine Schidchen dran kleben die diesen Tieffliegern sagen wann etwas wörtlich zu nehmen ist und wann es mit Humor betrachtet sein will?


Surbasax  05.05.2025, 15:31

Naja, wenn man vermeiden will, dass diese Gruppe fehltgeleitet und mit Falschbehauptungen bombardiert wird, dann ja.

Nimm doch das Bild oben als Beispiel. Ohne Hintergrundwissen könnte man das problemlos ernst nehmen und daraus falsche Schlüsse ziehen.

Humor ist auch nicht so ein universelles Ding, sondern etwas sehr subjektives.

Achwasweissich  05.05.2025, 16:12
@Surbasax

und was man lustig finden, darf oder über wen man lachen darf legt dan wer genau fest? Geben die dann auch die staatlich zugelassenen Karikaturen raus?

koofenix  05.05.2025, 15:19

Wenn es vor staatlicher Willkür bewahrt.

Inkognito-Nutzer   05.05.2025, 15:23

Leider ja. So sind zumindest humorvolle Menschen vor der Justiz bewahrt, wenn wieder mal einer einen Witz nicht kapiert hat.

Woke Menschen verstehen keine Satire mehr" und womöglich ist da was dran.

Ich muss da immer an den Aufschrei bei der alten Umweltsau denken.

wäre es hilfreich einen eindeutigen Hinweis unter Memes zu schreiben

Ich nenn das Nivellierung nach unten. Wer Ironie und Sarkasmus nicht versteht, der blamiert sich eben so lange, bis er es gelernt hat. Problem gelöst.

Man kann ja nicht andere verpflichten, irgendetwas zu tun, damit man nicht über die eigenen Füße stolpert.

Woher ich das weiß:Hobby – Angelesenes Wissen über Sprach­geschich­te und Grammatik

Was darf die Satire? Von Kurt Tucholsky (27.Januar 1919)

Frau Vockerat: «Aber man muß doch seine Freude haben können an der Kunst.»
Johannes: «Man kann viel mehr haben an der Kunst als seine Freude.»
Gerhart Hauptmann
Wenn einer bei uns einen guten politischen Witz macht, dann sitzt halb Deutschland auf dem Sofa und nimmt übel.
Satire scheint eine durchaus negative Sache. Sie sagt: „Nein!“ Eine Satire, die zur Zeichnung einer Kriegsanleihe auffordert, ist keine. Die Satire beißt, lacht, pfeift und trommelt die große, bunte Landsknechtstrommel gegen alles, was stockt und träge ist.
Satire ist eine durchaus positive Sache. Nirgends verrät sich der Charakterlose schneller als hier, nirgends zeigt sich fixer, was ein gewissenloser Hanswurst ist, einer, der heute den angreift und morgen den.
[43] Der Satiriker ist ein gekränkter Idealist: er will die Welt gut haben, sie ist schlecht, und nun rennt er gegen das Schlechte an.
Die Satire eines charaktervollen Künstlers, der um des Guten willen kämpft, verdient also nicht diese bürgerliche Nichtachtung und das empörte Fauchen, mit dem hierzulande diese Kunst abgetan wird.
Vor allem macht der Deutsche einen Fehler: er verwechselt das Dargestellte mit dem Darstellenden. Wenn ich die Folgen der Trunksucht aufzeigen will, also dieses Laster bekämpfe, so kann ich das nicht mit frommen Bibelsprüchen, sondern ich werde es am wirksamsten durch die packende Darstellung eines Mannes tun, der hoffnungslos betrunken ist. Ich hebe den Vorhang auf, der schonend über die Fäulnis gebreitet war, und sage: „Seht!“ – In Deutschland nennt man dergleichen ‚Kraßheit‘. Aber Trunksucht ist ein böses Ding, sie schädigt das Volk, und nur schonungslose Wahrheit kann da helfen. Und so ist das damals mit dem Weberelend gewesen, und mit der Prostitution ist es noch heute so.
Der Einfluß Krähwinkels hat die deutsche Satire in ihren so dürftigen Grenzen gehalten. Große Themen scheiden nahezu völlig aus. Der einzige ‚Simplicissimus‘ hat damals, als er noch die große, rote Bulldogge rechtens im Wappen führte, an all die deutschen Heiligtümer zu rühren gewagt: an den prügelnden Unteroffizier, an den stockfleckigen Bürokraten, an den Rohrstockpauker und an das Straßenmädchen, an den fettherzigen Unternehmer und an den näselnden Offizier. Nun kann man gewiß über all diese Themen denken wie man mag, und es ist jedem unbenommen, einen Angriff für ungerechtfertigt und einen anderen für übertrieben zu halten, aber die Berechtigung eines ehrlichen Mannes, die Zeit zu peitschen, darf nicht mit dicken Worten zunichte gemacht werden.
Übertreibt die Satire? Die Satire muß übertreiben und ist ihrem tiefsten Wesen nach ungerecht. Sie bläst die Wahrheit auf, damit sie deutlicher wird, und sie kann gar nicht anders arbeiten als nach dem Bibelwort: Es leiden die Gerechten mit den Ungerechten.
Aber nun sitzt zutiefst im Deutschen die leidige Angewohnheit, nicht in Individuen, sondern in Ständen, in Korporationen zu denken und aufzutreten, und wehe, wenn du einer dieser zu nahe trittst. Warum sind unsere Witzblätter, unsere Lustspiele, unsere Komödien und unsere Filme so mager? Weil keiner wagt, dem dicken Kraken an den Leib zu gehen, der das ganze Land bedrückt und dahockt: fett, faul und lebenstötend.
Nicht einmal dem Landesfeind gegenüber hat sich die deutsche Satire herausgetraut. Wir sollten gewiß nicht den scheußlichen unter den französischen Kriegskarikaturen nacheifern, aber welche Kraft lag in denen, welch elementare Wut, welcher Wurf und welche Wirkung! Freilich: sie scheuten vor gar nichts zurück. Daneben hingen unsere [44] bescheidenen Rechentafeln über U-Boot-Zahlen, taten niemandem etwas zuleide und wurden von keinem Menschen gelesen.
Wir sollten nicht so kleinlich sein. Wir alle – Volksschullehrer und Kaufleute und Professoren und Redakteure und Musiker und Ärzte und Beamte und Frauen und Volksbeauftragte – wir alle haben Fehler und komische Seiten und kleine und große Schwächen. Und wir müssen nun nicht immer gleich aufbegehren (‚Schlächtermeister, wahret eure heiligsten Güter!‘), wenn einer wirklich einmal einen guten Witz über uns reißt. Boshaft kann er sein, aber ehrlich soll er sein. Das ist kein rechter Mann und kein rechter Stand, der nicht einen ordentlichen Puff vertragen kann. Er mag sich mit denselben Mitteln dagegen wehren, er mag widerschlagen – aber er wende nicht verletzt, empört, gekränkt das Haupt. Es wehte bei uns im öffentlichen Leben ein reinerer Wind, wenn nicht alle übel nähmen.
So aber schwillt ständischer Dünkel zum Größenwahn an. Der deutsche Satiriker tanzt zwischen Berufsständen, Klassen, Konfessionen und Lokaleinrichtungen einen ständigen Eiertanz. Das ist gewiß recht graziös, aber auf die Dauer etwas ermüdend. Die echte Satire ist blutreinigend: und wer gesundes Blut hat, der hat auch einen reinen Teint.
Was darf die Satire?
Alles.

https://de.wikisource.org/wiki/Was_darf_die_Satire%3F_(Tucholsky)