Meinung des Tages: Wie bewertet ihr die Mitte-Studie zum Rechtsextremismus in Deutschland?

21 Antworten

  1. Weil die Fragen einem direkten Einfluss der Entwicklung in der Realität ausgesetzt sind. So lange Flüchtlinge die den Sozialstaat belasten ein Thema sind und dieses Thema ungelöst andauert werden logischerweise immer mehr Menschen dazu tendieren eine Frage wie "Ausländer kommen hierher, um den Sozialstaat auszunützen" bejahen.
  2. Weil einige Fragen zu schwammig sind. "Der Nationalsozialismus hatte auch seine guten Seiten." ist eine Verharmlosung, aber es ist eben auch sachlich richtig. Hätte er keine guten Seiten gehabt wäre er von vornherein von allen abgelehnt worden...
  3. Die Studie bezeichnet rechtsradikales Gedankengut als rechtsextrem. Es ist nicht rechtsextrem weniger Flüchtlinge im Land zu wollen oder sich ein starkes Deutschland zu wünschen. Rechtsextrem wäre es sich zu wünschen, dass dies am Rechtsstaat vorbei mit Gewalt erzwungen wird - das ist aber nicht Gegenstand der jeweiligen Fragestellungen.

Es gibt laut dieser Studie eine Tendenz der Mitte nach Rechts, wobei auch das willkürlich definiert wurde - viel mehr ist es eine Rückkehr der Mitte zur Mitte. Dass damit auch extremistische Tendenzen am äußersten Rand steigen kann man annehmen, wird aber nicht belegt.

Was kann man dagegen tun? Nun, in der Erziehung macht man es falsch, wenn man immer nur alles verbietet anstatt Alternativen anzubieten. Das Kind wird die Verbote irgendwann einfach ignorieren, weil sein grundlegendes Problem mit Verboten nicht gelöst wird. Und genauso ist es hier. Die Menschen haben es satt, dass ihnen die "falschen" Gedanken und Ideen immer nur verboten werden. Von der Belehrung darüber, dass man Flüchtlingen nicht unterstellen darf sie kämen nur wegen der Sozialleistungen, wird die Belastung der Sozialsysteme durch Flüchtlinge nicht kleiner.

Auch würde die Differenzierung helfen, welche Argumente tatsächlich auch eine sachliche Grundlage haben und welche wirklich tiefster Unsinn sind. Dass Flüchtlinge wegen der Sozialleistungen nach Deutschland kommen ist nicht falsch, genauso wenig wie die Tatsache, dass Flüchtlinge überproportional zur Kriminalität beitragen. Würde man die Diskussion über "viele Flüchtlinge machen den Stadteil unsicher" erlauben und nur "das sind alles Vergewaltiger" klar ablehnen, dann würden sich viele eher zu erstere Position tendieren. So lange man aber beides als übelstes Nazigedankengut in einen Topf wirft werden auch beide Aussagen gleichermaßen verfänglich bleiben.

Eigentlich sehe ich eher eine Normalisierung als eine Radikalisierung. Es scheint ein unabänderliches "Naturgesetz" zu sein, dass ein gewisser Anteil in allen Gesellschaften radikalen Modellen anhängt, das war in Deutschland aufgrund der Erfahrungen mit dem Nationalsozialismus eher stark unterdurchschnittlich und gleicht sich jetzt wieder normalen Werten an, je größer der Abstand zur erlebten Diktatur ist (sowohl NSDAP als auch SED), desto "harmloser" scheint die Regierungsform der Diktatur zu wirken, weil einfach die schlechten Erfahrungen fehlen und zu allem Überfluss die schlechten Dinge schneller vergessen werden als die positiven Elemente.

Gleichwohl sollte das natürlich ein gesamtgesellschaftliches Warnsignal sein, auf das die Politik Antworten finden muss - und die könnten womöglich auch darin bestehen, nicht immer nur Friede, Freude, Eierkuchen zu versuchen, sondern auch mal Klartext zu reden, vor allem aber muss man sich primär auf die Mitte der Gesellschaft fokussieren, die am Ende Staat und Demokratie trägt; genau da bröckelt es aber, weil die den Eindruck hat, alles zu verlieren und auch nicht beachtet zu werden.

gutefrage 
Fragesteller
 21.09.2023, 11:30

Recht herzlichen Dank auch an Dich für Deine ausführliche Meinung zum Thema!

0
Wie bewertet ihr diese Studie?

2000 Menschen finde ich schon sehr wenig, um da einen wirklichen Schnitt für Deutschland zu erstellen. Aber abgesehen davon, ist es schon richtig, dass ein zunehmen von extremen Meinungen in der Gesellschaft deutlich wahrnehmbar ist.

Was sind die Gründe für die zunehmende Tendenz zum Rechtsextremismus? 

Die zunehmende Unzufriedenheit, gerade der weniger wohlhabenden Bevölkerung. Es ist allgemein bekannt, dass da ein Sündenbock gesucht wird. Da spielt es auch keine Rolle, ob dies gerechtfertigt ist, oder nicht.

Wie könnte dem entgegen gewirkt werden?

Man muss bei diesen Leuten das Vertrauen in die Demokratie wieder herstellen. Da sehe ich die aktuell großen Parteien Deutschlands in der Pflicht. Keine hat davon etwas zu bieten, was den kleinen Mann zu Gute kommt.

Ein "Aber die Anderen..." hilft da als Argument auch nicht, wenn man dies anspricht.

LG.

xNevan  21.09.2023, 10:30
2000 Menschen finde ich schon sehr wenig, um da einen wirklichen Schnitt für Deutschland zu erstellen.

Weswegen die Aussagdkraft der Studie mangelhaft ist. Zumal auch nicht klar ist wo gefragt wurde. Ob in Köln, Berlin oder einem Dorf in Sachsen macht einen riesen Unterschied.

3
Zwitscherling  21.09.2023, 10:39
@xNevan
Zumal auch nicht klar ist wo gefragt wurde. 

Wenn die Aussage im Text des FS stimmt, dann erfolgte das Stichprobenartig über Telefon.

Aber es ist schon richtig. Das ändert nichts an der Tatsache, dass zu wenige befragt wurden.

0
guterfrager5  21.09.2023, 10:44
@xNevan

Der Ort ist aber vernachlässigbar, wenn bei jeder Durchführung der gleiche Ort gewählt wird (:

0
Zwitscherling  21.09.2023, 10:57
@guterfrager5

Nein das ist nicht der Fall.

Dann wäre die Studie nur repräsentativ für die entsprechende Region und nicht für ganz Deutschland.

0
musso  21.09.2023, 10:58
@xNevan

die Postleitzahl wird erhoben, man kann das durchaus zuordnen und sich die Verteilung angucken und ggf. gewichten

0
gutefrage 
Fragesteller
 21.09.2023, 11:27
@Zwitscherling

Die Leute wurden über das Telefon befragt. Es gibt allerdings innerhalb der Studie explizit auch einen Unterschied zwischen West und Ost. Allerdings sagt die Studie, dass es sich generell durch ganz Deutschland zieht.

1
xNevan  21.09.2023, 12:37
@guterfrager5

Jain, Wenn jedes Jahr in der gleichen Stadt befragt wurde kann man das eventuell noch rechtfertigen. Dann dürften die Ergebnisse aber nicht auf Deutschland extrapoliert werden sondern gelten nur für den Ort.

0
xNevan  21.09.2023, 12:37
@musso

Ah ok. Gut zu wissen. Danke für die Info.

0
gutefrage 
Fragesteller
 21.09.2023, 11:28

Danke für Deine kritische Meinung. Explizit sagt die Studie, dass beispielsweise im Osten in ländlichen Regionen eine überdurchschnittliche Zustimmung zu sehen ist. Dennoch scheint sich das Ergebnis durch ganz Deutschland zu ziehen.

0
xubjan  21.09.2023, 13:19
Keine hat davon etwas zu bieten, was den kleinen Mann zu Gute kommt.

Genau das ist das Problem: Es wird viel geboten. Aber durch ein Geflecht aus Lügen der extremistischen AfD und schlechter Kommunikation kommt das nicht mehr an.

0
Zwitscherling  21.09.2023, 13:41
@xubjan
Genau das ist das Problem: Es wird viel geboten.

Aber was denn?

Die Reallöhne waren lang nicht her so niedrig und sie fallen tendenziell weiter und viele Maßnahmen der EU und der Regierung Deutschlands gehen zu Lasten kleiner Leute.

1
xubjan  21.09.2023, 13:59
@Zwitscherling
Aber was denn?

Nur mal eines von so einigen Beispielen: Inflationsausgleichsprämie. Ob nun das korrekte Mittel, ob perfekt austariert oder nicht, sei dahingestellt. Es gibt eine ganze Reihe von Dingen, die gemacht werden, um das irgendwie alles im Griff zu behalten.

Überlege mal, warum so etwas auch bei dir nicht ankommt im Kopf. Da liegt denke ich die Wurzel des Übels.

Die Radikalen reden der Masse ein, dass alles den Bach runter geht, obwohl teilweise sogar das Gegenteil passiert. Wenn man dann mit Fakten kommt, wird man massiv angefeindet und als "Du bist ein Jubelperser" u.ä. verschrien. Ja, genau diese Dinge liest und hört man mittlerweile permanent. Dabei sage ich ja nicht, dass alles perfekt ist. Ich sage nur, wo die Ursachen liegen und dass so einiges passiert.

Womit ich wieder bei meiner These bin, dass es ein Geflecht aus Lügen der Radikalen und einer schlechten Kommunikation ist. Denn wenn man dauerhaft vernünftig kommunizieren würde, würden diese Lügengebilde in sich zusammenfallen. Dann würden die Menschen merken, dass sie seit zehn Jahren immer die exakt gleichen Lügen hören, ohne dass hier das ganze Land zusammengebrochen wäre. So wie bei den Zeugen Jehovas. Wer glaubt denen ihren schon 50mal verschobenen "jetzt wirklich wirklich kommenden" Weltuntergang denn noch?

0
xubjan  21.09.2023, 14:02
@Zwitscherling
Die Reallöhne waren lang nicht her so niedrig und sie fallen tendenziell weiter und viele Maßnahmen der EU und der Regierung Deutschlands gehen zu Lasten kleiner Leute.

Die Reallöhne sind das ein oder andere Jahrzehnt gestiegen. Die Lohnsteigerungen waren sehr lange über der Inflation. Ja, letztes Jahr hat sehr zugeschlagen, aber unsere Regierung schreibt nicht per Gesetz jeden Lohn jedes Berufes vor.

Klar ist das schwierig und klar schlägt das auf. Andererseits: Die Strompreise sind seit fast einem Jahr wieder stabil "billig". Inzwischen auf dem Niveau von 2017. Damals wurde nicht über diese massiv hohen Strompreise gemeckert oder nur leise. Plötzlich ist aber bis heute in jedem Kopf, dass der Strom unbezahlbar ist...

Das ist fehlendes Realitätsbewusstsein in meinen Augen.

0
Zwitscherling  21.09.2023, 16:52
@xubjan

Um das erstmal einzuräumen. Ja, die Regierung ist diesbezüglich nicht untätig.

Was aber fehlt, sind langfristige Lösungen.

Ja, die Prämien waren nett. Viel besser war allerdings die Übergewinnsteuer für Energieunternehmen. Hat wenigstens etwas die von der Regierung beschlossene CO2 Steuer abgefeuert.

Sowas in der Art müsste ausgeweitet werden und z.B. auch für Krankenkassen oder Vermieter her.

Überlege mal, warum so etwas auch bei dir nicht ankommt im Kopf. Da liegt denke ich die Wurzel des Übels.

Damit wollte ich suggerieren, dass es neben den Entlastungen eben auch Belastungen gibt, welche die Leute in der praxis direkt im Geldbeutel spüren.

Die Radikalen reden der Masse ein, dass alles den Bach runter geht, obwohl teilweise sogar das Gegenteil passiert. Wenn man dann mit Fakten kommt, wird man massiv angefeindet

Dies gilt allerdings für beide Seiten.

Womit ich wieder bei meiner These bin, dass es ein Geflecht aus Lügen der Radikalen und einer schlechten Kommunikation ist. Denn wenn man dauerhaft vernünftig kommunizieren würde, würden diese Lügengebilde in sich zusammenfallen. Dann würden die Menschen merken, dass sie seit zehn Jahren immer die exakt gleichen Lügen hören, ohne dass hier das ganze Land zusammengebrochen wäre. So wie bei den Zeugen Jehovas. Wer glaubt denen ihren schon 50mal verschobenen "jetzt wirklich wirklich kommenden" Weltuntergang denn noch?

Dem stimme ich schon zu. Nur muss man auch verstehen, dass nicht jeder, der Kritik an der aktuellen Regierung übt, ein radikaler ist oder auf deren Lügen reinfällt.

Sehr viele sind einfach in Abstiegs oder gar Existenzängste geraten, die durchaus berechtigt sind.

Nur im das noch zu erwähnen. Ist die Regierung an der aktuellen Lage schuld? Nein, größtenteils nicht. Könnte sie mehr tun um die Bevölkerung zu entlasten? Definitiv. Würde dies die Menschen abhalten die AfD zu wählen? Ich denke schon.

0
xubjan  21.09.2023, 17:49
@Zwitscherling
Um das erstmal einzuräumen. Ja, die Regierung ist diesbezüglich nicht untätig.

Wäre auch albern, das zu leugnen. Dennoch hast du dich zum plakativen Satz hinreißen lassen, dass nichts getan werden würde. Nicht mal etwas angeboten würde.

Was für dich ein plakativer Satz ist, den du bei kurzem Nachdenken sofort relativierst, ist für viele selbsternannte Protestler purer Ernst. Die leben in einer Fantasiewelt, in der tatsächlich nie was für "die Menschen" getan wird.

Was aber fehlt, sind langfristige Lösungen.

Mach mal ein Gedankenexperiment. Stell dir vor, du würdest Anfang der 1970er Politiker in Verantwortung sein. Du würdest das Wissen von heute haben. Was würdest du an "langfristigen Lösungen" machen, damit du zu keinem Zeitpunkt in Probleme schlidderst?

Nun mache das Gedankenexperiment, wenn du nicht das Wissen von heute, sondern nur das Wissen bis 2010 hättest. Dann das Experiment, wenn du nur das Wissen bis 2000 hättest usw.

Seriös müsstest du zum Ergebnis geben, dass du je nachdem, wie viel du von der Zukunft weißt (oder erahnst) völlig unterschiedliche Wege einschlagen würdest. Das perfekte System gibt es gar nicht. Alles hat stets Vorteile und Nachteile. Und manchmal ändert sich auch die Wahrnehmung.

Beispiel: Man hätte vor 50 Jahren nicht im Traum dran gedacht, dass es so etwas wie "frühkindliche Bildung" gibt. Tatsächlich ist auch die wissenschaftliche Untersuchung dazu erst vor wenigen Jahrzehnten ernsthaft entstanden. Dementsprechend hättest du mit dem Wissen von damals nie vorhersehen können, dass es sowas wie kostenfreien Zugang zu Kindergarten/Kitas usw. geben sollte, selbst wenn du das Ziel einer kostenfreien Bildung fest im Programm verankerst.

Damit wollte ich suggerieren, dass es neben den Entlastungen eben auch Belastungen gibt, welche die Leute in der praxis direkt im Geldbeutel spüren.

Sie spüren aber auch die Entlastungen sehr deutlich im Geldbeutel. Beispielsweise 100€ steuerfrei monatlich ist auch für Geringverdiener ein deutliches Wort. Rechne das mal in Prozent um. Das muss da jeder spürten, dessen Betrieb das auszahlt (und es waren sehr viele Betriebe). Und das war ja nur eine von mehreren Maßnahmen.

Aber: Sie nehmen es trotzdem nicht mehr wahr. Obwohl sie es direkt spüren, sehr direkt, kommt es im Kopf nicht an.

So ist meine Wahrnehmung nach vielen Gesprächen hier vor Ort mit den vielen, die frustriert sind.

Dies gilt allerdings für beide Seiten.

Wen meinst du mit der anderen Seite? Die Mitte? Das Interessante ist ja eher, dass die sogenannten Fakten der Rechtsradikalen fast immer frei erfunden sind. Oder sie sind aus Einzelfällen derart pauschalisiert, dass man nicht mehr von Fakten sprechen kann.

Ja, das muss dann erst mal korrigiert werden und schon knallt es in der Diskussion. Denn ein ernsthafter Austausch von Argumenten kommt nicht zustande, wenn schon die Faktenebene nicht zusammenpasst.

Aber ja, es ist zunehmend so, dass viele bei gewissen Schlagwörtern nur noch die Augen verdrehen. Ich ertappe mich auch dabei, versuche halt dagegen anzukämpfen. Es bringt ja nichts, wenn ich einen, der von den zigfach kriminelleren Ausländern faselt, sofort "Du bist ein rechtsradikaler Hetzer" an den Kopf werfe. Ich versuche es trotzdem, erst mal diese Sachebene mit Fakten zu korrigieren und erst, wenn der Gegenüber aggressiv wird usw., dann landet er auch in der entsprechenden Schublade.

Das sind alles so Beispiele und von denen kann ich hunderte bringen. Wo man sich als normaler Mensch immer fragt "Wie kommen die auf so einen Blödsinn? Wo kommt das her? Wieso leben sie nicht in der Realität?"

Energiepreise ist so ein Thema. Die sind seit fast einem Jahr nachweisbar im Keller bzw. was wir so ansehen würden. Zurück auf dem Niveau von 2017. Vielleicht war auch die Strompreisbremse, obwohl nie benötigt, das Signal an die Konzerne, mit der Abzocke aufzuhören. Jedenfalls geistert bis heute in weiten Teilen der Bevölkerung die feste Überzeugung umher, dass die Energiepreise explodiert sind und das niemand bezahlen kann. Da frage ich mich echt: Wo leben die Menschen? In was für einer Realität leben sie? Vor allem: Wenn ich dann auf die Realität verweise, wieso werde ich dann angefeindet?

Ich schweife ab mit meinen Beispielen. Ich denke, es ist klar, was ich sagen wollte. Du hast das alles sofort relativiert, aber auch dir ist die Floskel rausgerutscht, dass "die Politik" nichts machen würde...

Sehr viele sind einfach in Abstiegs oder gar Existenzängste geraten, die durchaus berechtigt sind.

Ängste zu haben, ist OK. Stets besser zu werden, auch. Aber:

Ein bisschen mehr Realitätssinn und dann auch realistische Einordnung würde auch den noch vernünftigen Menschen gut tun. Ob das dann bei den Radikalen Menschen hilft, das wage ich zwar zu bezweifeln, aber sorgen wir doch lieber dafür, dass da nicht noch mehr abdriften. Um den richtigen Weg zu streiten kann man auch, ohne dass man übertreibt, überspitzt und Märchen erzählt.

0

Das liegt sicher an "inneren" Faktoren, aber auch an äußeren, die mit einfließen. Der Ukrainekrieg mit seinen vielfältigen Folgen für uns (Inflation, Milliarden an Geldern die für innenpolitische Projekte fehlen, 1 Mio Flüchtlinge in einem Jahr) sollte nicht unterschätzt werden. Die politische Opposition hat sich ja nie mit einer solchen Situation auseinander setzen müssen und hat leicht reden.

Aber mich schreckt die Tendenz, dass die Gesellschaft tendenziell nach rechts schielt, wenn es mal schwierig wird, statt sich solidarisch zusammen zu schließen. Hier klafft die Schere zwischen Ost und West immer tiefer.

gutefrage 
Fragesteller
 21.09.2023, 11:31

Danke, dass Du mit uns Deine Sicht der Dinge geteilt hast.

0

Gaius Iulius Caesar (deutsch Gaius Julius Cäsar; * 13. Juli[2] 100 v. Chr. in Rom; † 15. März 44 v. Chr. ebenda) war ein römischer StaatsmannFeldherr und Autor, der maßgeblich zum Ende der Römischen Republik und zu ihrer späteren Umwandlung in eine faktische Monokratie beitrug. Die Neuordnung des römischen Staatswesens begann er 46 v. Chr.

Der patrizischen Familie der Julier entstammend, absolvierte er die Ämterlaufbahn und gelangte im Jahr 59 v. Chr. zum Konsulat. Kurz vorher oder während seiner Amtszeit schloss er ein informelles Bündnis mit dem reichen Marcus Licinius Crassus und dem erfolgreichen Militär Gnaeus Pompeius Magnus, das Triumvirat. In den folgenden Jahren ging Caesar als Prokonsul in die nördlichen Provinzen Illyrien und Gallia Cis- und Transalpina, von wo aus er in den Jahren 58 bis 51 v. Chr. ganz Gallien bis zum Rhein eroberte. Im anschließenden Römischen Bürgerkrieg von 49 bis 45 v. Chr. setzte er sich gegen seinen ehemaligen Verbündeten Pompeius und dessen Anhänger durch und errang die Alleinherrschaft. Nach seiner Ernennung zum Diktator auf Lebenszeit fiel er einem Attentat zum Opfer. Sein Großneffe und Haupterbe Gaius Octavius (später Kaiser Augustus) setzte den Prinzipat als neue Staatsform des Römischen Reiches durch.

Der Name Caesars wurde zum Bestandteil des Titels aller nachfolgenden Herrscher des römischen Kaiserreichs. In der römischen Spätantike und im Byzantinischen Reich bezeichnete der Titel Caesar einen Mitherrscher oder Thronfolger. In den entlehnten Formen Kaiser und Zar wurde der Name später auch zum Titel der Herrscher des Heiligen Römischen, des Österreichischen, des DeutschenBulgarischenSerbischen und Russischen Reiches.

Inhaltsverzeichnis

LebenHerkunft

Gaius Iulius Caesar entstammte dem angesehenen altrömischen Patriziergeschlecht der Julier (lateinisch gens Iulia), das seine Wurzeln auf Iulus, den Sohn des trojanischen Prinzen Aeneas, zurückführte, welcher der Sage nach Sohn der Göttin Venus war.[3] Auf dem Gipfel seiner Macht 45 v. Chr. ließ Caesar zu Ehren der Venus einen Tempel errichten, um seine Verbindung zu dieser Göttin hervorzuheben.

Caesars Familie war, gemessen am Standard des römischen Adels, nicht reich. Nur wenige Mitglieder der Familie hatten sich politisch hervorgetan: In der Frühzeit der römischen Republik im 5. Jahrhundert v. Chr. findet sich in den Konsularlisten, deren Authentizität in der Forschung umstritten ist, häufiger der Name „Iulius“. 451 v. Chr. war ein Gaius Iulius Iullus Mitglied der Decemviri legibus scribundis, die den Staat grundlegend umgestalten sollten. Für die folgenden Jahrhunderte sind nur zwei iulische Konsuln für die Jahre 267 und 157 v. Chr. nachgewiesen. Caesars gleichnamiger Vater war 92 v. Chr. Prätor; er starb 85 v. Chr.[4] Einige Verwandte waren Konsuln und Censoren. Caesars Herkunft und Verwandtschaftsverhältnisse bestimmten seine Parteinahme in der Zeit der Bürgerkriege vor. So war Caesars Tante Iulia mit dem Feldherrn Gaius Marius verheiratet, der die Kimbern und Teutonen besiegte und als mehrmaliger Konsul die politische Gruppe der populares (Popularen) im römischen Senat anführte.

Caesars Mutter war Aurelia. Seine Schwestern Iulia maior und Iulia minor heirateten Senatoren, die jedoch politisch nicht in Erscheinung traten. Iulia Minor wurde die Großmutter von Gaius Octavius, dem späteren Kaiser Augustus.

Erste Schritte in die Politik

Caesar war 15 Jahre alt, als er von seinem Vater mit Cossutia verlobt wurde. Nach dessen frühem Tod löste er 84 v. Chr. die Verbindung mit Cossutia auf.[5] Caesar heiratete 84 v. Chr. Cornelia, die Tochter des Konsuls Lucius Cornelius Cinna, der ebenfalls zur politischen Gruppe der populares gehörte.[6] Im selben Jahr wurde er auch zum flamen Dialis bestimmt, dem Oberpriester des Jupiter. Ob er tatsächlich inauguriert wurde, wird in der Forschung umstritten diskutiert.[7]

Die Familienverbindung zu Cinna und seine Verwandtschaft mit Marius brachten Caesar in Opposition zur Diktatur Sullas, der die konservative Gruppe der optimates vertrat. Sulla befahl Caesar die Scheidung von Cornelia, doch dieser widersetzte sich und verließ Rom. Auf die Bitte einflussreicher Freunde hin wurde er zwar bald begnadigt, kehrte aber nicht nach Rom zurück.

Stattdessen wurde er mit 19 Jahren Offizier im Stab des Marcus Minucius Thermus, des Proprätors und Statthalters der Provinz Asia. Um die Belagerung der Stadt Mytilene auf der Insel Lesbos zu beschleunigen, wurde Caesar an den Hof von König Nikomedes IV. von Bithynien entsandt, den er um eine Flotte bitten sollte. Später wurde Caesar nachgesagt, er habe eine homosexuelle Beziehung zu Nikomedes gehabt. Bei der anschließenden Erstürmung Mytilenes wurde Caesar mit der Corona civica („Bürgerkrone“) ausgezeichnet, die demjenigen verliehen wurde, der einem römischen Mitbürger in der Schlacht das Leben gerettet hatte.

78 v. Chr. ging Caesar als Offizier in den Stab von Publius Servilius Vatia Isauricus, der als Prokonsul in Kilikien die Piraten bekämpfte. Dort blieb er aber nicht lange, da Sullas Tod ihm die Rückkehr nach Rom ermöglichte, wo er seine politische Karriere weiterverfolgte. Er begann, wie damals üblich, als öffentlicher Ankläger und Mitglied der vigintisexviri, der untergeordneten Magistratsbeamten der Republik. Als Ankläger erregte Caesar durch einen Prozess wegen Erpressung gegen Gnaeus Cornelius Dolabella, einen Anhänger Sullas, große Aufmerksamkeit und bewies damit erneut seine Opposition zum Lager der Sullaner. Trotz seiner Niederlage in diesem Fall war sein Ruf nicht geschädigt.

Um Anfeindungen der Sullaner aus dem Weg zu gehen, entschloss Caesar sich, Rom erneut zu verlassen. Ungewöhnlich war, dass er sich nicht zu einer militärischen Mission meldete, um sich als Offizier einen Namen zu machen, sondern eine Studienreise nach Rhodos unternahm, wo er bei dem Rhetor Molon seine Redekunst verbessern wollte. Auf dem Weg nach Rhodos geriet er 75/74 v. Chr. bei der Insel Pharmakussa in die Gefangenschaft von Piraten. Angeblich habe er sie aufgefordert, ein höheres Lösegeld für ihn zu fordern, da er weitaus mehr wert sei als der geforderte Preis.[8] Nach seiner Freilassung organisierte er eine private Seestreitmacht, fing die Piraten und ließ sie kreuzigen, wie er es ihnen angekündigt hatte, als er noch ihr Gefangener war.[9]

Caesars Aufstieg
  • Anfang 73 v. Chr. wurde Caesar anstelle des verstorbenen Vetters seiner Mutter, Gaius Aurelius Cotta, in das Priesterkollegium der pontifices kooptiert.[10] 69 oder 68 v. Chr. bekleidete er schließlich die Quästur, die unterste Stufe der politisch bedeutenden Ämter der Römischen Republik. Nach Bekleidung dieses Amtes wurde er in den Senat aufgenommen. Als Quästor diente er in Spanien unter dem Proprätor Antistius Vetus. Doch bevor er nach Spanien abreisen konnte, gab es zwei Todesfälle in seiner Familie. Seine Tante Iulia und seine Frau Cornelia starben kurze Zeit nacheinander.
Woher ich das weiß:Hobby