Aktuelle Frage: Der Fusionsforschungsreaktor ITER steht massiv in der Kritik - Wie bewertest du seine Zukunft?

Das Ergebnis basiert auf 29 Abstimmungen

ITER ist nach wie vor ein wichtiges Projekt 62%
Kernfussion ist die Zukunft, aber ITER wird scheitern 17%
Andere Meinung 17%
Kernfussion ist eine Sackgasse 3%

14 Antworten

Andere Meinung

Künstliche Kernfusion geht nur, wenn man den Brennstoff dafür hat. Hat man ihn?

Die Medien plaudern hemmungslos von "Wasserstoff" und "unerschöpflich". Nur eine Kombination zweier bestimmter Wasserstoff-Isotope gilt heute aber als praktisch verwendbarer Fusionsbrennstoff: Deuterium und Tritium. Deuterium kommt in großen Mengen in der Natur vor. Tritium jedoch ist so selten, daß es künstlich hergestellt werden muß.

Das bisher verwendete Tritium entsteht als Nebenprodukt in bestimmten Typen von Kernspaltungsreaktoren. Für ITER und DEMO ist geplant, den Fusionsreaktor das Tritium, das er verbraucht, selbst herstellen zu lassen. Dazu soll in der Wand des Plasmabehälters Lithium mit Neutronen bestrahlt und Tritium daraus gebrütet werden.

Bei der Fusion werden Neutronen freigesetzt, aber ihre Zahl reicht für den Brutvorgang nicht aus. Daher sollen auch Stoffe mit bestrahlt werden, die als Neutronenvervielfacher dienen. Es sind Beryllium und Blei dafür vorgesehen. Wie es genau machbar ist, muß erst ausprobiert werden. Bei ITER sollen verschiedene Test-Blanket-Module dafür zum Einsatz kommen.

https://www.iter.org/mag/14/56

https://www.iter.org/newsline/-/3447

Ob der Brutprozeß funktioniert und ein Fusionsreaktor so viel Tritium erzeugen kann, wie er gleichzeigig verbraucht, weiß noch niemand.

Die ITER-Leute sagen, daß es nach ITER keine ausreichende externe Quelle für Tritium zur Fusionsentwicklung mehr geben wird, und daß die erfolgreiche Entwicklung des Tritiumbrütens deshalb entscheidend für die Zukunft der Fusionsenergie sein wird.

No sufficient external source of tritium exists for fusion energy development beyond ITER, making the successful development of tritium breeding is essential for the future of fusion energy.

https://www.iter.org/mach/TritiumBreeding

Sollte die Selbstversorgung mit Tritium nicht gelingen, wird es nie eine eigenständige Fusionsindustrie geben. Falls man dennoch Fusionsreaktoren betreibt, werden sie technische Anhängsel der Anlagen sein, die sie mit Tritium versorgen: Schwerwasserreaktoren, in denen Uran oder Plutonium gespalten wird.

Woher ich das weiß:Recherche
ITER ist nach wie vor ein wichtiges Projekt

Dafür ist ITER ja ein Forschungsreaktor, und kein Produktionsreaktor. Rückschläge sind zu erwarten, ebenso das Auftreten von Problemen. Diese wird man erkennen und lösen müssen, und damit vermeiden, dass die bei zukünftigen Reaktoren, womöglich auch Produktionsreaktoren, auftreten werden.

ITER ist auch nicht der einzige Forschungsreaktor, und jeder fokussiert auf ein anderes Teilgebiet des kompletten Komplexes "Energiegewinnung mittels Kernfusion". Sollte Kernfusion in Zukunft eine praktikable Quelle zur Deckung unseres Energiebedarfs werden, waren alle diese Forschungsreaktoren sowie die damit erkannten und gelösten Probleme notwendig auf dem Weg dahin.

ITER ist nach wie vor ein wichtiges Projekt

Der Weg zur Kernfusion ist steinig, kann sich aber langfristig für unseren künftigen Energiebedarf doch lohnen.

Das Ziel bei der Fusion ist vorerst einmal, mehr Energie herauszuholen, als zur Erhaltung der Fusion hineingesteckt werden muss. Diese Unternehmen sind mit hohen Kosten verbunden und es ist höchst ungewiss, ob tatsächlich brauchbare Fusionsreaktoren folgen werden.

Das Laserexperiment in den USA war nur erfolgreich bezüglich der reinen Laserenergie. Betrachtet man zusätzlich den Wirkungsgrad zur Erzeugung der Laserstrahlen, ist die Energieausbeute nach wie vor negativ.

Vor 50 Jahren glaubte man noch, relativ schnell auf empirischem Weg zu einem Fusionsreaktor zu kommen, doch die Stabilität des Plasmas bekommt man erst heute mit großen Anlagen, ausgeklügelten Magnetfeldern und Supercomputern langsam in den Griff.

Damals hieß es immer wieder, dass die Kernfusion in 20 Jahren Tatsache sei. Heutige Schätzungen sind jedoch bedeutend weniger optimistisch.

https://www.nzz.ch/meinung/kommentare/fusionsreaktor-iter-spiel-mit-dem-feuer-ld.90906

Woher ich das weiß:Recherche
Ralph1952  20.06.2023, 17:50

Ergänzung: Eine weitere Einschränkung bei der heute möglichen Kernfusion ist, dass sie als Ausgangsstoffe Deuterium und Tritium benötigt. Deuterium ist auf der Welt genügend vorhanden aber Tritium muss im Reaktor ständig neu erbrütet werden. Langfristiges Ziel muss sein, Deuterium mit Deuterium zu verschmelzen, was jedoch viel schwieriger ist (u.a. noch höhere Temperaturen notwendig).

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Andere Meinung

Du sagst es ITER ist nicht nur ein kommerzielles Projekt sondern ein Forschungsprojekt. Es wird an der Plasmaheizung, -diagnostik und -kontrolle und die Erprobung verschiedener Konstruktionen zum Erbrüten von Tritium geforscht. Es soll ein Brennen des Plasmas bis zu einer Stunde erreicht werden, und die freigesetzte Fusionsleistung soll dabei die eingebrachte Heizleistung um das Mehrfache übersteigen. Das Forschung teuer ist, ist klar aber wenn alle an einem Strang ziehen erst dann kann man neue Rückschlüsse für die Zukunft erlangen.

Woher ich das weiß:Hobby
ITER ist nach wie vor ein wichtiges Projekt

Was viele Leute nicht verstehen ist, welche gewaltige Wirkung zum Guten billige und saubere Energie wäre.

Es wäre der Königsweg zu einer rundherum besseren Welt.

Am Ende ist alles im Universum Energie.

Wenn wir eine billige, saubere Energiequelle fänden, könnten wir die meisten Menschheitsprobleme beseitigen. Diese Möglichkeit its so bedeutend, dass es nicht genug Geld für solche Projekte geben kann.

Selbst wenn ITER am Ende nicht der Durchbruch ist, war es wichtig es versucht zu haben und auch dann sind gewaltige Erkenntnisse und Erfahrungen aus dem Projekt gekommen.

ITER und andere Fusionsprojekte kosten ein Taschengeld verglichen mit dem was unser Energiesystem heute kostet und ihr Potential ist unglaublich gewaltig.

Wenn ein Fusionsprojekt einen Durchbruch hat, könnte unser Leben heute in 50 Jahren aussehen wie das finsterste Mittelalter für uns aussieht.

Für diese Zukunft sind ein paar lächerliche Milliarden gut angelegt.

LegatAdler 
Fragesteller
 20.06.2023, 10:01

Der Adler dankt für diesen exzellenten Beitrag 🦅

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Gehilfling  20.06.2023, 10:12

Da kann man nichts hinzufügen.

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CatsEyes  20.06.2023, 10:43

👍👍👍

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evtldocha  20.06.2023, 11:28

Sorry, das ich das so sagen muss, aber ich lese lauter konjunktivische Totschlagsargumente auf dem Peanuts-Niveau von einstigen DeuBa Chef Kopper.

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Oppulus  20.06.2023, 11:33
@evtldocha

Danke für deine Nachricht. Ich freue mich immer von Fans zu hören! Hinterlass mir ein Like und ein Danke und vergiss nicht meinen Kanal mit Glöckchen zu abonnieren damit du auch in Zukunft keine meiner Antworten verpasst!

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Monazit  20.06.2023, 14:00

Da stimme ich voll zu.

Jede neuartige Technologie braucht bis zur Serienreife immer einen vorher unbekannten Zeitraum; alleine das Ziel ist doch das Entscheidende!

Leider leben wir in einer Welt, wo das kurzfristige Ergebnis das Maß aller Dinge ist und vielen Boni und andere Vergütungen beschert und somit strebt man eben danach und nicht nach einer konsequenten Langzeitverfolgung eines extrem wichtigen Projektes. Leider ist es im Bereich der Klimadiskussion analog...

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Rheinflip  21.06.2023, 22:54

seit 50 Jahren ist der Durchbruch 50 Jahre entfernt

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