Meinung des Tages: Doping im Spitzensport und Datenschutz - sollten die Namen betroffener Sportler veröffentlicht werden?
(Bild mit KI erstellt)
Mangelnde Transparenz bei der Anti-Doping-Agentur NADA
Seit 2020 veröffentlicht die Nationale Anti Doping Agentur (NADA) in Deutschland keine Namen gedopter Sportler mehr; eine Praxis, die laut ARD-Recherche mindestens 70 bis 130 Athleten hierzulande betrifft.
Die NADA begründet dies mit rechtlichen Risiken sowie dem Datenschutz: Die Veröffentlichung personenbezogener Daten könnte gegen geltendes Recht verstoßen und zu Schadensersatzforderungen oder Bußgeldern führen. Obgleich die NADA betont, für Transparenz zu stehen, bleiben konkrete Namen geheim und Verstöße werden nur anonymisiert im Jahresbericht aufgeführt.
Kritik an diesem Vorgehen kommt sowohl von Sportpolitikern als auch aus Athletenkreisen, die mehr Offenheit und Konsequenzen fordern. Juristen fordern u.a. gesetzliche Regelungen, die eine transparente Kommunikation über Dopingvergehen ermöglichen, ohne Datenschutzgesetze zu verletzen.
Doping im deutschen Spitzensport - der Fall Ullrich
Neben Dieter Bauman oder Katrin Krabbe hat vor allem der Fall Jan Ullrich in Deutschland für großes Aufsehen gesorgt. Ullrich, Deutschlands einziger Tour-de-France-Sieger, hat kurz vor seinem 50. Geburtstag erstmals offen sein Doping gestanden. Er sprach dabei von Eigenblutdoping ab 2003 ; ein Schritt, den er aus dem Gefühl heraus ging, ohne Doping im Profiradsport keine faire Chance zu haben.
Ullrich verteidigte seine Entscheidung rückblickend nicht als Betrug, sondern als Versuch, Chancengleichheit herzustellen. Doping sei bereits Mitte der 1990er Jahre im Radsport weit verbreitet gewesen, er selbst sei 1996 erstmals in Kontakt damit gekommen. Ullrich blick zuversichtlich in die Zukunft und hofft auf eine Rückkehr in den Radsport.
Unsere Fragen an Euch:
- Sollte die NADA - trotz Datenschutz - verpflichtet sein, Namen gedopter Sportler öffentlich zu machen?
- Ist der Schutz der Privatsphäre wichtiger als die Offenlegung zum Schutz der Glaubwürdigkeit des Sports?
- Wie glaubwürdig ist das Argument der "Chancengleichheit", das viele Dopingsünder wie Jan Ullrich anführen?
- Können ehemalige Dopingsünder Eurer Meinung nach eine zweite Chance im Sport verdienen?
Wir freuen uns auf Eure Meinungen.
P.S. Heute Abend startet unser neues Format - die Feierabendfrage 🛋🌙. Weitere Infos hierzu findet Ihr unter: https://www.gutefrage.net/forum/beitrag/13375196 Schaut auch hier gerne vorbei!
Viele Grüße
Euer gutefrage Team
132 Stimmen
43 Antworten
Warum sollten die Sportler für das doppen vorgeführt werden?
Ja, natürlich passiert das mit ihrer Zustimmung. Sie tun das ganz bewusst, aber man muss den Hintergrund betrachten.
Alle großen Sportverbände machen da gemeinsame Sache mit den Sportmedizinern. Der Druck von all den Seiten auf den Sportler, so stelle ich mir das vor, muss immens sein.
"Leistungssport" wie er heute betrieben wird, hat mit Sportlichen Wettkampf schon lange nichts mehr zutun. Es geht nur um das Ergebnis und den nächsten "Record". Es ist ein Milliardengeschäft, in dem große Player das sagen haben. Neben den Verbänden selber, wie der DFB oder die NFL, gibts es Sportwettenbetreiber, Werbetreibende usw. Und jeder will was vom Kuchen ab haben.
Im Prinzip ist der Sportler das kleinste Rädchen in diesem Getriebe aus Korruption und Geldverdienen. Wenn man schon Leute an den Pranger stellen will, dann lieber diese fetten Bonsen wie Platter von der FIFA und co.
Die sind das Problem, nicht der Sportler der am Ende dem Druck und der Aussicht selbst reich zu werden nachgibt. Der Gesamte Spitzensport müsste eigentlich geächtet, die Machenschafften ans Licht gezerrt werden um endlich wieder den Focus auf das zu lenken, um das es eigentlich gehen soll. Dem Sport, dem Messen der Kräfte.
Würde ja keiner Verhungern nur weil er keinen Weltrekord aufstellt.
Naja, für Werbung und entsprechende Werbeeinnahmen spielt es schon eine Rolle, ob der Sportler "der beste Sportler aller Zeiten", oder "nur" ein sehr guter Sportler ist.
Warum sollten die Sportler für das doppen vorgeführt werden?
Wenn "vorgeführt werden" für dich bedeutet, dass eine Urteilsbegründung bekannt macht wird:
Warum sollten andere Kriminelle dann vorgeführt werden, anstatt öffentliche Prozesse und Urteilsbegründungen zu verbieten, um die Straftäter zu schützen?
Auch Straftäter haben Persönlichkeitsrechte. Jan Ulrich stand am Ende vor den Scherben seiner Karriere. Warum noch unnötig nachtreten? Solche Leute sind genug bestraft.
Warum soll ein betrügerischer Banker vor den Scherben seiner Karriere stehen, dem Betrüger Ullrich aber ein Recht zugestanden werden, unbehelligt weiterzufahren?
Straftaten zu begehen heißt nun mal, persönliche Rechte zu verlieren. Oder soll man auch niemanden mehr einsperren dürfen?
Jan Ulrich hat aber keine Anleger betrogen oder anderweitig Schäden an der Volkswirtschaft angerichtet, wie z.b der Cum-Ex Skandal, oder auch der Mannesmann Sakndal rund um Josef Ackermann.
Man muss denke ich auch unterscheiden, welche Art das Verbrechen ist. Sportler täsuchen und schaden letztlich sich mehr als anderen. Das sie bestraft werden müssen, steht außer Frage. Aber sich hin zu stellen und gönnerhaft die Namen der Übeltäter preis zugeben gehört sich nicht dazu.
Jan Ulrich hat aber keine Anleger betrogen
Sondern nur seine Sportkameraden, Verbände, Sponsoren und all die, denen er sauberen Sport vormachte.
Anleger, Vereine zur Dackelzucht und Plasmaphysiker hat er nicht betrogen.
Ich weiß aber nicht, was du damit sagen willst.
Aber sich hin zu stellen und gönnerhaft die Namen der Übeltäter preis zugeben gehört sich nicht dazu.
Verlangt ja auch niemand.
Aber jedem mit begründetem Interesse muss die Information zugänglich gemacht werden, wenn er anfragt. Und dann ist die Katze halt aus dem Sack.
Nein, das bringt nichts, die Leute an den Pranger zu stellen. Die sind schon bestraft genug, wenn die ausgeschlossen werden. Wenn jemand an den Pranger gestellt werden soll, eher die Helfer, von denen z.B. das Dopingmittel kommt
Man kann die Leute einfach vom Wettbewerb ausschließen. Das warum bleibt vertraulich. Wenn jemand rechtlich dagegen vorgeht, macht er oder sie es selbst öffentlich.
Damit bleibt der Sport genug glaubwürdig.
Chancengleichheit: Unsinn! Keine Gleichheit im Unrecht. Ansonsten kann ich ja auch Straftaten begehen, weil solche auch begangen wurden, ohne verfolgt worden zu sein.
Zweite Chance: Nach langer Sperre, z.B. 5 - 7 Jahre ok. Und es dürfen natürlich keine Vorteile mehr gegeben sein, z.B. aufgrund des Muskelaufbaus.
Ich denke nicht das die Liste öffentlich gemacht werden muss. Entscheidender finde ich die Konsequenzen die daraus entstehen. Sportler die beim Doping erwischt werden sollten dafür z.b. für die nächsten 5 Jahre von Wettbewerben ausgeschlossen werden.
So eine schwarze Liste muss natürlich den entsprechenden Veranstaltern zugänglich gemacht werden.
Wie glaubwürdig ist das Argument der "Chancengleichheit", das viele Dopingsünder wie Jan Ullrich anführen?
Nachvollziehbar ehrlich gesagt. Gerade wenn sich doping soweit einschleicht das es eben quasi Teil des Sportes ist. Ist der Gruppendruck entsprechend groß da auch mit zu machen. Wieso sollte man sonst an einen Wettbewerb teilnehmen wenn man weiß das die anderen so oder so einen unlauteren Vorteil haben. Und aber nichts dagegen gemacht wird?
Ich sehe diese Argument eher als zeichnen des Versagens der Veranstalter bzw. Des Sportes selbst.
Können ehemalige Dopingsünder Eurer Meinung nach eine zweite Chance im Sport verdienen?
Wie gesagt 5 Jahre Sperre als Beispiel. Danach ggf. Mit verstärkter Kontrolle bei dieser Person. Erneuter Verstoß = lebenslanger Ausschluss.
für die nächsten 5 Jahre von Wettbewerben ausgeschlossen werden
Und was unterscheidet eine fünfjährige Sperre von einer Veröffentlichung des Dopingvergehens?
Rätseln die Fans dann, warum jemand für fünf Jahre nicht antreten darf, kommen aber zu keinem Ergebnis?
Rätseln die Fans dann, warum jemand für fünf Jahre nicht antreten darf
Nicht jeder Dopingsünder hat eine Fangemeinde und manche geraten sehr schnell in Vergessenheit, wenn sie nicht laufen in Wettbewerben dabei sind und vordere Plätze belegen.
Die erwischten Dopingsünder ohne Fans kann ich mir schlecht vorstellen.
Wenn Justin Kabutzke aus Liga 7 in der Halbzeit Koks zieht und erwischt wird, wird das im Dorf auch nicht so schnell vergessen.
Dann musst Du einfach ein wenig Phantasie entwickeln, um Dir das vorstellen zu können. Man muss sich doch nur mal überlegen, wer letztlich hinter dem Doping steckt. Vielleicht ein Trainer, der ein Supertalent in seinem Team sieht, aber nicht die Geduld hat, dieses Talent über vielleicht noch ein paar Jahre zu entwickeln, wenn demnächst schon die großen Wettbewerbe anstehen. Supertalent wird erst in den anstehenden Wettkämpfen bekannt und hat somit noch keine Fangemeinde, außer den engsten aus dem Familienkreis und Verein.
Ich halte das Supertalent für selbstbestimmt, auch wenn Einfluss auf es genommen wurde. Blöd genug zu sein, zu einer Straftat gedrängt zu werden, verspricht aus meiner Sicht keinen Schutz.
Das Talent wird es nach der Sperre schwer haben, wieder Fuß zu fassen. Ist es ein Supertalent, wird das aber gelingen. Wenn nicht, zahlt es eben Zeche für altes Handeln. Hart, aber nicht ungerecht.
Ich habe an anderer Stelle hier einen Fall beschrieben. Es ging um ein minderjähriges Supertalent im Schwimmsport, das von ihrem Vater aus dem Verkehr gezogen wurde, als er analysieren ließ, womit sie ihr Trainer fütterte.
Aus der ehem. DDR wissen wir, dass in den Leistungszentren schon Kinder/Jugendliche ihre "Vitamine" verabreicht bekommen haben. Sportler, denen das passiert ist und die dann ihr Leben lang mit den Folgen zu tragen hatten und haben, haben davon berichtet.
Diese Kinder und Jugendlichen sind nicht so selbst bestimmt.
Wenn man mitbekommt, was in Fitnessstudios so los ist, wo Leute auf dicke Muckis trainieren und merken, dass es ohne Zufütterung von Eiweißpulver nicht richtig voran geht. Die fangen dann an zu probieren und im Internet finden sie dann Empfehlungen, womit es noch schneller geht. Gesundheitliche Bedenken werden dann einfach beiseite geschoben nach dem Motto, "wird schon nicht so schlimm sein". Und genauso ist es bei den Spitzensportlern, die von ihren Trainern und Managern oft verführt werden, noch ein bisschen mehr zu tun, um endlich nicht mehr hinterher zu laufen oder die Qualifikation für den nächsten großen Wettbewerb auf jeden Fall zu schaffen usw. Selbstbestimmt, ja, aber die Verlockung ist schon sehr groß.
Bei dem, was du schilderst, ist das Kind aus meiner Sicht kein Straftäter. In diesem Falle steht für mich sein Persönlichkeitsrecht höher als das Recht der Sportler und Sponsoren auf Information. Außer der Schutzsperre (bis sich Blut-/Leberwerte normalisiert haben) sollte das Kind keinerlei Konsequenzen tragen müssen.
Natürlich ist das Kind kein Straftäter und natürlich sollte man das Persönlichkeitsrecht schützen.
Wenn aber ein Kind oder Jugendlicher von erwachsenen Funktionären so missbraucht wurde, sollte eigentlich das Vertrauen in den Leistungssport als Spitzensport sowohl bei dieser Person, als auch bei den Eltern vorbei sein.
Man muss sich mal in die Rolle eines gut bezahlten Trainers denken, der als Ziel hat, mal ein echter Startrainer zu sein, denn mehr kann er nicht mehr erreichen. Fehlt da der Anstand, ist die Verlockung sehr groß, seine Pferdchen entsprechend zu füttern.
Da fällt mir immer der Thomas S. ein, der ein Start-Trainer von Olympiasiegern in der Leichtathletik war und letztlich wusste irgendwann jeder, worin seine besonderen Qualitäten zu finden waren. Immer wieder hat man ihn engagiert.
Will ich nicht widersprechen.
Mir geht es nur um den Punkt, dass es für kriminelle überführte und verurteilte Doper keinen Schutzbedarf hinsichtlich Anonymisierung geben sollte. Der Prozess muss in allen Punkten so öffentlich ablaufen, wie bei anderen Straftaten auch.
Geht es ums Geschäftliche, muss jeder wissen und nachprüfen können, mit wem er es zu tun hat.
Die Spekulation der Fans ist keine veröffentlichungen von Daten.
Aus der Sicht von aussen wird ein solcher Sportler schlichtweg nicht mehr in Wettbewerben zu sehen sein.
Natürlich wird er dann von der öffentlichkeit dazu befragt werden. Aber es obliegt dem Sportler selbst zu sagen warum er nicht mehr an den Wettbewerbern teilnimmt und warum nicht.
Ich sehe halt keinen Grund für diesen Schutz. Auch deswegen nicht, weil es sowieso von Anfang an klar sein wird, was los ist, wie du ja auch andeutest.
Wer betrügt, soll Betrüger genannt werden können. Ansonsten klagt er vielleicht noch gegen die Bezeichnung, was der Farce die Krone aufsetzen würde.
...weil das für mich unter Datenschutz steht und eine Veröffentlichung diskreditierend sein kann.
Bei auch nur einem einzigen Griff ins Klo wäre für den Rest des Lebens der Name öffentlich als "Doper" erkennbar. So extrem muss das nicht sein.
Es sollte aber unter bestimmten Umständen möglich sein, diese Daten abfragen zu können, z.B. bei Veranstaltungen, die vom Bund ausgehen oder vom Bund gesponsert werden.
eine Veröffentlichung diskreditierend sein kann
Also nicht die Straftat ist diskreditierend, sondern die Verurteilung?
Nein, das ist schon klar, dass das nicht in Ordnung ist, da sind wir uns denke ich alle einig. Jemand der im Profisport mitmischt, der weiß auch was man konsumieren darf und was nicht, ganz genau. Allerdings wie einem das Leben manchmal so mitspielt, man macht auch Fehler, für die man selbstverständlich auch büßen muss und die gerechte Strafe erhalten muss. Aber ich persönlich finde es dann too much, dass man öffentlich, für jedermann einsehbar, über Jahre / Jahrzehnte hinweg bis zum Ende der Karriere auf einer Liste steht "man ist ein Betrüger". Ich würde es daher als ausreichend finden dass man darauf im Bedarfsfall und Begründung zugreifen darf, aber nicht, dass man wie am Pranger hingestellt wird. Es gibt viele Profisportler, von denen der Sport ihre einzige Einnahmequelle ist und alles ist, was sie im Leben investiert haben. Es würde das unumstößliche Aus bedeuten für vielleicht einen Fehler, den man nie mehr wieder machen würde. Was im Wiederholungsfall passiert - andere Sache. Aber jeder sollte eine zweite Chance bekommen, ohne sowas.
ohne sowas
Ohne was genau?
Ohne dass ein Sponsor, der einen glaubwürdigen Werbeträger sucht, wissen darf, mit wem er es zu tun hat?
Ohne dass die Sportskollegen, die betrogen wurden, von dem Betrug wissen sollen?
Alles andere was du sagst, Stichwort Pranger, ergibt sich allein aus der Prominenz. Unverhinderbar, da auf dieser Ebene Sperren nicht unbemerkt bleiben können.
Wenn man z.B. als junger Erwachsener mal einen Diebstahl begangen hat, daraus gelernt hat, bestraft wurde, bereut hat, wäre es ungefähr das Selbe wie wenn es ein Verzeichnis geben würde von "Dieben in Deutschland", wo jeder Bürger den Namen darin googeln kann. Würde man dann jemals wieder Arbeit bekommen? Partner?
Es reicht doch finde ich, wenn das z.B. im Führungszeugnis steht, worauf neue Arbeitgeber Einblicke verlangen können. Man muss den Menschen doch dann nicht auch noch öffentlich zur Schau stellen ohne dass das jemals wieder rückgängig gemacht werden kann...
Wenn die aber mitmachen um des eigenen Geldes und Ruhmes haben sie auch ihre Verantwortung.
Würde ja keiner Verhungern nur weil er keinen Weltrekord aufstellt.
Aber ja, Platter und Co. würd ich auch viel heftiger bestrafen.