Ist das eigentliche Problem unserer Gesellschaft nicht geistige Unreife – und nicht „die anderen“?
Mir fällt auf, wie viele Bewegungen, Ideologien und Gegenströmungen es gibt: ob politisch, sozial oder kulturell. Doch ich frage mich: Rühren sie nicht alle an einem tieferliegenden Kern – an mangelnder geistiger Reife?
Was ist denn Reife wirklich?
Für mich bedeutet sie:
- emotionale Selbstverantwortung
- die Fähigkeit, nicht aus Schutzreflexen (z. B. Wut, Trotz, Abwertung) zu handeln
- echtes Wohlwollen für andere, unabhängig von Geschlecht oder Meinung
- sich nicht über andere zu stellen, sondern ihnen Raum zum Wachsen zu geben
- Klarheit und Konsequenz – aber ohne Hass
- das Einstehen für Wahrheit ohne ideologischen Fanatismus
- Konfliktfähigkeit ohne Eskalation oder Manipulation
- die Fähigkeit, Kritik anzunehmen, statt in Abwehr zu gehen
Viele gesellschaftliche Systeme – ob Patriarchat, autoritäre Strukturen oder sogar radikale Ideologien auf der Gegenseite – scheinen mir eher Ausdruck kollektiver Unreife zu sein. Sie kämpfen aus der gleichen verletzten Ebene gegeneinander – nur mit anderem Vorzeichen.
Ein Beispiel: Die These, „wenn nur Frauen regieren würden, gäbe es keine Konflikte“, wirkt auf mich naiv. Auch unter Frauen gibt es Konflikte – sie zeigen sich nur oft anders: passiv-aggressiv, durch Vergleich, Abwertung oder unterschwellige Konkurrenz. Bei Männern oft direkter. Aber der Kern ist derselbe: Reife ist keine Frage des Geschlechts, sondern der inneren Entwicklung.
Meine Frage an euch:
Sollten wir nicht viel mehr an der geistigen Reifung des Menschen ansetzen – statt ständig Symptome zu bekämpfen oder „die anderen“ verantwortlich zu machen?
Denn solange wir aus Hass, Wut oder Trotz handeln, sind wir – egal auf welcher Seite – Teil des Problems. Reife heißt nicht „alles hinnehmen“, sondern aus Klarheit und Mitgefühl zu handeln. Was denkt ihr dazu?
6 Antworten
Ist das eigentliche Problem unserer Gesellschaft nicht geistige Unreife
Ja, zu einem gewissen Teil gebe ich dir recht. Unreife und Unerfahrenheit spielen eine Rolle, aber ebenso auch Ideologie und Religion, also alles was weg von Vernunft und Einsicht gerichtet ist.
Was ist denn Reife wirklich? Für mich bedeutet sie emotionale Selbstverantwortung
Ja, schon, aber warum nur emotionale Selbstverantwortung? Jeder gesunde, erwachsene Mensch muss sich selbst versorgen und sein Handeln selbst verantworten. Nicht nur emotional, sondern auch in jedem anderen Aspekt. Ich finde, es scheitert weitaus öfter auch an physischer, mentaler, versorgungsmäßiger Selbstverantwortung.
die Fähigkeit, nicht aus Schutzreflexen (z. B. Wut, Trotz, Abwertung) zu handeln
Hier würde ich widersprechen. Alle menschlichen Emotionen sind evolutiv optimiert und erfüllen wichtige Funktionen. Ich rate ganz stark dazu, negativ konnotierte Emotionen wie Wut oder Trauer nicht zu verurteilen oder abzuwerten. Natürlich darf man auch diese Gefühle empfinden.
"Schutzreflexe", also Reaktionen und Verhaltensweisen zum Selbstschutz, sind nicht emotional unreif, sondern fundamental nötig und natürlich. Wieso ist das für dich negativ?
echtes Wohlwollen für andere, unabhängig von Geschlecht oder Meinung
Hm, finde ich schwierig. Es gibt eben andere Meinungen und Absichten, deren reales Ausführen mich oder die Welt gefährden. Man kann nicht jedem Verhalten freien Raum geben.
das Einstehen für Wahrheit ohne ideologischen Fanatismus
Ja, aber Religionen und Ideologie bestimmen leider zu einem großen Teil das Verhalten der Menschen. Davon wegzukommen, wird sehr schwierig.
Konfliktfähigkeit ohne Eskalation oder Manipulation / die Fähigkeit, Kritik anzunehmen, statt in Abwehr zu gehen
Ja, das sind zwei Punkte, die wirklich mit emotionaler Reife zu tun haben und an denen es oft mangelt. Da müssten Familie und Erzieher viel mehr leisten. Leider steht der ganze woke Quatsch aber einem realistischem "den Tatsachen in die Augen gucken" diametral gegenüber. Es geht immer mehr um gefühlte Fakten statt um wahre Fakten.
Emotionen / Schutzreflex: Der Unterschied liegt für mich im Umgang damit.
Ja, wenn du es so erklärst, bin ich bei dir. Ich würde es aber nicht vermeiden von Schutz nennen. Im Gegenteil sollte man seine Gefühle ja reflektieren und auch als Warnung und Schutz nutzen. Nicht selten liegt man mit Gefühlen ja auch richtig.
Aber ja, reflektiertes und überlegtes Umgehen mit Emotionen ist ein Zeichen von Reife und auch wünschenswert. Trotzdem darf man auch mal Emotionen rauslassen und ausleben. Alles in sich reinfressen, ist definitiv auch schädlich. Man muss da eine gute Balance aus Ausleben von Gefühlen und verantwortungsvollen Umgang damit finden.
Geistige Reife ist für mich kein Ideal, sondern eine Notwendigkeit. Sie entscheidet darüber, ob wir in Verbindung treten
Na ja, Reife ist ja kein Schwarzweißkriterium, sondern ein fließender Wert. Und obwohl wir uns wahrscheinlich einig sind, dass viele Menschen nicht wirklich innerlich reif und reflektiert sind, treten die allermeisten Menschen ja schon miteinander in Verbindung. Klar, weniger als in einer optimalen Welt, aber trotzdem recht viel.
Ich würde eher formulieren, dass noch mehr innere Reife und Reflektion die das Miteinander fördern und erleichtern würden.
Die Reife kommt erst mit zunehmendem Lebensalter. Deshalb sollte mehr auf die Alten gehört werden. Natürlich gibt es viele Menschen, deren Verstand auch im Alter noch nicht gereift ist, man kann es also nicht verallgemeinern.
Danke, Katharina – du sprichst einen wichtigen Punkt an: Reife kann mit dem Alter kommen – muss es aber nicht. Und genau da setzt mein Gedanke an.
Ich glaube, je früher Menschen in eine geistige Reife hineinwachsen, desto mehr ersparen sie sich selbst und anderen unnötiges Leid. Denn unreifes Handeln – oft geprägt durch Schutzreflexe, Angst, Trotz, Schuldzuweisungen – führt zwangsläufig zu Konflikten, innerer Leere oder Überforderung. Nicht aus Böswilligkeit, sondern weil es an innerer Stabilität fehlt.
Wie du schon andeutest: Reife ist keine Frage des Kalenders, sondern entsteht durch Erfahrungen, Reflexion und oft auch durch Krisen.
Bei mir war es so: Ich musste sehr früh über das Leben nachdenken – Scheidung, Tod eines Elternteils, fehlende Verantwortung der Bezugspersonen. Da fragt man sich als Kind plötzlich: Was bleibt, wenn selbst Liebe und Geborgenheit nicht sicher sind? Und die einzige Antwort, die ich wirklich gefunden habe, war: Das, was in mir ist.
Diese innere Kraft – die Fähigkeit, nicht zu zerbrechen, sondern zu wachsen – ist für mich der Kern von Reife.
Sie ist unabhängig vom Alter. Sie entsteht durch echtes Leben – nicht durch reine Leistung oder gesellschaftliche Rollen.
Und genau deshalb wünsche ich mir, dass wir viel früher in der Gesellschaft auf geistige Entwicklung achten – nicht nur auf Schulnoten oder Erfolge. Dass wir Räume schaffen, in denen junge Menschen lernen, mit sich selbst in Beziehung zu treten, anstatt ständig auf das Außen fixiert zu sein.
Denn wer in sich ruht, der muss andere nicht bekämpfen.
Ich handele entelechisch.
Das weiß er selbst nicht, er hat halt irgendwann das Wort gefunden. 🤷♂️
Das kommt immer mal wieder von ihm.
Alle 4000 Bände,bin weder links noch rechts ,sondern entelechisch
Interessant.
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Und? Sind alles eigene Serien., die kann man nicht einfach dazu zählen.
Atlan schon ,die ist damit verzahnt, Neo weniger ,aber der verlauf ist ähnlich
Das große Problem in unserer Gesellschaft ist: Dummheit.
Und durch TikTok & Co wird das leider immer schlimmer – insbesondere in der jungen Generation.
Ist Dummheit nicht genau das Gegenteil von geistiger Reife?
https://www.oekologiepolitik.de/2025/02/24/warum-unsere-gesellschaft-zunehmend-irre-wird/
Danke für deine sehr reflektierte Antwort – ich finde, wir sehen viele Dinge sehr ähnlich. Ein paar Punkte würde ich gerne noch genauer beleuchten, weil mir das Thema wirklich am Herzen liegt:
Ideologie & Religion:
Da bin ich ganz bei dir. Für mich sind Ideologien und religiöse Systeme oft Ausdruck geistiger Unreife – sie bieten einfache Antworten, klare Feindbilder und entlasten von Selbstverantwortung. Leider widersprechen sie häufig sogar ihren eigenen Botschaften. Beispiel: Im Christentum lehrt Jesus (sinngemäß): „Lass dein Ego los – und du wirst frei.“
Aber was sehen wir oft? Rechthaberei, Spaltung, Wir-gegen-die-Anderen-Denken. Und das in vielen Religionen – auch im Islam, der besonders stark auf äußere Regeln und kollektive Identität baut. Das ist Ego in Reinform – also genau das Gegenteil von geistiger Reife, die Verbindung und Einsicht schafft.
Schutzreflexe & Emotionen:
Du hast recht – Wut, Trauer, Angst etc. sind wichtige und natürliche Emotionen. Ich bewerte sie auch nicht negativ.
Aber: Der Unterschied liegt für mich im Umgang damit.
Ein unreifer Mensch handelt direkt aus dem Impuls – identifiziert sich damit, sucht Schuldige, eskaliert oder bricht ab.
Ein reifer Mensch erkennt den Impuls, fühlt ihn – aber lässt ihn wieder ziehen und handelt erst dann bewusst.
Zwei Beispiele:
Oder im Zwischenmenschlichen:
Wohlwollen heißt nicht Naivität:
Was ich mit Wohlwollen meine: Das Erkennen von Unreife beim Gegenüber – ohne sofort zu verurteilen. Denn:
Reife erkennt Unreife.
Aber Unreife erkennt sich selbst nicht - sehr gut bei Kindern zu beobachten - und auch wenn Erwachsene kindliche Muster nicht überwinden.
Ein Kind, das sich auf den Boden wirft, tut das nicht aus Böswilligkeit – sondern weil es keine andere Strategie hat.
Wenn ein Erwachsener das persönlich nimmt, zerbricht er innerlich, obwohl er nichts falsch gemacht hat – einfach, weil Unreife schwer erklärbar ist, solange sie nicht durchschaut wird. Und genau das passiert auch in vielen Erwachsenenbeziehungen – unausgesprochene Schutzreflexe bestimmen das Verhalten, aber es fehlt das Bewusstsein darüber.
Geistige Reife ist für mich kein Ideal, sondern eine Notwendigkeit. Sie entscheidet darüber, ob wir in Verbindung treten – oder in Kampf, Bewertung und Spaltung feststecken. Wahrheit braucht keine Verteidigung. Sie ist ruhig, klar, nicht feindlich.
Danke, dass du auf so einem Niveau diskutierst.
LG!