Im folgenden möchte ich etwas persönliches mit euch Teilen. Ein Text als Ergebnis einer schmerzhaften, ehrlichen Reflexion über mein eigenes Leben. Geboren aus dem Versuch, zu verstehen, warum ich so oft allein war mit meinem Erkennen und warum andere scheinbar voller Überzeugung in Richtungen liefen, die für mich so offensichtlich zerstörerisch wirkten:
Ich sah sie. Die WandWie sie rannten. Gegen die Wand. Immer wieder.
Mit offenen Augen.
Mit geschlossenen Augen.
Mit voller Überzeugung.
Mit Tränen in den Augen, mit Hoffnung im Herzen, mit Blut an der Stirn.
Und sie riefen:
„Die Welt ist schuld!“
„Die Umstände!“
„Die anderen!“
„Das System!“
Und liefen. Weiter. Wieder. Krach.
Splitterten ihre Schädel.
Sanken zu Boden.
Standen auf.
Liefen wieder.
Wie in einem endlosen Ritual der Selbstzerstörung.
Ich stand dazwischen.
Zuerst verwundert. Dann erschrocken. Dann entsetzt.
Ich erfuhr von der Wand.
Ich begann sie zu sehen.
Sie war da. Hart. Kalt. Unnachgiebig.
Offensichtlich.
Unübersehbar, wenn man wirklich sehen will.
Und ich dachte...
Ich glaubte es wirklich:
„Sie sehen sie nicht. Ich kann sie retten.
Sie müssen diesen Schmerz nicht durchleben.
Wenn ich es nur richtig erkläre, wird Einsicht kommen!“
Also erklärte ich.
Ich sprach.
Ich zeigte.
Ich argumentierte.
Ich flehte.
Und sie?
Sie starrten mich an, als sei ich der Kranke.
Sie stießen mich weg.
Sie schrien.
Einige versuchten, mich zurück in die Masse zu reißen.
Andere schwiegen, mieden meinen Blick,
als wäre ich die Bedrohung.
Und dann… kam sie.
Eine, die eigentlich sehen konnte. Die verstand.
Ich sprach sie an:
„Die Wand ist real! Du läufst dagegen!“
Und ihre Antwort schnitt mir das Herz auf:
Sie schrie: „Aber manche Menschen wollen die Wand nicht sehen!“
Und lief weiter dagegen….
Als wäre das… normal.
Ein Einverständnis mit dem Wahnsinn.
Da zerbrach etwas in mir.
Nicht aus Mitgefühl.
Sondern aus der Gewissheit:
Es ist hoffnungslos.
Und ich begann zu zweifeln.
Wenn alle gegen die Wand laufen...
Wenn jeder glaubt, das sei der richtige Weg...
Und nur ich bleibe stehen – Bin ich dann der Wahnsinnige, weil ich es nicht tu?
Wer bin ich, dass ich mir anmaße, zu wissen, was richtig ist?
Was, wenn meine Realität die verzerrte ist?
Was, wenn ich der Blinde bin?
Diese Frage bohrte sich in meinen Kopf.
Wie eine rostige Zange, die nicht loslässt.
Klaustrophobisch eng wurde es da oben.
Was, wenn sie alle sehen – und ich der Einzige bin, der es nicht versteht?
Doch dann…
Dann sah ich die Spuren.
Die blutigen Schleifen an der Wand.
Die leer gewordenen Augen.
Die gebrochenen Körper.
Die monotone, seelenlose Wiederholung.
Und ich wusste:
Ich bin nicht verrückt.
Ich bin nur wach.
Und das ist mein Fluch.
Denn mit dem Sehen kam die Ohnmacht.
Ich konnte niemanden retten.
Ich wollte es. Mit allem, was ich war.
Ich glaubte, wenn ich nur genug gebe, genug Worte, genug Herz, genug Klarheit,
dann würden sie begreifen.
Aber sie wollten nicht.
Sie mussten wollen.
Sie mussten bereit sein.
Und das waren sie nicht.
Also stand ich dort.
Zwischen den taumelnden Leibern, die sich gegen Beton hämmerten wie Maschinen ohne Verstand.
Und ich?
Ich war die Stille inmitten des Lärms.
Allein. Einsam.
Der Sehende unter Blinden.
Der Erwachte in einem Albtraum, den keiner als solchen erkennen will.
Und ich lernte:
Nicht aus Mitgefühl brach mein Herz, sondern aus Isolation.
Aus Zweifel.
Aus der bitteren Wahrheit,
dass Wahrheit nicht teilbar ist, wenn der andere nicht hinsieht.
Ich kann niemanden mitnehmen, der nicht sehen will.
Und viele…
Viele laufen lieber in den Tod,
als die Wand als Wand zu erkennen.Das war meine Geschichte. Als ich sie mir später durchlas, stellte ich mir eine Frage:
Kann es sein, dass wir alle ähnlich empfinden? Unabhängig von Narrativen, Weltbildern oder Ideologien, dass wir uns selbst als die Sehenden begreifen, umgeben von einer Welt voller Blinder? Ist das nicht paradox?