Wie denkt ihr wird Deutschland ethnisch in 100 Jahren aussehen?
Keine Ahnung wie “problematisch” meine Frage hier für die Richtlinien ist, aber ich habe ein paar Gedanken.
1/4 der Bevölkerung Deutschlands hat einen Migrationshintergrund. Was in meinen Augen viel ist, dafür dass Länder ja irgendwie zum Großteil mit einer “ethnisch homogenen” Bevölkerung in Verbindung gebracht werden. Sehe ich zumindest so. Keine Ahnung, es gibt die Deutschen, die Schweden, die Türken, die Portugieser usw. und jeden würde man im Normalfall seinem entsprechendem Land zuordnen.
Durch die Flüchtlingskrise und überhaupt Globalisierung usw. hat sich natürlich vieles schnell vermischt. Wie es aber auch eigentlich schon in jedem Zeitalter in jeder Kultur der Fall war dass sie natürlich nie 100% homogen war.
Jetzt meine eigentliche Frage: Dennoch “unterscheidet” man in gewisser Weise ja immer noch zwischen Deutschen und Ausländern (auch wenn Individuum X hier geboren wurde aber die Eltern nicht) und in vereinzelten Fällen eben Kinder mit einem Elternteil mit Migrationshintergrund.
Dadurch dass bspw der türkische Anteil deutlich dominanter ist, würdet ihr sagen dass es irgendwann “normal” wird wenn in Deutschland ein Großteil der Deutschen auch bspw. türkische Wurzeln hat?
Ich habe das Gefühl das hat sich bei Russlandsdeutschen schon so in etwa zum gewissen Grad verfestigt. Dass es irgendwie schon relativ oft der Fall ist, dass jemand russische Wurzeln hat. Aber türkische Wurzeln wirken in meinen Augen noch immer recht “frisch” und nicht so verfestigt. Meint ihr das kommt noch?
Versteht man überhaupt meinen Gedanken? :D
Also es geht darum, ob in 100 Jahren türkische Wurzeln so selbstverständlich sind wie bspw. ne Norddeutsche Person die irgendwie vermutlich 10% was niederländisches hat die man aber nicht mehr in Frage stellt. Aber mit dem Hintergrundgedanken, dass die Türkei eben kein Nachbarland ist wo es “einfacher” zu Vermischungen kommt. (Türkei wegen Dominanz jetzt als Beispiel, betrifft aber auch die anderen Länder)
10 Antworten
Wenn wir 100 Jahre in die Zukunft blicken, ist es sehr wahrscheinlich, dass die Grenzen zwischen „Deutsch“ und „mit Migrationshintergrund“ zunehmend verschwimmen werden. Ein großer Teil der Bevölkerung wird Mischungen aus verschiedenen Herkunftsländern haben, türkische, arabische, osteuropäische, afrikanische Wurzeln usw. Die Wahrnehmung, dass jemand „türkisch“ oder „russisch“ sei, wird sich in den kommenden Generationen weiter relativieren, ähnlich wie bei den Russendeutschen, die heute weitgehend als Teil der deutschen Gesellschaft wahrgenommen werden.
Die entscheidende Variable ist soziale Integration und Identitätsbildung: Kinder aus gemischten Familien wachsen mit vielfältigen kulturellen Einflüssen auf, und über Generationen hinweg entsteht eine neue Form von „deutsch“, die multiethnisch und kulturell hybrid ist. Rein biologisch betrachtet verschwinden die alten Kategorien nach ein paar Generationen weitgehend, kulturell kann es immer noch regionale Unterschiede geben, aber die klare Trennung zwischen „Deutscher“ und „Ausländer“ wird wahrscheinlich verschwimmen.
LG aus Tel Aviv
Also doch in gewisser Weise ähnlich wie bei uns? Verschwimmen die Unterschiede, so wie Du es für uns vermutest, oder bleibt man über Generationen "für sich"? (Ich weiß, das kann nur Deine private Einschätzung sein, aber wenn man sich - wie ich - mit der israelischen Gesellschaft null auskennt, ist das immerhin ein wichtiger Einblick)
Ich finde solche Fragen merkwürdig. Wenn man die Geschichte ansieht, gibt es keine "Reinrassigen". Wir sind alle im Laufe der Jahren vermischt worden. Am bekanntesten ist u. a. die Wanderung der Vandalen. Sie sind über dem heutigen Deutschland, Frankreich bis nach Spanien gezogen. Wo es ihnen gefiel blieben sie und gründeten Familien. Sprich sie vermischten sich mit den dort ansässigen Menschen und wurden was-auch-immer-mit-ausländischen-Wurzeln. Mit dem Unterschied, dass es damals keinen Menschen interessierte und niemand permanent auf diese "Wurzeln" anspielte.
Selbst die Amerikaner mit ihrer kurzen Geschichte zeigen, wie die Vermischung funktioniert. Allerdings auch sehr deutlich, wie man den Rassismus hegt und pflegt.
Es kommt eben immer auf die Menschen an. Alle Seiten!
In Deutschland sind es nicht nur die (Ur-)Deutschen die auf die Wurzeln verweisen. Es sind auch sehr oft die mit Wurzeln, die diese hervorkehren.
Weiterhin hoffe ich, dass in 100 Jahren ein Europa entstanden ist. Und dies kleinliche Ich-bin und Meine-Eltern-sind Vergangenheit ist.
Das wir irgendwann alle einfach Europäer sind und dieses oft unnötige nationale Geplänkel hinter uns lassen, wünsche ich mir auch. Es verhindert so vieles und nützt so wenigen. Finde deinen Beitrag wirklich gut.
Teile Deutschlands waren vom römischen Reich besetzt und dessen Soldaten, Händler, Siedler kamen wiederum aus allen Ecken des römischen Reiches.
Überfälle nordischer Stämme inkl Vergewaltigungen waren häufig. Nicht nur an den Küsten. Da deren Schiffe nur geringen Tiefgang und umlegbare Masten hatten, konnten sie die Flüsse weit hinauf fahren.
Im 4-6 Jahrhundert zogen zahlreiche Völkerstämme andauernd durch diese Gebiete und vermischten sich.
Im Mittelalter kamen Kaufleute und Handwerker, bspw auf der Walz, und zogen in die Städte und auch Slawen aus dem Osten.
18+19. Jahrhundert kamen die Franzosen (Hugenotten), Polen, Tschechen, Italiener und weitere.
In der Nachkriegszeit kamen Millionen Flüchtlinge und Vertriebene aus Ost- und Südosteuropa. Später die Gastarbeiter aus Italien, der Türkei, Griechenland, Jugoslawien, etc
Es ist bereits normal. Alle von uns haben Mal mehr Mal weniger einen Migrationshintergrund. Die Frage ist doch also eher, ab wann hört man auf, diesen so zu bezeichnen?
Ich deute das gern über den Teich. Die sind im Relation zur Dauer der halbwegs modernen Zivilisation ja quasi erst ein paar Sekunden dort und sehen sich als "Amerikaner".
Korrekt und werden auch als Amerikaner gesehen, fühlen sich nicht nur selbst so.
Ich mag das Beispiel auch sehr gerne, denn das „Ausländerproblem“ gibt es in den Usa nicht in dieser Form. Soweit ich aus meinen Recherchen zu Rassismus und verwandten Themen weiss, kann man diese extreme Ausländerfeinflichkeit u.a. auf Gesellschaften beziehen, die ein Diktatorproblem hatten. Das wirkt lange nach und die tief verwurzelten „Lehren“ werden auch nach der Diktatur noch von Generation zu Generation weitergegeben.
Bei uns NS-Zeit: Fremdenfeindliche und autoritäre Denkmuster wirken bis heute unterschwellig nach.
Ex-DDR: Jahrzehntelang geprägtes Schwarz-Weiß-Denken („wir“ gegen „den Westen“) lebt in manchen Köpfen weiter.
Spanien unter Franco / Osteuropa nach dem Sowjetblock: Autoritäre Prägungen und Feindbilder verschwinden nicht über Nacht, sie ziehen sich oft noch durch Generationen.
Dies nur als Ergänzung zu deinem tollen Beitrag, um den Bogen zur heutigen Zeit zu schließen. 😊
Man kann schlecht in die Zukunft sehen. Aber wenn die Entwicklung so weitergeht, steigt hoffentlich die Toleranz, weil niemand mehr weiß, ob seine Vorfahren nicht auch von außerhalb kommen.
Für dich mögen türkische Vorfahren frisch sein, aber die sind es nicht. Selbst Friedrich Tscharmann (1871-1945), SS-Brigadeführer und Generalmajor der Waffen-SS hatte türkische Vorfahren. Ich weiß allerdings nicht, ob er es wusste bzw. glaubte.
Auf jeden Fall ethnisch vielfältiger. Was aber auch nicht schlimm ist. Mitteleuropa war immer schon ein kultureller und ethnischer Schmelztiegel
Das halte ich für sehr realistisch. Werden in Israel 77 Jahre nach der Staatsgründung denn noch Unterschiede nach der Herkunft gemacht? Wäre das nicht auch ein Ausblick für uns?