Meinung des Tages: Sollte Blasphemie von der Meinungsfreiheit gedeckt sein?
Blasphemie bezeichnet das Verhöhnen oder Verunglimpfen bestimmter religiöser Symbole oder Glaubensinhalte. Und ein solcher blasphemischer Akt sorgt aktuell für einen handfesten politischen und diplomatischen Eklat zwischen Schweden und dem Irak. Es ging dabei um die geplante Verbrennung eines Korans durch einen Exil-Iraker in Schweden, die dort als Protestaktion angemeldet und von den Behörden erlaubt wurde. Denn Blasphemie ist in Schweden von der Meinungsfreiheit gedeckt. Eine ähnlich geartete Aktion gab es dort bereits vor wenigen Wochen durch den gleichen Mann. Auch wenn der Koran diesmal am Ende nicht Feuer fing, reichte die Aktion aus, um die diplomatischen Beziehungen zwischen Schweden und dem Irak sensibel zu beschädigen. Im Irak wurde die schwedische Botschaft gestürmt und kurz darauf wurde auch die schwedische Botschafterin ausgewiesen.
https://www.tagesschau.de/ausland/asien/schweden-koranverbrennungen-irak-botschaft-102.html
Wir erinnern uns an eine ähnlich geartete Aktion der Riot Grrrl-Band Pussy Riot in Russland, die dort damals zu Haftstrafen verurteilt wurden, da ihr sogenanntes “Punk Prayer” in einer orthodoxen Kirchen zu religiösen Hass aufgestachelt hätte. Auch in Deutschland ist - was wohl nur wenige wissen - mit dem Paragraphen 166 ein Blasphemie-Paragraph im Strafgesetzbuch verankert, der zwar in der Praxis kaum Anwendung findet, in der Theorie aber das Beschimpfen religiöser Inhalte unter Strafe stellt, wenn diese Beschimpfung dazu geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören.
Was meint Ihr also: sollte Blasphemie von der Meinungsfreiheit gedeckt sein oder nicht? Oder seht ihr hier möglicherweise auch eine Differenz zwischen dem Legalen und Legitimen - also dem, was geboten sein sollte und im Zweifel nicht strafrechtlich wohl aber durch die Zivilgesellschaft verurteilt werden sollte?
Das Ergebnis basiert auf 139 Abstimmungen
47 Antworten
Eine echt schwierige Frage.
Grundsätzlich würde ich sagen ja, Gesetzlich sollte es von der Meinungsfreiheit gedeckt sein.
Moralisch gesehen finde ich es extrem verwerflich.
Ich bin überzeugter Agnostiker und halte die Religion für sehr viel schlechtes auf dieser Welt verantwortlich.
Andererseits gab und gibt sie vielen Menschen Halt und Stütze die sonst keinen mehr finden oder eben ein "Moralisches Gesetzbuch" wie die Bibel/Tora/Koran brauchen weil sie anscheinend keinen eigenen Moralischen Kompass besitzen.
Meine Großmutter war ein ehrlich, tief gläubiger Mensch. Ich weiß wie weh es ihr getan hat wenn sie etwas blasphemisches gehöhrt oder gesehen hat.
Auch wenn ich es selbst nicht nachvollziehen kann, kann ich trotzdem mit solchen Menschen mitfühlen, allerdings nur weil ich es eben an ihr erlebt habe wie sich echter Glaube anfühlen muss.
Es ist für mich eine Frage des Respektes, nicht jemanden Mutwillig Schaden zu wollen nur weil er eine andere Meinung (und Glaube ist für mich nichts anderes als Meinung) hat.
Solange also Beleidigung strafbar ist würde ich Blasphemie ähnlich einordnen.
Solche Aktionen wie gerade in Schweden sollten nicht genehmigt werden, denn es wird hier absichtlich eine Aktion gestartet, die geeignet ist die Gefühle der anderen zu verletzen. Es wird hier ja nicht für etwas demonstriert, sondern nur gegen etwas. Und wenn man für Atheismus ist, dann kann man das sagen. Und wenn ein Iraker Christ ist, dann kann er mit einem Kreuz herumlaufen.
Den Koran zu betrampeln und sogar verbrennen zu wollen, das ist doch kindischer Bullshit, der in einer aufgeklärten Gesellschaft überhaupt nichts zu suchen hat, weil die Beleidigung die Hauptabsicht ist.
Meiner Meinung nach brauchen Religionen keinen besonderen Schutz vor Kritik.
Aber bei den Koranverbrennungen geht es um öffentliche Provokation, die Konflikte anheizt. Darum, "den öffentlichen Frieden zu stören", wie es im §166 heißt. Das muss nicht legal sein, es hat auch kaum noch etwas mit Meinungsfreiheit zu tun.
Völliger Unsinn, auf solche Weise öffentliches Ärgernis zu geben und Unfrieden zu stiften. Es gibt auch sozial intelligentere Weisen, die Zustände in der Welt zu verbessern.
Ich sprach von sozialer Intelligenz. Den Begriff kannst du sicher irgendwo nachlesen, wenn du nicht weißt, was das ist.
Wie man an der Koranverbrennung deutlich sieht- auch in anderen Punkten.
Ja, vielleicht gibt es bessere Möglichkeiten, so etwas auszudrücken. Aber die Frage ist doch, ob es strafbar sein soll, und du antwortest ernsthaft mit - Ja...
In welchem Jahrhundert und in welcher menschenfeindlichen Theologie bist du bitte hängen geblieben?
"In welchem Jahrhundert und in welcher menschenfeindlichen Theologie bist du bitte hängen geblieben?"
In welchem Jahrhundert bist du denn hängengeblieben?
Wie menschenfeindlich präsentierst du dich denn?
Eine Handlung muss immer im Gesamtkontext gesehen werden. Und du merkst ja selber, wie unnötig sich da der Hass aufschaukelt. Und wenn es bessere Möglichkeiten gibt, sich auszudrücken, sollte man diesen besseren Möglichkeiten den Vorzug geben. Es geht ja nicht darum, seinen Bauchgefühlen Ausdruck zu verleihen, sondern in der Welt was zum Besseren zu bewegen.
Und wenn es bessere Möglichkeiten gibt, sich auszudrücken, sollte man diesen besseren Möglichkeiten den Vorzug geben.
Achso, dann werden kontroverse Meinungen lieber unter Strafe gestellt, weil sie einer bestimmten Gruppe nicht gefallen könnten?
Reductio ad absurdum!
Die Tat war offensichtlich religiös und persöhnlich motiviert, ein solcher Protest zielt offensichtlich darauf ab, Aufmerksamkeit zu erregen!
Die Frage ist, ob so etwas durch das Grundgesetz und die Verfassung gedeckt ist, und das ist es und damit zumindest hier nicht strafbar...
"Achso, dann werden kontroverse Meinungen lieber unter Strafe gestellt"
Das ist deine Meinung.
Ich habe ein anderes Verständnis davon, wie Menschen einen offenen Diskurs miteinander führen können.
Das ist deine Meinung
Meine Meinung ist das genau Gegenteil...
Ich habe ein anderes Verständnis davon, wie Menschen einen offenen Diskurs miteinander führen können.
Du sprichst dich dafür aus das Blasphemie nicht weiter von der Meinungsfreiheit gedeckt wird. Wie stellst du dir dann einen solchen "sachlichen" Diskurs vor?
"Ja, also verfolgen und einsperren natürlich nicht, aber nur solange sie den Glauben anerkennen und das Recht auf Meinungsfreiheit aufgeben, entsprechende Artikel im Grundgesetz und in der Verfassung kann man ja aus irrationalen Gründen einfach mal streichen um Geldstrafen, Haftstrafen und die Todesstrafe zu ermöglichen, welche die Folge einer solchen Tat wären!"
Dass so etwas in Ländern mit einem säkularen Rechtssystem als Einschränkung der Meinungsfreiheit und der Menschenrechte angesehen wird, scheint dir entfallen zu sein. Blasphemiegesetze sind in fast allen westlichen Demokratien längst abgeschafft.
Klingt für mich gut und völlig sachlich :)
Das ist eine ziemliche Gratwanderung. Laut Paragraph 166 StGb ist eine solche Handlung strafbar wenn die, so wörtlich, "geeignete ist den öffentlichen Frieden zu stören". (https://dejure.org/gesetze/StGB/166.html) Das ist natürlich eine schwammige Formulierung. Ab wann ist dieser Tatbestand erfüllt? Das was in Schweden passiert ist, würde es definitiv erfüllen. Und ich bin der Meinung auch zu Recht. Es muss selbstverständlich die Freiheit geben eine Religion oder Weltanschauung anzuzweifeln, oder zu kritisieren. Aber eine Entwürdigung und sinnlose Diffamierungen ist im Zuge eines Disputs weder angemessen, noch irgendwie zielführend. Ich selbst bin überzeugter Atheist und halte jede Form von Religion eigentlich für absoluten Schwachsinn, und seit jeher die größte Bedrohung von Frieden und Fortschritt. Dennoch glaube ich nicht, das man deswegen einen Gläubigen Menschen beleidigen muss. Eine Auseinandersetzung führen jederzeit. Aber einfach jemand grundlos in den Schmutz ziehen zeigt weder Würde noch Respekt und wird demnach zwangsläufig zu dementsprechenden Reaktionen führen, die völlig unnötig Streit und Hass schüren. Dazu ein Vers aus dem Epos "Dreizehnlinden" von Friedrich Wilhelm Weber:
Wo ich mich in Demut beuge, darf ein Tor nicht ruchlos schelten, was euch heilig will ich achten, was mir heilig lasst es gelten.
Das was in Schweden passiert ist, würde es definitiv erfüllen. Und ich bin der Meinung auch zu Recht. Es muss selbstverständlich die Freiheit geben eine Religion oder Weltanschauung anzuzweifeln, oder zu kritisieren. Aber eine Entwürdigung und sinnlose Diffamierungen ist im Zuge eines Disputs weder angemessen, noch irgendwie zielführend.
Danke dir- so sehe ich es auch!
Religiöser Dogmatismus sollte explizit beleidigt und kritisiert werden dürfen. Dazu zählt auch das Arschabwischen mit Bibel und Koran. Wer das nicht erträgt, ist in einer Theokratie sowieso besser aufgehoben.