Waren Frauen zwischen 1850 und 1950 in Deutschland glücklicher als heute?

nein 65%
keine Ahnung 17%
ja 9%
teilweise 9%

54 Stimmen

13 Antworten

nein

Diese Frage schickt mich immer direkt zurück in die langen Gespräche mit meinem Opa, der ja einen großen Teil dieser Zeit selbst miterlebt hat. Und wenn ich an seine Geschichten denke, ist meine Antwort ein klares und lautes Nein.

Er hat mir oft von meiner eigenen Uroma erzählt, einer unglaublich klugen und willensstarken Frau. Ihr größter Traum war es, Lehrerin zu werden. Aber nach der Volksschule war die Diskussion beendet. Ihr Vater sagte: "Ein Mädchen studiert nicht, das heiratet." Sie wurde dann Hausfrau und Mutter. Mein Opa sagte immer: "Sie hat ihre Kinder geliebt, aber in stillen Momenten hast du die Trauer über das ungelebte Leben in ihren Augen gesehen." Das war das "Glück" von damals: die stille Akzeptanz eines Schicksals, das andere für dich gewählt hatten.

Eine andere Geschichte, die er mir erzählt hat, war, wie meine Oma in den 50ern nicht einmal ihr eigenes kleines Sparkonto eröffnen durfte ohne seine Unterschrift. Er sagte kopfschüttelnd: "Sie hat den ganzen Laden hier geschmissen und jeden Pfennig zusammengehalten, aber auf dem Papier war sie ein Kind und ich ihr Vormund."

Diese persönlichen Geschichten sind für mich der Beweis: Echtes Glück ist untrennbar mit Freiheit und Selbstbestimmung verbunden. Die Probleme, mit denen Frauen heute kämpfen, sind oft die anstrengenden Probleme der Freiheit – die Zerrissenheit zwischen den vielen Möglichkeiten. Aber das ist ein Luxus im Vergleich zu dem stillen Schmerz, gar keine Möglichkeiten zu haben. Deshalb war das Leben damals vielleicht einfacher, aber ganz sicher nicht glücklicher.


VitaminaC 
Beitragsersteller
 11.09.2025, 09:58

Weise Worte!

Julien4  11.09.2025, 10:03
@VitaminaC

Danke, da steckt sehr viel trauriges dahinter. Hab versucht so positiv wie möglich zu schreiben. <:

nein

Diese Zeit war für sehr viele Frauen geprägt dadurch, dass sie keinerlei Selbstbestimmungsrechte und Möglichkeiten zur eigenen Entfaltung hatten. Zudem haben viele ihre Partner, Männer und Kinder in den diversen Kriegen verloren. Sie waren billige Arbeitstiere, konnten und durften ihre Geburten nicht kontrollieren, waren ganz dem/ihrem Mann, ihrem Vater (wenn noch nicht verheiratet) und oft sogar der Kirche/Religion unterworfen. Einzig, dass sie es nicht besser kannten, war wohl eine Art Segen für sie, denn an eine Freiheit haben sie vielleicht gedacht oder darauf gehofft, aber das war nur Wunschdenken und oft nicht realisierbar. Ich glaube nicht, dass die Frauen deswegen glücklicher waren als heute. Sie hatten nur andere Sorgen, Probleme oder Grenzen, die sie nicht überbrücken konnten.

nein

Unterdrückt, (teilweise) rechtlos, der Ehemann durfte alles bestimmen und hatte Züchtigungsrecht ...

Sie haben sich vielleicht abgefunden, aber glücklich waren sie deshalb nicht.

nein

Sie waren zumindest wesentlich unfreier als heute. Von dem allgemein deutlich geringeren Lebensstandard, den Kriegen etc ganz zu schweigen

das mag nicht bei jedem direkt dazu führen das man unglücklich ist, da man die besseren Umstände gar nicht kennt. Aber definitiv hat das für wesentlich mehr Sorgen und Nöte geführt, die wir und heute meistens kaum vorstellen können. Und das macht auch unglücklich


VitaminaC 
Beitragsersteller
 11.09.2025, 10:24
Sie waren zumindest westlich unfreier als heute. 

Ich glaube, du meintest wesentlich und nicht westlich.

nein

und zwar völlig unabhängig davon, wofür sie sich entschieden - es gab zwei Möglichkeiten

a) sie haben nicht geheiratet und blieben allein - abgesehen von der Armut, der sie in der Regel ausgesetzt waren, wurden sie als alte Jungfern abgestempelt - der Zugang in die Gesellschaft und auch Bildung wurde ihnen verweigert -sie waren sozusagen nicht salonfähig - oder man stempelte sie als Lesben ab - Kinder mussten sie sich aus dem Kopf schlagen, Sex war nur innerhalb der Ehe gestattet und auch nur dann, wenn man Kinder wollte - wer dagegen verstieß -und es wurde publik- der wurde verstoßen und ausgegrenzt

b) sie haben geheiratet und haben mit dem JA auf dem Standesamt gleichzeitig ihr Hirn abgegeben - sie waren de facto handlungsunfähig und rechtlos, sexueller Missbrauch in der Ehe und Prügel vom Ehemann inklusive - viele Männer soffen am Zahltag wie die Löcher, weil sie die stetig steigende Anzahl der Kinderschar und die Enge nicht mehr nüchtern ertragen konnten - Fröhliche Weihnachten !!

eine tolle Welt war das