Psycho-Therapie wird zur Moraldiskussion
Hallo!
Als an einer starken Angststörung Leidender habe ich Psycho-Therapie-Erfahrung von mehreren Jahren bei mehreren TherapeutInnen. Und bin noch immer angstgestört und angstgesteuert.
Meine Offenheit und mein Vertrauen gegenüber meinen TherapeutInnen ist dabei über die Jahre gewachsen. Hauptsächlich aus der Not heraus, (endlich) gesünder zu werden. Dh ich teile recht schnell Gedanken von mir mit, die mir peinlich, schambehaftet oder sonst wie unangenehm sind.
Doch immer noch: Die Angst steckt meinem Leben klare Grenzen. Da habe ich bisher kein gesprächstherapeutisches Mittel gefunden. Ich will meinem Ärger Luft machen über die Verschwendung von meiner Zeit und meinem Geld (einen Großteil der Therapien habe ich selbst bezahlt) und meiner Gesundheit:
Ich sehe durch die Bank bei den BehandlerInnen folgendes Muster:
Ich komme in die Therapie, weil ich Angst habe. Die Angst hat Folgen. Ich bin erschöpft (Angstzustände, Schlafstörungen etc) und kann viele Dinge, die mir gut tun, weniger tun. ZB gewisse Sportarten, weil die Konzentration fehlt. Ich flüchte aus sozialen Situationen, weil ich auch dafür nicht die Kraft mehr habe. Bzw. ich will allein sein, wenn es mir schlecht geht, weil ich dann zB weinen möchte.
Der Therapeut redet mit mir über mein Leben in der Gesellschaft. Die Gespräche nehmen mein Verhalten, meine Denkweisen und meine Bewertungen in den Fokus. Und der Therapeut legt seine Denkweisen und Bewertungen dar. Schaue ich nach 2 Jahren auf die letzte Therapie zurück, so habe ich in erster Linie diese Diskussionen im Kopf. Das sind auch durchaus interessante Gespräche gewesen. Und bei vielen Dingen konnten wir zu einer gemeinsamen Meinung kommen. Wir konnten, feststellen, wie ich sinnvoll über meine Angst und mein Verhalten denke. Und was wichtig ist bei einem gesunden Zusammenleben in Beziehungen, die wiederum die Angst reduzieren könnten.
ABER: Gegen meine Angst hat das nicht geholfen. Das wollte mir der Therapeut zwar suggerieren. Aber die Angst ist weiterhin stark. Es erscheint mir am heutigen Abend absurd, dass Psychotherapie für einen Angstgestörten wie mich, in dieser Art abläuft. Gehe ich mit einem gebrochenen Arm ins Krankenhaus, so wird der Chirurg doch nicht anfangen, mit mir Gespräch über moralisches und gesellschaftlich-konstruktives Verhalten zu führen. Sondern er operiert meinen Arm. Der Psychotherapeut sollte mich doch ebenfalls so sehen, dass mein Angstzentrum im Kopf einfach "außer Rand und Band" ist. Und dass ich massiv darunter leide und keine Werkzeuge besitze, dieses Angstzentrum hinreichend zu beruhigen. Und dass ich lediglich nur dafür Hilfe brauche. Ich brauche hingegen nicht Hilfe, um mein Leben zu organisieren, etwa mich sozial zu integrieren. Oder um meinen Alltag zu organisieren. Denn dieses Verhaltenspotenzial habe ich ja. Es ist nur blockiert, weil meine Angst mich in den Rückzug treibt.
Und so wird Sitzung für Sitzung wieder neu besprochen, warum es denn in theoretischer Hinsicht total unnötig ist, dass ich weiter Angst habe. Damit ich das "irgendwann" mal sein lasse mit der Angst...
Wie seht ihr das - sehe ich Psychotherapie für Angstgestörte hier genau richtig kritisch? Oder gehe ich zu hart mit den Therapeuten ins Gericht? Was habet ihr selbst für Erfahrung gemacht? Wie viel hilft das Reden?