Wie steht eigentl. das Gros unserer Klimaforscher zum Thema Atomausstieg 2023... sind die Meisten dafür.. oder dagegen?

5 Antworten

Eine große Mehrheit der staatlich bezahlten Klimaforscher ist gegen den Atomausstieg 2023. Sie halten ihn für verfrüht. Was den langfristigen Ausstieg betrifft, so sind da die deutschen Klimaforscher gespalten. Einige wollen einen langfristigen Ausstieg, andere setzen auf die KKWs der 4. Generation.

Hier haben sich Klimaforscher und ernst zu nehmende Wissenschaftler in einem offenen Brief gegen den Atomausstieg 2023 ausgesprochen.

https://www.focus.de/finanzen/news/atom-ausstieg-im-ticker-nobelpreistraeger-und-klimaexperten-richten-offenen-brief-an-akw-schliesser-scholz_id_191069699.html

Nobelpreisträger und Klimaexperten richten offenen Brief an Akw-Schließer Scholz

und

https://www.welt.de/wirtschaft/article244777400/Atomausstieg-Nobelpreistraeger-und-Klimaforscher-fordern-Weiterbetrieb-deutscher-AKW.html

Deutsche Umweltvereine fordern die Politik seit Jahren dazu auf, im Klimaschutz den Empfehlungen von Wissenschaftlern zu folgen. Kurz vor dem Vollzug des deutschen Atomausstiegs am Samstag erweist sich der Appell „follow the science“ jedoch als schwere Hypothek.
Denn während etwa der BUND für Umwelt und Naturschutz Deutschland das Aus für die drei letzten deutschen Kernkraftwerke mit „bunten Abschaltfesten“ feiern will, fordern führende Klimawissenschaftler und Spitzenforscher das genaue Gegenteil: den Weiterbetrieb der drei Meiler Isar 2, Emsland und Neckarwestheim 2. 

Expertin Claudia Kemfert findet, wir hätten bereits im Januar aussteigen sollen. In der Vergangenheit lag sie mit ihren Expertisen, beispielsweise zu Nord Stream II, sehr gut.

https://utopia.de/atomausstieg-strommenge-ersetzbar-kemfert-interview-499135/

JamesBaxter 
Fragesteller
 14.04.2023, 14:29

Auch das beantwortet leider nicht meine Frage.

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Geraldianer  14.04.2023, 14:32
@JamesBaxter

Ich habe dazu keine näheren Informationen. In Deutschland ist die Mehrheit der relevanten Forscher sicher dafür. Aber es könnte im Ausland anders sein.

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JamesBaxter 
Fragesteller
 14.04.2023, 14:38
@Geraldianer

Klimaforscher scheinen überaus scheue Geschöpfe zu sein^^... ich hätte mir bei solch relevanten Fragen/Entscheidungen gewünscht, dass eine Konferenz unter ihnen stattgefunden hätte, um das Für und Wider abzuwägen.

Dies hätte auch in der Bevölkerung zu einen breiten Akzeptanz geführt.. und hätten uns eine Menge Streiterei erspart :)

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Geraldianer  14.04.2023, 14:41
@JamesBaxter

Naja, das ist auch eine politische, ökonomische und technische Frage. Nicht jeder Klimaforscher wird sich an dieser Diskussion beteiligen wollen.

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FabianPavian  14.04.2023, 19:14
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Die meisten sind dagegen. Sogar Greta Thunberg sagt das wir mehr Atomkraftwerke brauchen.

Ich komme ein bisschen aus der Forschung und rein anekdotisch kann ich keine Mehrheit für das eine oder andere erkennen. Manche sprechen sich deutlich dagegen aus (Rahmstorf z. B.), manche andere deutlich dafür (vor allem aus den USA).

Ich würde die Frage aber auch nicht überbewerten. Klimaforschung ist ja doch eine deutlich andere Fachrichtung als Energiewirtschaft.

Klimaforscher beschäftigen sich mit der Analyse und Erforschung unseres Klimasystems und sind insgesamt der Meinung, wir sollen unseren Treibhausgas Ausstoß verringern – insbesondere CO2 weil dieses den größten Anteil an der anthropogenen Erwärmung hat. (Es gibt auch Umfragen bezogen der Position von Wissenschaftlern auf die Verwendung von Kernkraft; siehe am Ende)

Eine Studie der NASA hat z.B. festgestellt, dass Kernenergie von 1971 bis 2009 rund zwei Millionen Menschen gerettet und 64 Gigatonne CO2-Äquivalent verhindert hat, aufgrund der Ersetzung von fossilen Energiequellen wie Kohle.

Quote: “  Using historical production data, we calculate that global nuclear power has prevented an average of 1.84 million air pollution-related deaths and 64 gigatonnes of CO2-equivalent (GtCO2-eq) greenhouse gas (GHG) emissions that would have resulted from fossil fuel burning.”  [1]

Die UNECE gibt einen Wert von 74 Gigatonnen CO2-Äquivalent in den letzten 50 Jahren an, welcher durch die Verwendung von Kernkraftwerken verhindert wurde. Insgesamt so viel, wie weltweit in zwei Jahren durch Energiebezogene Emissionen ausgossen wird

Quote: Nuclear power is a low-carbon energy source that has played a major role in avoiding CO2 emissions. Over the past 50 years, the use of nuclear power has reduced global CO2 emissions by about 74Gt, or nearly two years’ worth of total global energy-related emissions [2]

Nun ist es so, dass durch den Atomausstieg, die wegfallende Energie – jedenfalls in Deutschland, in den vergangenen Jahren immer wieder durch Kohlekraft kompensiert wurde. Das ist schlecht. Denn dadurch werden deutlich mehr Emissionen ermittelt als es bei Kernkraft der Fall wäre.

Quote:  "We find that the lost nuclear electricity production due to the phase-out was replaced primarily by coal-fired production and net electricity imports. This lost nuclear production was replaced by electricity production from coal- and gas-fired sources in Germany as well as electricity imports from surrounding countries."  [3]

Bild zum Beitrag

Diese Grafik von OurWorldinData veranschaulicht ziemlich gut, wie viel schlechter Kohlekraft im Vergleich zu Kernkraft ist. Daher kann ich mir nicht vorstellen, dass es Klimaforscher gibt, welche wirklich der Meinung sind, Kernkraft nach Beispiel von Deutschland kompensiert. Der IPCC selbst (welcher nach Meinung der meisten Wissenschaftlern die fundiertesten wissenschaftlichen Zusammenfassungen erstellt) sagt, dass Kernkraft gerade in Ländern mit hohem Kohlestromanteil sehr nützlich für die Ersetzung von fossilen Brennstoffen sein kann. Der IPCC betont aber auch, dass Kernkraft eine besondere Herausforderungen in Bezug auf Sicherheit, Entsorgung radioaktiver Abfälle, Proliferation und finanzielle Kosten mit sich bringt.

Insgesamt lässt sich auf jeden Fall sagen, dass sehr wenig Klimaforscher der Meinung währen, dass es gut ist, Kernkraft durch Kohlekraft zu ersetzen. Es wird sicherlich eine Menge an Wissenschaftlern geben, welche der Meinung sind, dass wir Kernkraft nicht die Zukunft der Energieversorgung darstellt und das man früher oder später davon wegkommen sollte. Hier wird aber eher gemeint, dass diese wegfallende Energie durch erneuerbare oder emissionsarme Energiequellen ersetzt werden und nicht durch Kohlekraft, wie es gerade in Deutschland der Fall war/ist.

Position von Wissenschaftlern bezogen auf die Verwendung von Kernkraft:

The demographics of nuclear power: Comparing nuclear experts’, scientists’ and non-science professionals’ views of risks, benefits and values - ScienceDirect

Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass Experten und Wissenschaftler im Allgemeinen eher positive Einstellungen zur Kernenergie haben als Nicht-Wissenschaftler. Jedoch ist das ziemlich unterschiedlich und es gibt keine wirklich einheitlich Meinung über mehrere Studien.

Quellen:

[1] Pubs.GISS: Kharecha and Hansen 2013: Prevented mortality and greenhouse gas emissions from historical... (nasa.gov)

[2] Nuclear power brief_EN_0.pdf (unece.org)

[3] The Private and External Costs of Germany's Nuclear Phase-Out | NBER

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Bachelor of Science in Earth and Climate Sciences
 - (Deutschland, Gesellschaft, Strom)