War der Nationalsozialismus trotz allen Irrtümern in Teilen linksextrem?

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Ja, es gab anfangs auch eine linke Fraktion in der NSDAP, die wurde 1934 durch den sog. "Röhm-Putsch" eliminiert (etwa 100 Parteigenossen wurden schlicht ermordet).

Von da an war die NSDAP pur rechtsextrem. Es wird angenommen, dass Hitler damit eine Forderung seiner Geldgeber erfüllt hat.


Tremboe  13.02.2025, 10:05

Welche Geldgeber waren das den?

rr1957  13.02.2025, 12:03
@Tremboe

Wurde wohl nie bekannt. Hitler hat sich mit vielen einflussreichen Leuten damals getroffen, aber was da jeweils abgesprochen wurde blieb naturgemäss unbekannt.

(Wir würden ja heute auch nicht wissen, ob irgendwelche grösseren Parteispenden mit konkreten Zusagen verknüpft sind oder nicht. War damals noch viel weniger transparent.)

War der Nationalsozialismus trotz allen Irrtümern in Teilen linksextrem?

Eindeutig nein und das begründe ich auch gerne.

Ob eine Ideologie bzw. politische Strömung sozialistisch bezeichnet werden kann oder nicht, hängt von der Definition des Begriffes "Sozialismus" ab.

Was keinesfalls seriös ist, alleine aus dem Wort "sozialistisch" etwas ableiten zu wollen, wie es z.B. die Weidel macht. Das ist ein billiger rhetorischer Trick. Wenn alleine das Wort zählen würde, müsste man auch die Demokratische Volksrepublik Korea, also Nordkorea, als demokratisch bezeichnen und das ist Nordkorea ja nun wirklich nicht.

Da es keine einheitliche Definition von "Sozialismus" gibt, muss man da genauer nachfragen, welche Definition jemand gerade verwendet. Heutzutage ist das Verständnis vor allem durch die pseudokommunistischen Staaten im Osten geprägt, die den Sozialismus als Vorstufe zum Kommunismus sahen, der als Gegenentwurf zum Kapitalismus zu verstehen ist. In diesem Sinne war der Nationalsozialismus keinesfalls sozialistisch. Hitler hat in "Mein Kampf" und seinen späteren Reden den Kapitalismus nur insoweit angegriffen, als er von Juden dominiert wurde (Kampfbegriff: "das internationale Finanzjudentum"). Den Kapitalismus, der in deutschen Händen lag, die Industrieproduktion und Aufrüstung Deutschlands leistete, ihn finanziell unterstützte und der sich den Zielen der Nazis unterordnete, förderte er hingegen. Nicht zuletzt ließ er sich von den deutschen Großindustriellen reichlich gut bezahlen und wurde in seiner kurzen Herrschaft selber zum Multimillionär. Schätzungen über Hitlers Gesamtvermögen reichen von 50 bis 100 Millionen Reichsmark (entspricht heute mehreren Hundert Millionen Euro).

Bevor die Kommunisten den Begriff des Sozialismus Anfang bis Mitte des letzten Jahrhunderts okkupierten und prägten, wurde darunter noch etwas anderes verstanden. Als der Sozialismus (von lateinisch socialis ‚kameradschaftlich‘) im 19. Jahrhundert als politische Ideologie entstand, verstanden seine Schöpfer in Anlehnung an die frz. Revolution als Grundwerte Gleichheit, Gerechtigkeit, Solidarität. In diesem Sinne, vor allem unter dem gesellschaftlichen Aspekt der Gleichheit als Gegenentwurf zum Individualismus, sind sowohl Nazis,, als auch Kommunisten und AfD sozialistisch. Allen schwebt die Gleichschaltung der Gesellschaft vor, die sowohl Hitler als auch Stalin konsequent durchführten. Auch die AfD strebt ähnliches an. Da wären z.B. die Gleichschaltung der Medien ("Abschaffung der Lügenpresse, Abschaffung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks etc.) und auch Gleichschaltung bzw. Unterwerfung der Justiz, wie sie alle rechtsextremen Regierungen in unserer Zeit versuchen. Typische Merkmale des Individualismus wie freie Entfaltung der Persönlichkeit, freie Meinungsäußerung, Recht auf Opposition, freie und geheime Wahlen, also kurz gesagt die Merkmale der freiheitlich demokratischen Grundordnung, sind ihnen dagegen häufig zuwider.

Da sich Linksextreme und Rechtsextreme bei der sozialistischen Gleichschaltung kaum unterscheiden, müssen wir noch ein anderes Kriterium heranziehen. Worin sie sich ebenfalls nicht unterscheiden ist die Einstellung zur Gewalt. Beide sehen Gewalt als legitimes Mittel an und beide wollen auch kämpfen, haben ihre Freude daran. Der Unterschied liegt genau darin, wie sie die Weltbevölkerung einteilen und welche Gruppen sie gegeneinander kämpfen lassen wollen. Ich will das mal an einem Schaubild verdeutlichen:

Bild zum Beitrag

Die gesamte Menschheit lässt sich grob in einzelne Nationen und auch in Arme und Reiche aufteilen. Die Rechtsextremen wie auch die AfD sehen die Nationen als Einheit und die einzelnen Nationen stehen im Wettbewerb zueinander ("Deutschland den Deutschen, Ausländer raus"). Daher spielt die Migration bei denen eine so große Rolle. Der Konflikt zwischen Armen und Reichen spielt bei der AfD keine Rolle. Im Gegenteil. Mit ihrer turbokapitalistisch-neoliberalen Wirtschaftspolitik würden sie die Schwere zwischen Arm und Reich noch viel schneller öffnen.

Anders die Linksextremen. Die sehen den Hauptkonflikt zwischen Armen und Reichen über alle Ländergrenzen hinweg. Sie wollen den Kampf Arm gegen Reich. Die Vermischung der Nationen und Ländergrenzen sind für sie zweitrangig. Für sie spielt die soziale Frage die größte Rolle und nicht die Migration.

Alles in allem ist daher die Aussage Weidels, die Nazis wären linksextrem gewesen, völliger Blödsinn...was aus ihrem Munde allerdings auch nicht sonderlich überraschend ist.

 - (Krieg, Europa, Philosophie)

Egal wie oft diese Frage nach Musks und Weidels geistigem Durchfall noch gestellt word, die Antwort bleibt die gleiche:

Bis auf den Namen hat der Nationalsozialismus wenig mit Sozialismus zu tun.

Sozialisten geht es um die Aufhebung der kapitalistischen Wirtschaftsweise und der Klassengesellschaft. Internationalismus und der Gleichheitsgedanke spielen dabei zentrale Rollen, weshalb Nationalismus und Rassismus als spalterisch abgelehnt werden.

Der Nationalsozialismus ist hingegen eine Ideologie der Ungleichheit. Er propagiert nicht nur die Minderwertigkeit von anderen Nationen und Rassen, sondern auch die wirtschaftlichen und politischen Hierarchien innerhalb der Nation. Die Nazis wollten nicht die Klassen, sondern den Klassenkampf abschaffen, um eine klassenübergreifende "Volksgemeinschaft" zu schaffen, in der die Arbeiter mit ihrer unterlegenen Stellung zufrieden wären und die Position der wirtschaftlichen und politischen Eliten unangetastet bleibt.

Die Nazis und die Faschisten in anderen Ländern zogen ihr Mobilisierungspotential gerade aus der Sorge vor einer erstarkenden sozialistischen Linken und den Abstiegsängsten des Kleinbürgertums, das sich durch die Arbeiterbewegung bedroht sah.

Kommunisten, Sozialdemokraten und Gewerkschafter waren deshalb die ärgsten ideologischen und politischen Gegner der Nazis und wurden von ihnen massenhaft verhaftet, gefoltert und ermordet, während Liberale und Konservative sich in vielen Fällen mit den Nazis abfanden oder sie sogar aktiv unterstützten und zu ihnen überliefen. Nach Kriegsende waren es CDU/CSU und FDP, die den alten Nazikadern eine neue politische Heimat boten.

Der Antikapitalismus, der bei den Nazis vor allem in den 20er Jahren noch eine Rolle spielte (und spätestens mit der Ermordung von Ernst Röhm endete), war auf Phrasen begrenzt, inkonsequent, widersprüchlich und ging nur so weit, wie er antisemitisch ausgeschlachtet werden konnte. Deutlich wird das an dem Bild des "raffenden" Finanz- und Handelskapitals, das mit dem Judentum assoziiert wurde, und dem "schaffenden" Industriekapital, das mit Deutschtum und Tugendhaftigkeit verbunden wurde.

Die Nazis mobilisierten also lediglich gegen die abstrakten Seiten des Kapitalismus, lobten aber hingegen den sozialdarwinistischen Konkurrenzkampf auf dem freien Markt. Tatsächlich sind das nur zwei Seiten des gleichen Systems. Das Finanzwesen war auch keinesfalls nur jüdisch besetzt, und tatsächlich gehörten die meisten jüdischen Deutschen der Arbeiterklasse an.

In der rassistischen Ideologie der Nazis wurde einfach alles, was dem Ideal der Volksgemeinschaft entgegenstand, als jüdisch oder von Juden beeinflusst begriffen. Wenn einem deutschen Arbeiter seine Klassenzugehörigkeit wichtiger war als die Nationalität, dann wurde das als Folge einer jüdischen Unterwanderung interpretiert. Die absurde Konsequenz ist, dass völlig gegensätzliche Erscheinungen als "jüdisch" erklärt wurden, wie das unproduktive Finanzkapital, der internationalistische Kommunismus und der Kosmopolitismus des Bildungsbürgertums.

Im Zuge dieser oberflächlich antikapitalistischen Mobilisierung wurden auch zahlreiche aus dem Marxismus stammende Begriffe völlig umgedeutet, eben auch der "Sozialismus", der zur Volksgemeinschaft verdreht wurde. Bei denjenigen Arbeitern, die bereits sozialdemokratisch oder kommunistisch organisiert waren, verfing diese Strategie kaum, unter den Arbeitslosen fanden die Nazis mit dieser Strategie aber eine gewisse Basis.

Nach der Machtübergabe an die Nazis zeigte sich, dass sie weder den Arbeitern noch den Kleinbürgern tatsächliche Vorteile boten, tatsächlich schlossen sie Bündnisse mit dem Großbürgertum, das nun viel hilfreicher für die Ausrichtung der gesamten Industrie auf rassistischen Vernichtungskrieg war. In der Folge wurden Monopole gefördert, Löhne auf niedrigen Niveau eingefroren, Streiks illegalisiert, die Gewerkschaften und Arbeiterparteien zerschlagen, Banken, Reichsbahn und Metallindustrie privatisiert und Sozialleistungen gestrichen bzw. an halb-private Organisationen abgegeben und an rassische Voraussetzungen gebunden.

Auch die Führung der kleinbürgerlichen und proletarischen Nazi-Schlägertruppen, darunter Ernst Röhm und Gregor Strasser, wurde kaltgestellt, weil sie in dieser Phase der Naziherrschaft nicht mehr benötigt wurden. Den großen Kapitalisten ermöglichten die Nazis hingegen riesige Profite durch die Beschlagnahmung jüdischen Vermögens, die Plünderung der besetzten Gebiete und den Einsatz von Zwangs- und Sklavenarbeit.

Der Rassenwahn der Nazis stand aber immer an erster Stelle und machte in manchen Fällen Interventionen in die Privatwirtschaft notwendig. So wurden bestimmte Industrien zwangsweise auf die Herstellung von Rüstungsgütern ausgerichtet. Auch der Holocaust bedeutete punktuell Konflikte zwischen der Naziführung und Unternehmern, denn diese hätten mehr davon profitiert, die Arbeitskraft von ethnischen und politischen Gefangenen auszubeuten, statt sie im großen Stil zu vernichten - auch wenn die Kosten und Einträge der Konzentrationslager genau kalkuliert wurden.

Die Lenkung der Wirtschaft während des Krieges war auch kein Alleinstellungsmerkmal der faschistischen Diktatur, sondern wurde in ähnlicher Weise auch in den liberal-kapitalistischen Ländern, wie etwa England und Frankreich, praktiziert - hier wie dort aus reiner Notwendigkeit. Weder äußerten die Anführer der Nazis die Absicht, die planwirtschaftlichen Elemente nach dem Krieg beizubehalten, noch waren die deutschen Unternehmer zu irgendeinem Zeitpunkt über diese Möglichkeit besorgt. Das allein spricht Bände, da Unternehmer für gewöhnlich gegen jede Einschränkung ihrer Profitaussichten Sturm laufen.


DerRoll  13.01.2025, 15:17

Eine ausgezeichnete Antwort die meiner Meinung nach den Stern verdient hätte. Darf ich sie mir auf Wiedervolage liefern um sie an passender Stelle zitieren zu können?

Die Frage wurde hier schon so oft gestellt und immer wieder wurde hier gezeigt, dass die NSDAP - genauso wie die AfD rechtsextrem ist. Wenn man die Suchfunktion benutzt, findet man auch viele richtig gute Antworten darauf, die widerlegen, dass die Nazis angeblich linksextrem waren. Außerdem sollte man auch in der Schule aufpassen und auch selbst recherchieren...und nicht bei Verschwörungs"theoretikern", sondern bei Experten.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Studium und Beruf

titzi4  12.01.2025, 15:40

Klar und die sogenannten "Experten" bestimmt wer? So wie bei Corona z.b. die "Experten" bestimmt wurden...

CorgiMcweasel  12.01.2025, 16:11
@titzi4

bestimmt besser als irgendwelche Stammtischbrüder und -schwestern ohne Abschluss udn Prüfung in dem Bereich.

Der „Sozialismus“ im Namen war eine reine Etikette. Es war ein Mittel zum Marketing. Sie erhofften sich dadurch vor allem die Arbeiterklasse als Wählergruppe für sich zu gewinnen und die politische Linke aus dem Diskurs zu verdrängen. Der „Sozialismus“ war ein reiner Propaganda-Begriff. Er diente der Legitimation ihrer neoliberalen und zerstörerischen Politik.

In Wahrheit verfolgten die Nazis aber einen in seinen Grundzügen ungleichen Faschismus, der an Volk und Heimatland gebunden war und am Ende eher den Kapitalisten zugute kam.

Es ist ein Irrtum, dass das Wirtschaftssystem unter den Nazis vergesellschaftet wurde. Selbst die Rüstungsindustrie, die Hitler so am Herzen lag, wirtschaftete frei und ohne Verstaatlichung. Natürlich arbeitete sie so, wie es sich die Nazis vorstellten, doch enteignet wurden sie nicht. Genauso wurde keine Industrie in die Hände der Arbeiter übergeben. Hitler löste weder das Privateigentum auf, noch übergab er die Produktionsmittel an das Proletariat. Die wirtschaftliche Herangehensweise der Nazis war zutiefst kapitalistisch. Man beschaffte etliche Zwangsarbeiter und ließ sie bis zum Tode arbeiten und ermöglichte so den großen Industrien ihren Gewinn radikal zu steigern. Hitler ließ die Gewerkschaften zerschlagen und enteignen, er ließ Sozialdemokraten und Kommunisten rücksichtslos verfolgen und inhaftierte sie auch in den Konzentrationslagern. Politische Gegner bezeichneter er unter anderem als „Kulturbolschewisten“. Bereits in frühen Schriften von Hitler brachte er seinen Hass gegenüber Kommunisten und Sozialisten zum Ausdruck.

Woher ich das weiß:Hobby – Antifaschismus, Nihilismus, Sarkasmus, Apfelmus

scatha  16.02.2025, 14:14

Ist das "Links" bei den heutigen sozialistischen Parteien, nämlich SPD, Grüne und Linke, vielleicht auch nur ein Etikettenschwindel ?

Velbert2  12.01.2025, 15:39

Sozialistisch war der Begriff in NSDAP, der KPD-Anhänger einfangen sollte, die mit der internationalistischen Ausrichtung der KPD, besonders in Richtung Sowjetunion, nicht einverstanden waren.