Steht die deutsche Demokratie den Klimazielen im Weg?
Hallo, ich war vor ein paar Monaten in einem Klimacamp und dort wurde diskutiert, ob man mit der deutschen Demokratie die Klimaziele, die Deutschland sich gesetzt hat, überhaupt erreichen kann.
Beispiele: Vegane Ernährung ist für das Klima bewiesen viel besser als Ernährung mit Fleisch.
Doch die 3% Veganer in Deutschland machen nicht so ein großen Unterschied, dass sich an den Klimazielen Deutschlands signifikant etwas ändern würde.
Daher kam den Leuten dort der Gedanke, dass man die Leute verpflichten müsste, sich vegan zu ernähren. Dies verstößt logischerweise gegen das Grundgesetz und ist somit nicht durchführbar.
Weiteres Beispiel: Die Industrie stellt viel Kosmetik her, die nicht umweltfreundlich ist. Sei es durch Parfüm, Mineralöle, Palmöl, etc.
Diese Produkte sind günstig und Kosmetika die vollständig nachhaltig, umweltfreundlich und klimaneutral sind, gibt es praktisch nicht.
Lösungsvorschlag: Die deutsche Regierung verbietet solche Produkte und verpflichtet Hersteller und Verbraucher, klimaneutrale Produkte herzustellen und zu konsumieren.
Auch das ist mit der Demokratie nicht vereinbar.
(Die Leute im Klimacamp schlugen daher eine Klimadiktatur inklusive Umerziehungslager für Klimawandel Verleugner vor. Natürlich war dies auch dort lediglich ein hypothetisches Szenario.)
Deswegen die Diskussionsfrage:
Sind die Klimaziele, die Deutschland bis 2030 schaffen möchte, mit demokratischen Mitteln realistisch zu erreichen? Oder würde es mit unserer Demokratie weitaus länger dauern oder ist das Erreichen egal zu welchem Zeitpunkt illusorisch, weil der Konsens für radikale Maßnahmen fehlt?
Hinweis: Hier steht nirgendwo meine Meinung. Ich fand die Frage lediglich interessant, und distanziere mich von jeglichen Reichsbürgern oder diktaturfreundlichen Ideen.
Der Fokus liegt hier nicht darauf, ob die Demokratie gut oder schlecht ist, sondern auf den Klimazielen.
Ich bitte darum, demokratiefeindliche Kommentare zu unterlassen und hoffe auf eine respektvolle Diskussion.
9 Antworten
Das Problem ist nicht die Demokratie, sondern die Grund- und letztlich die Menschenrechte, die dahinterstehen.
Klar sind die ein totaler Bremsklotz, um Extreme schnell durchzusetzen. Was glaubst du wie effektiv unsere Polizei wäre, wenn es erlaubt wäre jeden Bürger 24/7 inklusive sämtlicher Aktivitäten online zu überwachen? Wie viele Anschläge und Straftaten überhaupt es dann noch gäbe?
Und nur mal so: Wenn du dich weiterhin von derart problematischen Positionen distanzieren willst, dann wäre wohl auch das Klimacamp keine gute Idee. Die wirken auf mich (nach dem was du hier erzählst) nämlich kaum anders als Extremisten, für die Menschenrechte irgendwo unter 'ferner liefen' stehen.
Das nicht, aber umgekehrt.
Die CO2-Steuern sind undemokratisch (und unwissenschaftlich).
Demokratie ist freilich nicht die Staatsform, die am schnellsten auf "neue" Probleme reagieren kann. Insbesondere während der Corona-Pandemie hat man das gespürt, als die Infektionsdynamik sehr oft Maßnahmen erforderlich machte, die nicht ausführlich parlamentarisch ausdiskutiert werden konnten.
Beim anthropogenen Klimawandel besteht zwar mehr Zeit, Dinge zu ändern ("bis 2030" ist ein anderer Horizont als "in zwei Wochen" bei Corona), das könnte also grundsätzlich demokratisch passieren. Aber dennoch fürchten viele Leute den Verlust der Annehmlichkeiten, die sie als "Wohlstand" wahrnehmen (du schneidest ja zuerst das Problem des Konsums von Produkten aus der industriellen Tierzucht, und in der Tat ist ein Stück Rinderfilet der Inbegriff einer luxuriösen Mahlzeit). Die Leute wollen sich ihren "Wohlstand", einen Lebensstandart (der übrigens weit über die Spitze der Maslowschen Bedürfnispyramide hinausgeht) konservieren, ich höre das sehr häufig heraus, wenn ich vor allem mit älteren Leuten "politisiere", da geht es nicht nur darum, ob man den Konsum von Genussmitteln wie Fleisch, Milchprodukten, Mobilitätshilfen wie dem Auto (groß, luxuriös, dominant) oder Elektromotoren an Fahrrädern, Fernreisen, etc. aus freien Stücken einschränkt (wobei ich da freilich nicht missioniere, ich initiiere seltenst politische Diskussionen mit anderen Laien) sondern auch um so Sachen wie die Rente, Wohnraum und dergleichen mehr. Demgegenüber steht natürlich der Klimaschutz mit Konsumeinschränkungen (freiwillig oder auferlegt?), (vermeintlich) teureren Technologien und vielen Gerüchten, die aus einer Bubble gestreut werden, die wirtschaftlich noch extrem vom klimaschädlichen Verhalten der Bevölkerung profitiert.
Bei der momentanen Alters- und Bildungsstruktur, der Medienkompetenz und den kulturellen Entwicklungen der Nachkriegszeit sehe ich beim Erreichen der Klimaziele bis 2030 bildlich gesprochen und im Blick auf das politische Farbspektrum leider schwarz (und hoffentlich nie blauer als schwarz). Aber viel mehr als selbst wählen zu gehen und als gut ausgebildeter Ingenieur und Naturwissenschaftler an den richtigen Fragestellungen und Technologien zu arbeiten, kann ich auch nicht tun.
Das Problem ist nicht die Politik, sondern die Menschen an sich. Es könnte so viel einfacher sein. Wenn die Menschen alle einsehen würden, dass vegetarische Ernährung besser ist und alle daher den Fleischkonsum einschränken würden, wäre schon einmal viel geholfen. Dann würden die Industrie automatisch dazu angetrieben, mehr vegetarische Produkte herzustellen und es würde automatisch weniger Viehzucht betrieben. Für die Bauern wäre das ja nicht unbedingt ein Verlust, da es ja Alternativen gibt, indem sie auf der nicht genutzten Viehfläche, Obst und Gemüse anbauen.
Und wenn mehr Menschen dafür wären, etwas gegen den Klimawandel zu unternehmen, würden sich mehrere Ingenieure auf die Forschung und Herstellung von neuen umweltfreundlichen Technologien konzentrieren, dann würden neue Unternehmen gegründet werden und die Demokratie würde auch nicht gefährdet werden.
Und wenn die Menschen sich nicht ändern wollen, dann müssen sie auch bereit sein, den Preis irgendwann zu bezahlen. Auch wenn es dann ungerecht gegenüber denen ist, die sich für Klimaschutz eingesetzt haben.
In einer Demokratie wie der deutschen ist die Erreichung der Klimaziele bis 2030 durchaus möglich, allerdings nicht ohne Herausforderungen. Eine schnelle Umsetzung radikaler Maßnahmen ist aufgrund des notwendigen gesellschaftlichen Konsenses und der Notwendigkeit der Wahrung individueller Freiheiten unrealistisch. Stattdessen sollte der Fokus auf einer schrittweisen Umstellung liegen, die Anreize für nachhaltiges Verhalten schafft und gleichzeitig die Gesellschaft in den Transformationsprozess einbindet.
Es wird wahrscheinlich länger dauern, als es in einem autokratisch geführten Staat der Fall wäre, aber mit den richtigen politischen Strategien und einer engagierten Bevölkerung sind die Klimaziele im Rahmen der Demokratie schon erreichbar.
Was meinst du?