Ich finde es kritisch, sich nur über ein Medium zu informieren, das möglicherweise nur eine Bubble bedient. Relevante Dinge werden aber meist in allen Bubbles behandelt. Wenn man also zu einem bestimmten Thema etwas hört, halte ich es für praktikabel, auch andere Quellen danach zu befragen.
Beispiel: Von einem entfernten Familienmitglied weiß ich, dass er rechtspopulistische Ansätze hat und in einer Familien-Chatgruppe häufiger mal polemische Artikel aus entsprechenden Quellen teilt. Man weiß also zunächst: Es könnte was an der Story dran sein, aber die echte Relevanz und Hintergründe würde ich bei einem bekennenden Rechtspopo niemals unhinterfragt so stehen lassen. Sofern ich die Meldung dann nicht bereits von Anfang an als irrelevant identifiziere, bspw. indem ich einen interviewten "Experten" bereits von anderen Gelegenheiten kenne und einschätzen kann, begebe ich mich online auf die Suche nach Artikeln, die diesen Sachverhalt von verschiedenen Seiten beleuchten. Sofern es diese gibt, weiß ich, dass das Thema relevant ist und bin unabhängig darüber informiert.
Im Fall um Patrick T. Brown muss man des Englischen mächtig sein, um ein umfassendes Bild zu erhalten. In seinem Artikel in "the free press" fasst er sein Paper als
focuses exclusively on how climate change has affected extreme wildfire behavior. I knew
not to try to quantify key aspects other than climate change in my research because it would dilute the story that prestigious journals like
Nature and its rival,
Science, want to tell.
, er wirft also Nature und Science vor, eine bestimmte Story erzählen zu wollen und dass er als Wissenschaftler einen bestimmten Faktor, den Klimawandel, herauspicken musste, um diese Story zu bedienen. Auf seiner späteren Stellungnahme auf "X" schreibt er jedoch,
it is difficult to quantify these other non-climatic factors in part BECAUSE so much focus is on the climate component - e.g., gridded model results are easily at my fingertips. If more resources and effort had historically gone into quantifying changes in ignition patterns and fuels over time, then those gridded datasets would also be easily accessible and at my fingertips.
heißt also, er erklärt die Eingrenzung seiner Forschungsfrage auf den Klimawandel damit, dass gut erprobte Modelle existieren, während andere Faktoren bei der Waldbrandentstehung noch nicht so gut modellierbar sind. Das deckt sich ja auch mit der guten Wissenschaftlichen Praxis, einen Faktor nach dem anderen zu untersuchen und eine Forschungsfrage entsprechend konkret zu stellen. Seine war nun mal die, welchen Einfluss der Klimawandel auf die Waldbrandgefahr hat (und nicht etwa, wie er in "the free press" ausführt, zum Beispiel ein fehlerhaftes Forstmanagement). Im folgenden Absatz nimmt er auch Abstand von dem "Story"-Vorwurf, nämlich
Dr. Skipper (Nature's editor in chief) has also provided counter-example papers to show that Nature does not exclusively publish papers of the variety I am describing.
Zwar sei das Publizieren solcher Counter-Examples schwieriger (was ja logisch sein muss, weil die Modelle wie oben beschrieben noch nicht so erprobt sind und sie daher von Fachgutachtern kritischer geprüft werden), aber das beweist ja, dass zumindest Nature auch von dieser vermeintlichen Klimawandel-Bias abweicht. Eventuell ist Brown selbst in seinem "the free press" Artikel in seinen Formulierungen und Vorwürfen übers Ziel hinaus geschossen, um dann später auf "X" zurückzurudern und seine Vorwürfe zu relativieren. Zu guter letzt muss man aber auch die Tatsache anerkennen, dass Brown kein unabhängiger Wissenschaftler ist sondern Mitarbeiter des Thinktanks Breakthrough Institute, das mir nicht ganz so unabhängig erscheint wie bspw. das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung e.V..
Daher ist anzunehmen, dass hier medial aus einer Mücke ein Elefant gemacht wurde. Die Geschichte passt unter Berücksichtigung eines "the free press" Artikels, einer Stellungnahme auf "X" und des beruflichen Hintergrundes des Protagonisten irgendwie nicht ganz zusammen, um den Eindruck eines redlichen Forschers aufrechtzuerhalten...