Meinung des Tages: Netanjahu plant Einnahme von Gaza-Stadt - wie bewertet Ihr die Pläne des israelischen Sicherheitskabinetts?
(Bild mit KI erstellt)
Geplante Einnahme von Gaza-Stadt - Strategie und Ziele Israels
Das israelische Sicherheitskabinett hat einem Plan zur militärischen Einnahme von Gaza-Stadt zugestimmt, nicht aber zur vollständigen Besetzung des Gazastreifens. Ziel ist die Entwaffnung der Hamas, die Befreiung der Geiseln und die militärische Kontrolle des Küstengebiets. Langfristig soll eine alternative Zivilregierung installiert werden – ohne Beteiligung der Hamas oder der Palästinensischen Autonomiebehörde.
Israel plant laut Netanjahu keine dauerhafte Besetzung, sondern will das Gebiet später an arabische Kräfte übergeben. Die Armee kontrolliert derzeit rund drei Viertel des Gazastreifens.
Kritik, Risiken und Warnungen vor Ausweitung des Konflikts
Innerhalb des israelischen Sicherheitsapparats gibt es Bedenken gegen eine vollständige Einnahme des Gazastreifens. Generalstabschef Eyal Zamir warnte vor einer erhöhten Gefahr für die rund 50 verbleibenden Geiseln sowie vor einer Überlastung des Militärs. Sicherheitsanalysten betonen, dass eine Besetzung Israels große logistische, sicherheitspolitische und wirtschaftliche Folgen hätte – einschließlich der Verantwortung für die Grundversorgung von zwei Millionen Menschen.
Einige Kritiker befürchten, dass eine vollständige militärische Besetzung der Hamas langfristig sogar nutzen könnte. Internationale Organisationen wie die UN warnen vor katastrophalen humanitären Folgen und einer drohenden Hungersnot im Gazastreifen.
Zunehmender gesellschaftlicher Druck auf die Netanjahu-Regierung
In Israel wächst indes der innenpolitische Druck: Hunderte Menschen demonstrierten in Jerusalem, Tel Aviv und anderen Städten gegen die Ausweitung des Krieges. Angehörige von Geiseln fordern ein umfassendes Abkommen zur Freilassung aller Gefangenen anstelle einer militärischen Eskalation. Die Sorge ist groß, dass eine Offensive das Leben der verbliebenen Geiseln weiter gefährden könnte.
Kritiker werfen Premierminister Netanjahu vor, den Krieg aus politischen Gründen zu verlängern, um seine Koalition zu stabilisieren. Die Proteste verdeutlichen die wachsende gesellschaftliche Spaltung im Umgang mit dem Gaza-Krieg.
Unsere Fragen an Euch:
- Wie bewertet Ihr die Pläne des israelischen Sicherheitskabinetts?
- Ist die Ausweitung militärischer Aktionen Eurer Meinung nach ein legitimes Mittel zur Stärkung von Verhandlungspositionen?
- Sollte die internationale Gemeinschaft stärker auf einen Waffenstillstand im Gazastreifen drängen?
- Ist es glaubwürdig, dass Israel Gaza nicht dauerhaft besetzen will, obwohl es militärisch zunehmend kontrolliert wird?
Wir freuen uns auf Eure Beiträge.
Viele Grüße
Euer gutefrage Team
In der ursprünglichen Überschrift hat sich ein Fehlerteufel eingeschlichen - natürlich geht es - wie im Text geschrieben - um Gaza-Stadt. Wir haben das Ganze korrigiert.
104 Stimmen
11 Antworten
Der Eingangssatz „Netanjahu plant Einnahme des ganzen Gazastreifens“ ist höchstens irreführend.
Was im Text selbst beschrieben wird, ist eine (erneute/weitere) Operation gegen Gaza-Stadt, nicht die „Einnahme des gesamten Gazastreifens“ und auch nicht die dauerhafte Vollbesetzung. Klassischer Frame-Sprung, der die Diskussion verzerrt. Eine offizielle Ankündigung „wir besetzen alles“ gibt es nicht.
Die Armee kontrolliert derzeit rund drei Viertel des Gazastreifens.
Das ist als pauschale Zahl unsinn. Territoriale Präsenz in urbanem Gelände, das man räumt, verlässt und wieder betritt, ist keine stabile „Kontrolle“ im verwaltungstechnischen Sinne. Die IDF kann praktisch überall operieren, aber sie verwaltet nicht „75 %“ des Gebiets – so eine Prozentzahl ist politisches Sprech, kein belastbarer Lageindikator.
Zur Sache: Eine Operation gegen Gaza-Stadt ist militärisch durchaus logisch. Dort sitzen Infrastruktur, Kader, Kommandoknoten und Logistik der Hamas. Wer Hamas entwaffnen und Geiseln finden will, muss genau diese Knotenpunkte wiederholt anpacken. „Einnahme“ heißt in diesem Kontext realistisch: räumen, Knoten zerschlagen, zurücklassen, wiederkommen; dazu Korridore und Sperrzonen, um Bewegungen von Hamas zu stören. Das ist also ein bisschen anders, als das was z.B. Russland in der Ukraine vor hat. Dass Israel keine Dauerbesetzung will, ist eigentlich logisch. Dauerbesetzung frisst Truppen, Geld etc. und hat grundsätzlich nicht wirklich viel Nutzen. Was Israel will, ist anhaltende „Sicherheitskontrolle“ (jederzeitige Eingriffsfähigkeit) plus eine lokale Ordnung, in der Hamas keine Machtmittel mehr hat. Und ja, eine großangelegte Operation erhöht kurzfristig das Risiko für Geiseln – Geiselnahme ist genau deshalb ein klassisches Abschreckungsinstrument gegen Offensiven. Der Schluss „also nicht operieren“ ist trotzdem falsch, denn das belohnt ja gerade Geiselnahme dauerhaft. Historisch brachte Israel Geiseln auch eher frei, wenn der militärische Druck Spitzenkader bedroht und Verhandlungsmasse schafft. Ohne Druck verschiebt Hamas die Torpfosten – das hat man 2023/24 oft genug gesehen.
Bezüglich Hunger/Hungersnot sind diese Meldungen sicherlich ernst zu nehmen. Gleichzeitig ist es falsch, so zu tun, als ob humanitäre Maßnahmen Israels schlicht nicht existierten oder nichts bewirken würden. Es gibt Korridore, Hilfslieferungen, Verteilungszentren etc. – mal funktionieren sie, mal nicht, oft weil Hamas Infrastruktur und Zivilströme instrumentalisiert. Wenn man das also diskutieren möchte, muss man beide Seiten der Gleichung nennen: militärische Notwendigkeit vs. Schutz der Zivilbevölkerung – und auch den Umstand, dass Hamas Zivilstrukturen als Schild nutzt. ..
Jetzt konkret zu den vier Fragen:
- Eine fokussierte Einnahme/Räumung von Gaza-Stadt ist militärisch durchaus folgerichtig und mit den genannten Zielen (Entwaffnung Hamas, Geiseln, anhaltende Sicherheitskontrolle) auch konsistent. Daraus eine „Einnahme des ganzen Gazastreifens“ zu konstruieren, ist meiner Meinung nach Unsinn.
- Das kommt darauf wie diese konkret ausgeweitet wird. Wenn sie gezielt Druck auf Führungsstrukturen erzeugt und mit klaren Verhandlungspfaden verknüpft ist (roter Faden: Geiseln gegen Feuerpause, gegen weitere Schritte), dann ja. Einfach irgendwas nieder zu bomben wird die Verhandlungsposition nicht stärken.
- Auf einen Waffenstillstand gegen reale Gegenleistung – sprich: umfassender Geiseldeal + überprüfbare Sicherheitsklauseln, ja. Auf einen bedingungslosen Freeze, der Hamas Zeit verschafft und den Status quo einfriert, nein. Das würde den Konflikt nur wieder verlängern, nicht lösen.
- Israel will Freiheit der Operation, nicht die Verwaltung von zwei Millionen Menschen. Wieso auch. Das hat ja schon mal wirtschaftlich gesehen nicht gefunkt. Dauerbesetzung ist politisch und militärisch ein Klotz am Bein. Das hat noch nie funktioniert und hat auch immer zu enormen Kosten geführt.
Danke für den Hinweis. Da hat sich der Fehlerteufel eingeschlichen. Wurde korrigiert.
Wenn langfristig Ruhe sein soll, kann es mit dem Gaza Streifen nun Mal nicht mehr so weiter gehen.
Der Flecken ist nicht lebensfähig.
Also weg damit.
Und wenn's von alleine nicht klappen will, dann eben so.
Jedem Palästinenser steht es frei zu gehen.
Und jedem arabischen Land steht es frei jemanden aufzunehmen.
Wenn Hessen über Generationen tausende Menschen umgebracht hätten und man deshalb aus Rache noch viele tausende Hessen mehr umbringen wollen würde.
Und man nicht mehr aufhören würde, bis auch der letzte Hesse verschwunden ist?
Doch, dann würden Hessen durchaus ihr Land verlassen.
Palästinenser sind nicht nur die Verlierer eines Konflikts, die haben seit 1948 alle verloren.
Dem Sieger gehört die Beute, der Verlierer muss schauen wo er bleibt.
Ist uns nach den Weltkriegen nicht anders gegangen.
Hätte Restdeutschland nach dem Verlust von über einem Drittel des Landes den Weg zu Terrorismus und Revisionismus gewählt, gäbe es mittlerweile überhaupt kein Deutschland mehr.
Die Alliierten wären zurück gekommen und hätten es von der Karte gefegt.
Wie jetzt eben Palästina von der Karte gefegt wird.
57 Länder würden theoretisch bereit stehen, sie aufzunehmen.
Daß das niemand will spricht Bände darüber , was man selbst in der islamischen Welt von dem Hamas und Hisbollah Pack hält.
Keine Ahnung, wer da nun Recht hat, IS Terror oder Juden, jeder hat doch genug Land, keine Ahnung, jeder will Recht haben. Die sollten das dort selber klären, ich möchte mich da nicht einmischen und Deutschland sollte da auch keine Waffen mehr hin liefern. Mir scheint es, es geht nur um die Waffen, das die wieder irgendwer liefern soll, dann schafft man genügend Vorwände. Große Mauer bauen und Ruhe..
Wenn alles so leicht wäre...
Denkst du darüber nach was du schreibst? IS TERROR UND DU WEIßT NICHT WER RECHT HAT?!
Wenn du doch da nicht einmischen willst dann mach das auch nicht.
Hier geht es nicht um eine völlig übertriebene Gegenwirkung auf den einen Angriff der Hamas auf das Konzert. Das war eher der Tropfen der das Fass zum überlaufen gebracht hat.
Hier geht es um jahrelange Verhandlungen, ständigen brechens von Sicherheitsgarantien und anhaltenden Angriffen aus dem Gazastreifen, dass es für die eigene Sicherheit Israels die einzige Möglichkeit ist, sich vor weiteren Angriffen zu schützen.
Was will man sonst mit jemanden aushandeln, der bewiesen hat, dass mit ihm nicht zu verhandeln ist?
"Kritisch" ist ein sehr konzilianter Begriff. Die Einnahme ist der erste Schritt zur Vertreibung und Annexion und die Sicherheit, dass weitere Kriege folgen werden, sobald die Kinder von .Gaza erwachsen sind und auf eine leidvolle Kindheit zurück schauen.
Also ausschließlich Luftschläge und Stoßoperationen/Hit and Run, damit keine direkte Verwaltungs-Kontrolle vor Ort herrschen kann, oder kompletter Kriegsabbruch? Vielleicht auch ein Krieg, bei dem stets bewusst eine merkliche Fläche unter Feindeskontrolle ignoriert wird?
Die Skepsis gegenüber der israelischen langfristigen Intentionen lässt sich gut aus deiner Antwort herauslesen, aber deine Schlussfolgerung daraus für die momentane Situation und dementsprechend, ob der diskutierte Plan gut oder schlecht ist, leider kaum.
Ich bezweifle sehr, daß Du dasselbe schreiben würdest, wenn Du genau in diesem Gebiet aufgewachsen wärest.
Du sollst einfach Deine Heimat verlassen, weil das ein Staatsoberhaupt in einem Nachbarland gerne möchte?
Der „Flecken“ ist sehr gut lebendsfähig, denn er ist sehr fruchtbar. Ausßerdem hat man da nun begehrte Rohstoffe entdeckt…(dummerweise im Iran auch, dort dummerweise sogar seltene Erden, die man zum Computerbau gebrauchen kann…)
Sagen wir so: Bayerns Chef Söder saght euinfach, alle Hessen sollen Hessen verlassen. Solange werden sie bebompt. Es steht ihnen ja frei, zu gehen, und jedem anderen Bundesland steht es ja frei, die Hessen aufzunehmen…