Wie sollte sich das Recht auf Abtreibung entwickeln?
Hallo,
nicht nur in Deutschland, sondern auch in anderen westlichen Staaten ist das Thema Abtreibung sehr kontrovers, wie bspw. in den USA, wo es derzeit eine Welle an Rückabwicklungen von Rechten auf Abtreibungen gibt.
In Deutschland ist die aktuelle Lage ja so, dass Abtreibung nach StGB §218 verboten ist, die Strafverfolgung aber für Abtreibungen bis zum dritten Monat nicht stattfindet und man als Frau in dieser Zeit eine Abtreibung bekommen kann.
Während Parteien wie Die Linke, die Grünen oder auch die SPD für eine Abschaffung des §218 plädieren, sind Parteien wie die CDU dagegen, die AfD spricht sogar von einem "perversen Abtreibungskult", der unterbunden werden muss, so dass Abtreibungen nur noch in Extremsituationen (Vergewaltigung, Gefahr für die Mutter) durchgeführt werden dürfen.
Wie steht ihr zum Thema Abtreibung? Sollte es liberaler oder restriktiver werden, oder so bleiben wie es ist?
Liebe Grüße
Das Ergebnis basiert auf 42 Abstimmungen
10 Antworten
Ich bin gegen Abtreibungen, außer es gibt einen guten Grund dafür. Wie zum Beispiel, dass die Schwangere nicht schwanger sein will.
Ich bin nicht "für" Abtreibung. Ich bin für Aufklärung und Verhütung, so dass es gar nicht erst soweit kommen muss.
Dennoch kann ich akzeptieren, dass manchmal eine Frau ungewollt schwanger wird und aus Gründen, über die ich nicht zu urteilen habe, eine Abtreibung möchte und dann ist es auch "ok".
Ich halte ganz grundsätzlich ein Abtreibungsverbot für nicht zielführend.
Nur weil Abtreibungen verboten sind, heißt das ja nicht, dass es keine gibt. Es gibt sie halt dann im Ausland oder unter medizinisch, bzw. hygienisch fragwürdigen Umständen. Als der stern 1971 seine berühmte "wir haben abgetrieben"-Titelstory veröffentlichte, haben ja immerhin 374 Frauen öffentlich zugegeben, abgetrieben zu haben, obwohl es damals in Deutschland noch komplett illegal war. (Ja, okay, 373 - Alice Schwarzer zählt nicht, die hat gelogen, ich weiß).
Immerhin gaben in einer großen deutschen Studie etwa ein Drittel der nicht beabsichtigt Schwangeren an, verhütet zu haben. Ein Drittel! Unter denen, die komplett ungewollt schwanger werden, sind es sogar 42% (Quelle: Frauenleben3 , S. 183) So selten ist es also gar nicht, dass man trotz Verhütung schwanger wird.
Es gibt Frauen, die wollen einfach kein Kind. Und eine Sterilisation ist für kinderlose Frauen im gebärfähigen Alter noch schwerer zu bekommen als ein bezahlbarer Krippenplatz im Ballungsraum. Dann gibt es auch eine gar nicht mal so geringe Anzahl Frauen, die sich zuverlässige Verhütungsmittel wie Pille oder Spirale einfach nicht leisten können. Was bleibt denen denn? Enthaltsamkeit, klar. Wenn sie aber in einer Beziehung sind und der Partner "sein Recht einfordert"?
Es ist halt so: Man hat bei dieser Fragestellung eine Rechtekollision.
Auf der einen Seite ist die Frau und ihre Rechte und auf der anderen Seite das Ungeborene. In jedem Fall, wo es eine Kollision verschiedener Rechte gibt, muss man abwägen, welches Recht schwerer wiegt. Ein Kompromiss ist gerade bei der Abtreibung halt auch nicht möglich.
Ich persönlich habe ein Problem mit der Ansicht, dass grundsätzlich das Ungeborene wichtiger sein soll, als die Frau, in der es wächst. Wie weit geht man dann? Dürfen Schwangere nicht mehr Auto fahren, weil das gefährlich sein könnte für das Ungeborene? Dürfen Schwangere keine Kneipe mehr betreten, um geschützt zu werden vor Passivrauch? Wie viele Rechte der Schwangeren kann man einschränken, um das Ungeborene maximal zu schützen?
Bezüglich der Frist halte ich drei Monate für lange genug, um die Schwangerschaft festzustellen und eine wohlüberlegte Entscheidung treffen zu können.
Ich freue mich über jede nicht notwendige Abtreibung. Aber manchmal, aus Gründen, über die ich nicht richten möchte, ist es halt für die Betroffene der einzige Ausweg. Und dieser Ausweg sollte legal und unter zumutbaren Bedingungen zur Verfügung stehen.
Man kann nur SICHERE Abtreibungen verbieten. Und NIEMAND hat das Recht Frauen wie Brutkästen zu behandeln und über ihre Körper zu bestimmen. Frauen sind doch nicht der Besitz von jemandem. Jemanden zum austragen zu zwingen hat massive körperliche und seelische Konsequenzen.
Ich finde es sollte auch nach dem dritten Monat noch legal sein, da es viel länger dauert, bis die Schmerzrezeptoren sich beim Fötus entwickeln und mit dem Gehirn verbinden. Und ich kenne mehrere Frauen, die erst weit nach dem dritten Monat von der Schwangerschaft erfuhren.
In Deutschland wird Abtreibung im internationalen Vergleich recht restriktiv gehandhabt. Andere Länder haben oft eine reine Fristenregelung. Umgekehrt wird von Rechtspopulisten und evangelikalen Kreisen versucht, bestehendes Abtreibungsrecht zu verschärfen und einzuschränken. Das geht dann oft einher mit anderer gesellschaftlicher Illiberalität und gewissem Roll-Back zulasten von Frauen.
Problematisch ist zu sehen, dass ein strafrechtliches Verbot Frauen die Selbstbestimmung nimmt. Das führt dann zu Werbeverboten und anderer Einschränkung von Patientenrechten einseitig von Frauen - etwa gegenüber Schönheits-OPs etc., genauso wie der Erschwerung und Aushebelung des Zugangs.
Obwohl selbst Hardliner ein Recht auf Abtreibung bei Vergewaltigung oder Gefahr fürs Leben einräumen, trifft das diese Fälle gleichsam. Außerdem ist zu befürchten, dass Vergewaltigungsopfer zusätzlich als Abtreibungswillige stigmatisiert und belastet werden. Dazu passt eben, dass Vergewaltigung in der Ehe früher "legal" war, Gewalt gegen Frauen bis heute tabuisiert ist und ein großes Problem darstellt.
Sexuelle wie andere Selbstbestimmung und Freiheit sollten weit gefasst sein, jedenfalls nicht dort enden und vergessen werden, wo sie nur Frauen betreffen. Daher sollten Frauen legal abtreiben können.
Eine Schwangerschaft bringt extreme Risiken mit sich. Das ist nicht einfach so, "Ja, mal eben ein Kind kriegen und es dann großziehen". Risiken können sein:
- Verbluten
- Gebärmuttersenkung
- Schwangerschaftsvergiftung
- Schwangerschaftsdiabetes
- Schwangerschaftspsychose
- extreme Kreislaufstörungen mit Ohnmacht
- Inkontinenz
- im Extremfall Knochenbrüche
Und vieles mehr.
Man kann nicht von ausnahmslos jeder Frau verlangen, sich diesen Risiken auszusetzen.
Dazu kommt dann eben, dass ein bestehendes Leben jederzeit eine höhere Priorität hat als eines, das noch nicht richtig besteht.
Geburten sind mitunter lebensgefährlich.
Wenn man Leute fragt, die Abtreibungen durchführen, dann sagen sie, dass nicht mal der Großteil der Patienten dort aufgrund von fehlender Verhütung hingehen.
Aus deinem Link:
Fast alle Frauen verhüten zuverlässig: In Deutschland ist die Aufklärung über Verhütung und das Verhütungsverhalten allgemein gut. Nur vier von 100 fertilen Frauen gaben in der Studie der BZgA an, dass sie heterosexuell aktiv sind, kein Kind wollen, aber trotzdem nicht verhüten
Die rechten Parteien tun halt gerne so, als würden die Leute dann nicht mehr verhüten und einfach nach der Reihe abtreiben… was eigentlich ziemlich pervers ist… jemanden der darunter leidet (sei es aus psychischen Gründen oder eben aufgrund einer Vergewaltigung) sollte nicht durch massive bürokratische Hürden müssen…
Dafür gibt es doch Verhütung.