Welchen Kampfsport würdet ihr mir empfehlen? Bitte Erfahrungen, keine Basisinformationen.?

6 Antworten

Hi, ich versuche dir mal so gut zu helfen wie ich kann..

Kurz und schmerzlos: das was du in den meisten deutschen Schulen unter den Begriffen "Karate" oder "Kung Fu" angeboten bekommst, eignet sich im Vergleich eher schlecht zur Selbstverteidigung im Extremfall. Wenn das also wirklich dein Fokus ist, wärst du im MMA oder Combat Sambo deutlich besser aufgehoben.

An sich hat Kung Fu angeblich einer der besten Selbstverteiligungs- und Schlagtechniken aber verliert trotzdem oft gegen z.B. MMA Kämper, das verstehe ich nicht. Ich finde das wiedersprüchlich.

Das hat mehrere Gründe:

Zum einen, trainieren MMA Kämpfer wirklich nur für den Kampf. Das heißt es wird keine Zeit auf irgendeine Philosophie verwendet und es werden nur effektive Techniken trainiert und kein Wert auf das Einhalten irgendwelcher Traditionen oder Formen gelegt. Dementsprechend verwenden sie im Training viel mehr Zeit auf den realistischen Kampf.

Zum Anderen kombiniert MMA Striking (Schläge und Tritte) mit Grappling (Würfe, Würge- und Hebelgriffe). Grappling schlägt Striking von Grund auf, und fast immer wenn zum Beispiel ein Judokämpfer oder Ringer auf einen Boxer oder Thaiboxer trifft, geht der Kampf zugunsten des Grapplers aus. Das liegt einmal daran dass unsere Primatenkörper zum Greifen ausgelegt sind und du deinen Körper beim Grappling als Waffe gebrauchst, während du ihn beim Schlagen als Waffe missbrauchst.

Wenn es dir also darum geht, was am effektivsten in einem realen Kampf ist, merk dir die zwei Punkte:

1. Vollkontakt

2. Kombination aus Striking und Grappling

Das haben Japaner und Chinesen übrigens auch verstanden und für Wushu und Karate eigene Wettkampfsysteme entwickelt

https://youtu.be/WPDsw8eAUzw

https://youtu.be/RMYbUVlbjIM

Mehr auf Verteilung als aggressiver Angriff

Nicht die Technik ist agressiv oder defensiv, sondern ihr Einsatz macht den Unterschied, wirst du zuerst angegriffen ist auch ein Haken zum Kinn eine Verteidigungstechnik

ein Teil der Philosophie lernen wäre schön

Das hast du eigentlich in jeder chinesischen und japanischen Kampfkunst

Wenn dir Kung Fu gefällt, dann mach es. Aber ich würde dir den Rat geben, dich auch immer mal wieder in anderen Disziplinen zu versuchen um ein Verständnis davon zu erlangen wie Menschen im Allgemeinen Kämpfen. Außerdem lernt man das Kämofen nicht ohne selbst zu kämpfen. Ich weiß das wollen viele nicht hören aber es ist eine Tatsache. Wie du selber bereits angemerkt hast, werden die Theoretiker im Zweikampf immer von Wettkämpfern besiegt. Viele Kung Fu Schulen nehmen an Kickboxartigen Wettkämpfen teil und betreiben Sparring, achte mal drauf. Sowas nützt dir im Training sehr viel und trägt auch nicht zum Verlust von Philosophie bei. Selbst im Shaolin Tempel wird das gemacht. Wenn du noch ein Beispiel willst, wie shaolin Kung Fu in einem realen Kampf aussieht, hier ein Video:

https://youtu.be/vNHChhT9ueM

Es ist in der Anwendung gar nicht so unähnlich zum Kickboxen und MMA.

Viel Erfolg, ich hoffe ich konnte helfen.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – Wettkampfsportler seit 6. Lebensjahr
Mxrx990 
Fragesteller
 09.10.2022, 12:41

Danke für so eine ausführliche Antwort.

Ich verstehe jetzt schon besser, wieso Kung Fu nicht Ideal ist für Selbstverteidigung. Aber so wie ich verstanden habe, wenn man genug Zeit aufwendet, um die Techniken zu lernen, ist man nicht ganz hilflos im Ernstfall. Es dauert halt mehrere Jahre, bis man es richtig anwenden kann.

Ich möchte mich zwar verteiligen können aber Kämpfe (Wettkämpfe) an sich sind mir nicht so wichtig. Ich würde gerne den Philosophischen Teil in mein Leben integrieren. Dort lernt man auch z.B. wie man den Körper und Geist in Einklang bringt, was die Lebensqualität sehr steigern kann.

Der Unterricht wird von einem Shaolin-Großmeister der 34. Generation des Shaolin-Klosters am Berg Song Shang geführt. Es hört sich auf jeden Fall mal professionell an, es ist anscheinend ein angesehenes Kloster. Dazu kommen Elemente von Qi Gong. Und mit den Freikämpfen bekommt man denke reelle Erfahrung. (Falls das Sparring ist, ich weiß nur, dass es ein Kampf mit bestimmten Regeln ist)

Über Jiu Jitsu müsste ich mich erst nochmal genauer informieren, aber ich glaube Kung Fu steht an erster Stelle. In der einen Stunde Probetraining hat man halt leider keinen so großen Einblick bekommen.

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RagingDemon  12.10.2022, 09:14
@Mxrx990

Alles gut, mir ging es auch eher darum zu erklären das Kung Fu absolut nicht unnütz ist, sondern dass diese fließenden ausschweifenden Bewegungen im Kampf praktisch keine Anwendung finden.

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Vielleicht solltest du mal Eugen Herriegels Buch "Die Kunst des Bogenschießens" lesen und dadurch zu dem Fazit gelangen, das der Nahkampf möglicherweise keine so gute Idee ist.

Kyudo Vereine gibt es in Deutschland zwar selten, aber es gibt sie. Und ja, ich weiß, das du expliziet nach Kampfsport gefragt hast, aber vielleicht nur, weil du auch Laotses Tao te King nicht gelesen hast.

https://de.wikipedia.org/wiki/Ky%C5%ABd%C5%8D

Mxrx990 
Fragesteller
 09.10.2022, 07:50

Bogenschießen hört sich sehr interessant an, da habe ich auch schonmal drüber nachgedacht. Aber das hilft mir nicht viel, wenn ich auf der Straße angegriffen werde und schult glaube ich nicht sehr viel körperliche Disziplin, Ausdauer und auch etwas Philosophie.

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GrandVoyager  09.10.2022, 08:03
@Mxrx990

"schult glaube ich nicht sehr viel körperliche Disziplin, Ausdauer und auch etwas Philosophie."

Du irrst dich, Kyudo ist genau das was du suchst, wenn du speziellen Wert auf diese von dir genannte Attribute legst.

Ließ doch mal Herrigels Buch (beruht auf wahren Begebenheiten), du wirst überrascht sein, wie sehr es darauf zutrifft wonach du suchst.

https://www.rebuy.de/i,1234516/buecher/zen-in-der-kunst-des-bogenschieens-eugen-herrigel?ga.channel=PLA&utm_medium=PLA&utm_content=1234516&loc_physical_ms=1004841&gclid=EAIaIQobChMI5YPO57zS-gIVzAGLCh2MZQ-oEAQYAyABEgL9ZfD_BwE&gclsrc=aw.ds

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Mxrx990 
Fragesteller
 09.10.2022, 08:07
@GrandVoyager

Ich werde mir das Buch mal anschauen aber könntest du mir vorher bitte noch sagen, inwiefern ich mich damit verteiligen kann, falls ich auf der Straße angegriffen werde.

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GrandVoyager  09.10.2022, 08:23
@Mxrx990

Dabei geht es um die ZEN Kampftechniken, die zb auch die japanischen Samurai gelernt haben. Ein Teilbereich dieser Künste ist es auch eine deutllich geschärfte Wahrnehmung zu bekommen, damit du schon sehr früh potentielle Gefahren kommen siehst. Zusätzlich geht es bei Kyudo um dieselbe Kraft, die es Karatemeister auch befähigt dicke Holzstapel mit der bloßen Hand zu zerschlagen - die machen das nicht mit Kraft, sondern härten ihre Hand mit der Kraft ihres Geistes. Du lernst also in erster Linie Gefahrensituationen zu erkennen und diese schon im Vorfeld zu meiden, bzw. wenn sie sich nicht vermeiden lassen, die Angreifer durch deine "Haltung" einzuschüchtern und wenn das nicht gelingt, dann diese abzuwehren durch den geringsmöglichen EInsatz von Gewalt.

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CSANecromancer  09.10.2022, 10:17
und dadurch zu dem Fazit gelangen, das der Nahkampf möglicherweise keine so gute Idee ist.

:D Den find' ich gut. Und das meine ich ganz ernst.

Der Gedanke an sich ist mir so noch nicht häufig untergekommen, da ich eben den Nahkampf bis zum Erbrechen gelernt habe. Das sieht man's mal wieder: "Wenn du nur einen Hammer hast, sieht jedes Problem wie ein Nagel aus."

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Es ist eigentlich egal welchen Stil du betreiben möchtest. Das Problem ist das Kampfsport/Kampfkunst oft eben nur als Sport trainiert wird. Das kann fit machen, bringt aber eben nicht viel für Selbstverteidigung. Wichtig ist den Stil richtig lernen und dabei vernünftig Kampf/Sparring praktizieren. Viele Stile betreiben dabei Kickboxen, oder Sparring auf Kontakt mit Schutzausrüstung. Mit Fokus auf Wettkampfsport und auch Selbstverteidigung. Gerade im Kung Fu/Wu Shu gibt es dafür Sanda/Sanchou. Eine chinesische Art des Kickboxens. Gibt es extra als Kampftraining für die verschiedenen Arten Kung Fu gegeneinander, natürlich auch um effektiv gegen andere Kampfsportarten anzutreten. Als separaten Stil betrieben ohne klassisches Kung Fu kenne ich persönlich es nicht. Aber Kickboxen war ursprünglich, 70er Jahre, auch eine Form des Wettkampfsports um verschiedene Stile im Ring zu gleichen Bedingungen zusammenzuführen. Heute ist es immer noch eine gute Art des Sparrings um Stile effektiv sparren/kämpfen zu lassen, ist aber schon lange eine eigenständige Kampfkunst. Jedenfalls spricht nichts dagegen das du Kung Fu machst. Die Frage ist eher welchen Stil? Kung Fu hat mit 300 bis 500 Stilen nämlich die größte Vielfalt. Und es gibt erhebliche Unterschiede.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – Jahrzehnte langes Training verschiedener Stile,

Bei 90 Kilo wäre Sumo angebracht.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung
Mxrx990 
Fragesteller
 09.10.2022, 07:47

Da ich sehr groß bin, bin ich verteilt sich das Gewicht eigentlich recht gut, so dass ich nicht wirklich dick bin. Sumo ist halt mit sehr viel Körperkontakt und hat leider nicht sehr viel philosophische Aspekte.

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Cubacita  09.10.2022, 10:09
@Mxrx990

die Antwort ist null durch dacht, aber hey mit deinen Model-maßen würde ich nicht in Judo gegen dich Antretten wollen xD deine langen Extremitäten würde mir schnell eine strich durch die Rechnung machen :-(

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Cubacita  09.10.2022, 10:08

er ist 1,90 groß, bei so großen Leuten sind 90Kg nix. er müsste fast voll schlank aussehen. Meine einer Kollege ist 1,90 groß und wiegt um die 85kg und wir mobben ihn als Lauch xD, deshalb stelle ich mit Sumo für den Fragesteller schwer vor...

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Mxrx990 
Fragesteller
 09.10.2022, 12:52
@Cubacita

Ja haha bei so einer größe da verteilt sich das Gewicht recht gut:D

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So wie ich das deiner Beschreibung entnehmen kann ist die Entscheidung doch schon gefallen. Nehm das Shaolin Kungfu. Wenn du was anderes wählst wirst du dich später immer fragen, wie es wohl gewesen wäre wenn...

Was das Philosophische angeht sehe ich beim Karate nicht weniger zu entdecken und lernen. Was mich am Karate stört ist, dass es sehr auf Schlag- und Tritttechniken fokussiert ist. Da ist über die Jahrzehnte viel verloren gegangen aus dem Bereich Wurf-, Hebel- und Bodentechniken. Darum finde ich vom Gesamtpaket her Ju Jutsu besser.

Woher ich das weiß:Hobby – Karate seit über 10 Jahren.
Mxrx990 
Fragesteller
 09.10.2022, 10:10

Das stimmt schon nur jeder der sich mit Kampfsportarten auskennt hat bisher gesagt, dass kung fu nicht wirklich effektiv zur Verteidigung ist, wenn man auf der Straße angegriffen wird oder so. Viele empfehlen jiu jiutsu. Weiß halt nicht ob das stimmt, da im Internet steht, kung fu hätte eine der besten Verteilungstechniken und Schlagtechniken.

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CSANecromancer  09.10.2022, 10:28
@Mxrx990

Das klassische "auf der Straße verteidigen" hängt an etwas GANZ anderem als an der Kampftechnik an sich. Das ist das große Problem, das Anfänger meist nicht verstehen. Es spielt überhaupt keine Rolle, was du konkret betreibst. Wenn du "auf der Straße" (tm) bestehen willst (etwas, was ich z.B. als sehr unsinnig ansehe), dann sind die beiden wichtigsten Punkte, die reinspielen:

  1. Wie gut bist du vor allem PSYCHISCH solche körperlichen Extremsituationen gewohnt. Sprich: Wenn du überrascht und überrumpelt wirst, dann kannst du den 10. Dan in Ameridote haben - du geht dennoch unter.
  2. Wie viel PRAKTISCHE Übung hast du im Anwenden deiner Kampftechniken gegen einen Gegner, der sich massiv (nicht nur ein bißchen) dagegen wehrt. Und die einzige vernünftige Lösung dafür ist hartes Sparring. Da führt kein Weg daran vorbei.

Deswegen werden meistens Techniken oder Kampfschulen empfohlen, die vor allem den zweiten Punkt erfüllen: Boxen, Kickboxen, Thaiboxen, Jiu Jitsu. Sehr viele der Kampfkünste und insbesondere die meisten Kung Fu-Stile vermeiden den zweiten Punkt und reden sich selbst ein: "Wenn ich denn mal wirklich die Techniken brauche, dann kann ich sie auch verwenden." Und genau das ist eben nicht der Fall, weswegen so wahnsinnig viele z.B. Aikidoka, Wing Tsungler, Karateka und sonstige Kung Fuler komplett untergehen, wenn sie sich real körperlich wehren müssen.

Abschließend mein Ratschlag für dich: Such dir ruhig eine Kung Fu-Schule, wenn dir Stil und Philosophie gefallen, aber achte darauf, dass diese Schule ihren Stil auch ANWENDET - und nicht nur in freundlicem internen Sparring (das machen viele Wing Tsun-Schulen), sondern sehr gerne auch in Wettkämfen gegen Kämpfer anderer Schulen und Stile. Etwas was z.B. im MMA und Boxen absoluter Standard ist.

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Mxrx990 
Fragesteller
 09.10.2022, 13:23
@CSANecromancer

Danke für die Antwort.

Also ich meine mit Straße, keine Straßenkämpfe sondern eher im Ernstfall, wenn man keine andere Möglichkeit hat.

Die Psyche müsste in traditionellem Shaolin Kung Fu gut trainiert werden und im Unterricht werden auch Freikämpfe gemacht und Waffentechniken erlernt. Ich denke mal in Freikämpfen kann man gut die Techniken anwenden.

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