Bester Freund trauert seit 15 Jahren um den besten Kumpel und war seit der Beerdigung nie an dessen Grab - soll ich mit ihm dort hin fahren?
Mein bester Freund hat mich (w) vor knapp 4 Jahren zu seiner Vertrauensperson gemacht.
Er schleppt einiges aus der Kindheit mit sich herum. U.a., dass seine reichen Eltern ihn früh bei einem Kindermädchen gelassen haben und er nie mit seiner Schwester leistungstechnisch mithalten konnte.
Er hatte seit der Kindheit einen besten Freund, von dem er mir in einer ruhigen Minute erzählte.
Sie teilten alle Geheimnisse und waren sehr enge Freunde.
Eines Tages, während mein bester Freund von der Bundeswehr auf dem Weg heim war, rief ihn sein Vater an und sagte, es sei etwas passiert, das würde er ihm zu Hause mitteilen.
Zu Hause erfuhr er, dass sein Freund mit dem Motorrad tödlich verunglückt war. Eine Frau hatte ihm auf einer Landstraße die Vorfahrt genommen.
Mein Freund erzählte mir, dass er nichts fühlte und auf der Beerdigung wie Falschgeld saß und weder weinen noch Trauer spüren konnte.
Erst eine deutliche Zeit später brach er nach einer durchzechten Nacht zusammen und hatte einen Nervenzusammenbruch.
Weinte über Stunden und ließ der Verzweiflung freien Lauf.
Seit der Beisetzung hat er das Grab nie wieder besucht, obwohl es auf dem Arbeitsweg lag.
Er erzählte mir, dass er seitdem zwar viele gute Kumpels hatte, aber keinem, dem er alles anvertrauen konnte, wie diesem und dem er voll vertraute.
Erst durch die Freundschaft zu mir, die aus einer Affäre entstand, hat er das Gefühl, wieder zu vertrauen und sich öffnen zu wollen.
Er kommt nach und nach mit Fragen und Situationen aus seiner Vergangenheit, will mir Kindheitsfotos zeigen, mir sagen, wie es war, ein Kindermädchen zu haben usw..
Immer wieder taucht gelegentlich der verstorbene Freund für ein paar Sekunden in seinen Schilderungen auf. Ich fragte auch mal, was er mir auf den Kindheitsfotos zeigen möchte und er sagte, er wisse nicht mehr genau, was in den Alben ist, aber es seien Fotos von Kindergeburtstagen drin.
Ich gehe davon aus, dass ich seinen verstorbenen Freund gezeigt bekommen werde.
Ich habe meinen Freund sehr gern und wüsste gerne, was Ihr davon haltet, wenn ich ihm vorschlage, nach den knapp 15 Jahren gemeinsam dieses Grab zu besuchen und dort etwas abzulegen.
Einen bemalten Stein beispielsweise oder einen Zettel mit einer Botschaft.
Ich wäre dann da, um ihn, in egal welcher Stimmung er dann ist, in Empfang zu nehmen bzw ihn zu begleiten.
Ich wüsste gerne, ob Ihr das für eine gute oder schlechte Idee haltet.
Von diesem Freund erzählt er mir immer, wenn er seelisch aufgewühlt ist. Und eben auch, dass er nie mehr dort war.
Vielen Dank fürs Feedback.
36 Stimmen
18 Antworten
Hallo Rosenmary
Schön wie du dich sorgst!
Mit ihm zum Grabe gehen kann tatsächlich helfen etwas Abstand in der Trauer, und Nähe zu den Erinnerungen zu erhalten jedoch nicht einfach so und plötzlich nach einem Besuch...
Du musst dir bewusst sein, daß dies wohl der schwerste Schritt in seinem bis langen Leben sein wird und das es danach nicht nur bei aar Stunden weinen bleibt, sondern vllt sogar mit einem ausgewachsenen nervenzusammenbruch am Grab (nehme eine Tasche mit decken und Kerzen und ein paar kleine snacks mit damit du die Nacht dort verbringen kannst lieber zu viel als zu wenig dabei für den Fall der Fälle ^~^)
Schlage es ihm vor aber weniger als geplantes Vorhaben, vielmehr, lasse ihn wissen das es jederzeit möglich ist zusammen mit dir und all deiner Unterstützung - nicht weiter ansprechen in den nächsten Tagen oder Wochen nicht das ein Gefühl der Bedrängnis aufkommt und er sich Druck macht weil "du das mit ihm machen willst"
Wenns dann soweit ist, kann ich aus Erfahrung sagen das es nicht unwahrscheinlich ist das er sich an das Grab klammern wird wenn du gehen willst.. Daher sollte das gehen kein thema sein.. Gehe davon aus, das er die ganze nacht vor dem Grab braucht bis er aufhört zu weinen also nehme dir nicht vor an dem tag nochmal dein bett zu sehen damit du so lange er braucht, auch die ruhe und Geduld hast - nehme die Decke mit damit die Kälte nicht die Trauer stört..
Der Besuch beim Grab ist eine knallharte Konfrontation das benötigt etwas geistige Vorbereitung für den Betroffenen aber wenn ihm alle Zeit der Welt gelassen wird mit der Zuversicht das stehts jemand da ist bei den er Rotz und Wasser heulen darf und zeigen darf das auch Männer schwach Sinn, dann wird auf Dauer alles gut :) absturz > aufstehen > hinfallen > aufstehen > springen und landen.. :) alles gute euch zwei!
Wenn es der erste Grabbesuch ist, musst du damit rechnen das äußerst große Vorwürfe gegen sich selbst kommen das er nicht bei der Beerdigung war...
Lg,
Lacrimis
Ich war selbst schon in einer ähnlichen Situation.. Ich blieb alleine die ganze Nacht beim Grab... Ich hatte mir auch große Vorwürfe gemacht das ich bei er Beerdigung gegangen bin und einfach so ohne weiteres vollkommen loslassen konnte nur weil pokémon im TV lief (ich war noch sehr klein zur Beerdigung).. Ich war 12 Jahre nicht beim Grab ich bin sogar weg gezogen... Es war meine uroma - der erste Verlust einer Bezugsperson von der ich in meiner Kindheit bedingungslose liebe erhalten habe.. Eine der wenigen Menschen die mich lehrten was liebe ist... Nach den 12 Jahren habe ich das Grab besucht und ich musste 12 Jahre der Trauer nachholen - das hat eine ganze Weile gedauert...
Ich habe meine kleine Schwester begleitet zum Grab ihres Sohnes den sie durch Vertrauen an die falschen Menschen versehentlich selbst getötet hat - ja, Vorwürfe ohne Ende von sich an sich schon ohne den anschließendende 7 Jahre knast und entgültige Zerstörung durch die Medien... Es war das erste Begräbnis eines Kleinkindes bei dem ich dabei war.. Ich hatte selbst beim Verlust meines Kindes keine Beerdigung es war, als hätte ich mein eigenes Kind begraben.. Meine Schwester und ich haben so viel gekifft wie die Lunge nur mitgemacht hat um uns halbwegs ruhig zu halten - keine Chance das beste Gras hatte KEINE Wirkung bei dem Schmerz... Es war wie Tabakzigaretten.. Auch sie habe ich da soweit es mir selbst auch möglich war begleitet..
Jz muss ich aufhören ich heule selbst schonwieder...
Ich kann schlecht einschätzen, wie nahe es ihm geht, aber ich denke, dass er diesen allerbesten Freund nicht immer wieder erwähnen würde, wenn er keine Bedeutung mehr hätte. Er sagte, auf der Beerdigung hat er völlig stur da gesessen und fühlte nichts.
Nur Leere.. es tut mir Leid, was Dir passiert ist, danke, dass Du das teilst.
Also ähnlich wie bei mir mit pokémon... Ich rede heute noch über ihren tit wie man hier sieht und ich hab pokémon geguckt während andere meine uroma unter die Erde bringen.... War nur in der Kirche dabei..
Ich habe wenigstens in der Kirche Rotz und Wasser geheult - versuche ihm irgendwie auf deine individuell sensible Weise begreiflich zu machen, das seine Reaktion damals ein unbewusste selbstschutz war - ein ungewollte verdrängen um selbst nicht kaputt zu gehen. Ich kann das nicht so ausdrücken wie man es sagen sollte damit es irgendwas lindert finde also bitte eigene Worte in einem passenden Moment.. Wenn ich sowas sage klingt das immer nach "heul nicht rum ist doch alles okay" 🥺😟
Wenige können mit meiner Hilfe was anfangen.. Mir hilft es zu begreifen wieso etwas geschieht um das, was geschehen ist zu akzeptieren - viele finden das jedoch nur "unpassend in dem Moment"
Ist schon okay, ich überdenke selbst, wie ich es am besten anbiete.
Im Endeffekt sollte er ja alleine entscheiden ob er mit ohne oder gar nicht hin geht. Aber wenn er hin geht, egal ob mit ob ohne (es fällt mir leichter zu duzen entschuldigen Sie) dich, denn wenn die Situation genau so ist wie beschrieben, solltest du wenigstens in der Nähe sein um einen möglichen Zusammenbruch zu mildern. Die Unterstützung ist das wichtigste, richte dich am Tag einfach nach ihm, wenn er noch irgendwas machen will oder allein sein will, dann tu' ihm den Gefallen. Versuch nicht dich in ihn hinein zu versetzen, denn verstehen was er fühlt, wirst du nicht. Schlag es in einem passenden Moment vor und lass ihm eventuell auch Zeit um eine Entscheidung zu treffen. Das mit der Botschaft oder dem Stein usw ist eine tolle Idee.
Liebe Grüße und stay safe
Das Du ist hier eh Standard. Danke für Deine Antwort. Ich wäre dann für ihn da, zum Trösten, gemeinsam Weinen, Trauern, Grab dekorieren oder was immer er möchte. Auch zum Schweigen.
Der Tod seines Freundes gehört zu ihm und er sollte alle Umstände, die dazugehören, integrieren, um wieder ein Stück heiler zu werden.
Dazu gehört der Besuch seines Freundes auf dem Friedhof.
Schön, wenn er dein Angebot annimmt.
Ich danke Dir, ich wünsche es mir, ihn dorthin zu begleiten.
Er wird Angst haben da hin zu gehen, weil er vielleicht stark weinen muss. Trotzdem finde ich das du es ihm vorschlagen solltest. Vorort kannst du dann etwas abseits warten, für den Fall das er allein am Grab sein möchte. Diese Vergangenheit belastet ihn und er ist sehr froh das er endlich mit jemandem, mit dir, darüber reden kann.
Mein Bruder ist bei einem Autounfall ums Leben gekommen. Mir persönlich half es, sein Grab immer wieder zu besuchen. Ich finde dein Mitgefühl ihm gegenüber wirklich sehr stark, es wäre m.M.n. gut, um die ganze Trauer zu verarbeiten.
Was dir geholfen hat, kann für jemand anderen genau das Verkehrte sein.
Eines schickt sich nicht für alle.
Die Antwortmöglichkeit der Umfrage heißt "Schlage ihm vor, mit ihm da hin zu gehen", das bedeutet es wird ihm nur angeboten.
Vielen Dank für die liebe Antwort. Hast Du sowas schonmal selbst erlebt? Er war bei der Beerdigung, aber seither nicht mehr, das ist zwischen 10 und 15 Jahre her, genau weiss ich das nicht.
Ich konnte auch online nichts zu dem Unfall finden, da ich weder Name noch Ort und Jahr weiss. Ich weiss nur, dass er mir immer sagt, dass er nicht weinek und nie da hin gehen konnte und dass er ganz lange danach betrunken diesen Nervenzusammenbruch hatte. Dass selbst die besten Kumpel jetzt nicht so viel über sein Inneres wissen..mir gegenüber öffnet er sich, da wir eine besondere Vorgeschichte haben. Er hatte sich mir im BDSM Kontext geöffnet und wohl gemerkt, dass er mir auch menschlich voll vertrauen kann. Darf man auf Friedhöfen nachts bleiben?