Autisten und Pferde?

7 Antworten

Von Experte Urlewas bestätigt

Es ist tatsächlich so, dass wir Autisten meistens deutlich besser mit Tieren auskommen, als mit Menschen. Natürlich trifft das nicht auf alle Autisten zu und es kommt sicherlich auch auf die einzelnen Tierarten an.

Wir Autisten haben sogar häufig sehr starke Empathie/sehr starkes Mitgefühl, wenn es um Tiere geht, welches das von neurotypischen Menschen oftmals übertreffen kann. Es ist aber auch generell leichter, zu Tieren eine Bindung aufzubauen. Nun nimmst du noch hinzu, dass "niemand dich versteht", aufgrund deines Autismus, und schon wird alles ziemlich klar. Am besten liest du dich auch mal ins Double-Empathy-Problem bezüglich Autismus ein. Das ist sehr interessant.

Ich denke nicht, dass es speziell Pferde sind, auf die wir Autisten so abfahren (Obwohl ich in meiner Kindheit kurz eine Pferdephase hatte. Ich war allerdings nie Reiten o.Ä. Andererseits gibt es die Reittherapie, welche für einige Autisten ziemlich gut sein soll.) So ein Pferd - (Haus)tiere generell, aber besonders ein Pferd - kosten ja auch extrem viel Geld, Zeit, Verpflegung, Aufwand uvm. Damit kann nicht jeder umgehen. Nichtsdestotrotz hatte ich in meiner Kindheit auch meine Katzenphase (Wir hatten sogar mal einen Kater). Wobei ich ehrlich gesagt nicht glaube, dass ich mit ihm eine besondere Bindung hatte ... Seit ein paar Jahren bin ich in meiner Vogelphase - welche sehr wahrscheinlich noch lange anhalten wird - und dort bemerke ich tatsächlich einen starken Empathie/Mitgefühlsanstieg bei mir persönlich. Auch wenn ich selber keine Vögel als Haustiere habe, da ich ihnen nicht das Beste geben könnte.

Es kommt also wohl weniger auf das Tier, sondern mehr auf die persönliche Bindung u.Ä. und persönliches Interesse (Vögel sind mein Spezialinteresse) an.

Tiere sind eben nicht hinterlistig - Oder zumindest nicht ohne triftigen Grund (Überleben z.B). Tiere töten (in den seltensten Fällen) ohne Grund, Tiere lügen nicht in dem Sinne, wie wir Menschen es tun (Sie tun es trotzdem, aber wirklich ankreiden kann man es ihnen nicht, finde ich. Rabenvögel z.B. lügen, indem sie so tun, als würden sie ihr Futter wo verstecken, während ein anderer Artgenosse sie beobachtet, dabei haben sie ihr Futter in Wahrheit gar nicht dort versteckt und nun sucht der Artgenosse umsonst dort), sie sind alles in einem sehr loyal. Selbst wenn ein Tier etwas Schlechtes/Böses tun würde, kannst du es dafür kaum bestrafen oder es dafür hassen, es verurteilen. Noch dazu sind Tiere (meistens) eine gute Verbindung zur Natur.

Im Gegensatz zu vielen Menschen haben Tiere auch (immer?) ehrliche Mimiken und Gestiken und wir Autisten können erlenen, diese zu erkennen und entsprechend zu handeln. Wenn ein Tier z.B. Anzeichen macht, dass es fröhlich ist, ist das sehr wahrscheinlich nicht gelogen und du kannst dich auf die Ehrlichkeit verlassen. Bei vielen Menschen kann man sich da nicht sicher sein. Deshalb können wir lernen, was unser (Haus)tier uns sagen möchte und es ist kein nerviges Herumgerate, ob wir denn auch wirklich korrekt liegen. Mimiken und Gestiken folgen bestimmten Mustern und wir Autisten sind meistens ziemlich gut darin, diese zu erkennen und sie anzuwenden, uns nach ihnen zu richten, damit wir unseren Alltag vereinfachen können. Natürlich kommt es auch immer auf das Alter und die geistige Reife der einzelnen Person an.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – Ich bin diagnostizierte Autistin (Keine Selbstdiagnose)👽
Urlewas  25.01.2024, 11:12

Bei Pferden kommt eben hinzu, dass sie einen tragen, und das tut Leib und Seele gut. Auch schätze ich, dass es wie bei andern Menschen auch, einfach dem oft angeknacksten Selbstbewußtsein gut tut, das solch eine halbe Tonne Lebendgewicht auf einen hört. Auch das Maß des Körperkontakts läßt sich vom Menschen gut steuern. Eine Katze kommt und geht wann sie will, ein Hund fordert recht viel Aufmerksamkeit, das Pferd ist einfach da, wenn man es „braucht“ .

Was die Kosten angeht: Reiten, oder mit Pferden umgehen, erfordert kein eigenes. Man sollte ohnehin einige Jahre Erfahrung sammeln , ehe man sich über ein eigens überhaupt Gedanken macht. Aber man kann auch einfach nur mal einen Kurs im Urlaub buchen oder so.

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heidemarie510  04.02.2024, 11:42

Was für ein schöner Beitrag. Ich kann, was mich betrifft, nur sagen, dass Tiere für mich die besten und liebsten Freunde sind. Bestimmte Situationen in denen ein hilfloses Tier wehrlos ausgeliefert ist, darf ich mir nicht vorstellen.

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Zitruseulchen  04.02.2024, 13:10
@heidemarie510

Vielen Dank. ^-^

Oh ja, das ist wirklich schlimm. Auch wenn darüber berichtet wird. Ich versuche stets, sowas zu meiden. Geht leider nicht immer.

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Ja, ganz bestimmt. Tiere sind klarer und berechenbarer als Menschen. Viele unangenehme bis verstörende Verhaltensweisen sind ihnen fremd. Pferde lachen zum Beispiel niemanden aus, sind nur in wenigen Fällen nachtragend, reden nicht über die Fehler, die man macht….

Darüber hinaus las ich mal, dass man einen autistischen Jungen das erste mal in seinem Leben lachen Hirte, als er auf einem galoppierenden Pferd saß.
Pferde (und auch andere Tiere) werden ja nicht umsonst auch zu therapeutischen Zwecken eingesetzt. Insbesondere beim Voltigieren sorgt das Pferd als „Mittelsmann“ sogar dafür, dass Kinder mit Berührungsangst einander anfassen, um sich gegenseitig zu helfen und zu stützen.

pony  18.01.2024, 13:22

welcher hirte war denn das genau^^

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Urlewas  18.01.2024, 13:33
@pony

Du nu wieder…😂

*“hörte“ , sollte es heißen. (Falls es sich jemand tatsächlich nicht denken kann 😉)

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Roal3  25.01.2024, 10:30

"reden nicht über die Fehler, die man macht." Wer weiß, über was die untereinander so reden

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Urlewas  25.01.2024, 10:58
@Roal3

😂😂😂

Jedenfalls kriegt man es nicht zu spüren 😉

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möglicherweise.

die tiere sollten, so sie einem menschen gefährlich sein könnten, entsprechend ausgebildet sein, da asperger und auch andere autisten sehr oft nicht in der lage sind, gestik und mimik und damit stimmung und gefährdungspotenzial zu deuten.

andererseits drücken sich tiere durch gestik und mimik klar aus und können diesen ausdruck nicht mit worten anders beschreiben, so dass solche menschen von tieren nicht so leicht verunsichert werden.

in der therapie können tiere für menschen mit verhaltensbeeinträchtigungen durchaus wertvolle hilfe leisten und zur entwicklung von empathischem verhalten beitragen.

Woher ich das weiß:Berufserfahrung – Sachgerechter Umgang ist aktiver Tierschutz!

Ob es nun gerade Pferde sind (oder sein müssen) ist sicher indivudell, aber insgesamt wirken sich die Gesellschaft und Umgang mit Tieren positiv aus.

Woher ich das weiß:Berufserfahrung – Pferdewirtschaftsmeisterin

viele Autisten können mit Tieren viel besser umgehen und Kommunizieren als mit Menschen. Das große Pferd ist zwar beeindruckend und kann Ängste auslösen, aber wenn ich seine Kraft spüre und merke, wie leicht es mir gehorcht, dann hat es eine große Bedeutung für Sicherheit und Geborgenheit. Auch Autisten, die sich sonst mit körperlicher Nähe schwertun können sich an das Pferd anschmiegen und die Wärme und die Nähe positiv empfinden.