Geht es mehreren Asperger Autisten auch so wie mir, das sie sich oft so fühlen, als würdet ihr in eurer eigenen Welt leben...?

2 Antworten

Inwiefern lebst du denn "in deiner eigenen Welt"? Heißt das, du hast tatsächlich eine komplett eigene Welt (oder zumindest einen eigenen Staat o.Ä) in deinem Gehirn aufgebaut und tauchst jeden Tag mehrere Stunden darin ein, oder bist du eher einfach nur verträumt und eventuell etwas verträumter als die Leute in deiner Umgebung bzw. in deinem Freundeskreis?

Und lebst du dort freiwillig oder ist das eher sowas wie ein Zwang?

Um deine Frage zu beantworten: Nein, das Gefühl habe ich nicht, um ehrlich zu sein. Obgleich ich definitiv stark zum Tagträumen neige - Oftmals auch stundenlang am Tag. Jedoch ist es nicht so, als hätte ich eine eigene Welt in meinem Kopf. Es ist die gleiche wie in der Realität, nur eben in schön.

Irgendwie habe ich nie verstanden, was Leute meinen, wenn sie behaupten, Autisten würden in ihrer eigenen Welt leben. Teilweise auch, weil ich die Aussage absichtlich zu wörtlich nehme. Manchmal denke ich aber wirklich, die Leute denken, wir würden in eine andere Dimension abtauchen ... Eventuell meinen sie damit, dass wir uns öfters so sehr in unsere Lieblingsthemen vertiefen können, dass wir gar nicht mehr oder nur teilweise bemerken, was in unserer Umwelt abgeht. Jetzt, wo ich das niederschreibe, frage ich mich, ob damit gemeint ist, dass wir z.B nicht auf unseren Namen oder Berührungen reagieren, oder dass wir über Monate hinweg so sehr in unseren Lieblingsthemen bzw. Spezialinteressen drin sind, dass wir das Weltgeschehen "vergessen". Also quasi, ob das "In der eigenen Welt leben" laut Neurotypischen eher eine kurze oder eine lange Phase ist.

Natürlich trifft das nicht auf alle Autisten zu, aber wenn ich z.B sage, ich interessiere mich nur für zwei, drei ganz bestimmte Dinge (und diese Dinge beinhalten nicht Politik oder generell Dinge, die etwas mit dem derzeitigen Weltgeschehen zu tun haben - Wobei wohl alles irgendwie miteinander verknüpft ist, aber ich denke, es ist verständlich, wie ich das meine): Lebt man dann auch in seiner eigenen Welt? Keine Ahnung, ich nutze deine Frage gerade dafür, um mir das mal von der Seele zu schreiben. Immerhin ist es bei Autisten doch meistens so, dass wir uns für nichts interessieren können, was uns eben nicht interessiert. Da mag es Ausnahmen geben, aber wenn ich mich nicht für das Weltgeschehen (aka. die vielen einzelnen Themen, die das zusammenfassen) interessiere bzw. es nur am Rande mitverfolge: Ist das dann bereits ein Leben in einer anderen Welt? ... Ja, sorry, ich verwirr' mich hier nun selber mehr, als ich irgendwelche Fragen beantworte.

Ich komm zum eigentlichen Punkt zurück.

Wenn ich an meine Pubertät zurückdenke, war es definitiv "schlimmer" mit dem "in der eigenen Welt leben". Na ja, ich hab aber nicht wirklich in meiner eigenen Welt gelebt. Jedes Mal, wenn ich sowas lese, will ich antworten "Das wäre ja prima, wenn ich in meiner eigenen Welt leben würde!"

Natürlich kann ich nicht für andere Autisten sprechen, sondern nur für mich. Sicherlich gibt es noch mehrere Autisten, die das gleiche Gefühl haben wie du, auch wenn ich nicht weiß, wie ich mir das vorstellen muss. Ich verstehe einfach nicht, wie genau neurotypische Menschen (bzw. Nicht-Autisten oder auch andere Autisten) das meinen.

Jetzt ist mir noch etwas in den Sinn gekommen: Sich wie ein Außerirdischer fühlen. Das Wrong-Planet-Syndrom. Das haben viele - wenn nicht sogar alle - Autisten mindestens einmal im ihren Leben. Ich hatte es insbesondere während meiner Kindergarten- und Schulzeit und auch jetzt gibt es hier und da diese Momente. An manchen Tagen fühlte ich mich so sehr wie ein "Wesen aus einer anderen Galaxis", dass ich wohl tatsächlich dachte, ... na ja, dass ich wohl tatsächlich dachte, das ist der falsche Planet. Dass ich nicht hier hin gehöre, dass ich in "meiner eigenen Welt" leben muss. Vielleicht muss selbst die "eigene Welt" eines Autisten bzw. einer Autistin nicht groß sein. Vielleicht kann sie auch sehr klein sein. Nur wann ist es starke Tagträumerei und wann tatsächlich ein "Leben in der eigenen Welt"? Wenn man ununterbrochen am Tagträumen ist und keine Termine mehr wahrnimmt, seine Freundschaften vernachlässigt, sich durchgehend isoliert etc.? Ich weiß es nicht.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – Ich bin diagnostizierte Autistin (Keine Selbstdiagnose)👽

Ich wünschte, ich könnte - wenigstens ab und an - in einer eigenen Welt leben.

Ist aber nicht der Fall.
Weshalb mich dieser Spruch extrem nervt.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – ASS-Diagnose mit 50 / über 20 Jahren im Thema