Wie seht ihr die momentane Debatte um Thomas Gottschalk?
Thomas Gottschalk veröffentlicht ein Buch, in dem er die heutige Medienlandschaft kritisiert und viele neue Entwicklungen hinterfragt. Viele werfen ihm nun vor, er würde im Gestern leben und sei nicht fähig, sich an die heutige Zeit anzupassen. Viele fordern, man solle ihm keine Bühne mehr geben.
Es kursieren auch Gerüchte, Gottschalk hätte in seiner Karriere oftmals Frauen begrapscht und unsittlich berührt. Gottschalk hat im Fernsehen oft, wenn er sich z.B. mit einer Person unterhalten hat, manchmal das Knie oder das Bein der Person berührt. Ob das ein lustvolles Begrapschen war, ist durchaus diskussionswürdig. Wenn sich, was bisher nicht geschehen ist, eine Gästin im Nachhinein beschweren sollte, sollte man es natürlich aufarbeiten.
Und nun hat auch noch Jörg Kachelmann Thomas Gottschalk als einen 'Kindesmisshandler' bezeichnet, weil er in einem Buch vor fünf Jahren darüber schrieb, dass er seinen Söhnen vor Jahrzehnten mal eine Backpfeife gab.
Ich persönlich habe das Gefühl, dass uns manchmal das Gefühl für Verhältnismäßigkeit abhanden geht. Thomas Gottschalk ist ein Mann mit konservativen Ansichten - wie viele Menschen in seinem Alter (und auch in anderen Altern), ihn deshalb weghaben zu wollen, ist in meinen Augen übertrieben. Und ich spreche mich auch völlig gegen Belästigung und Kindesmisshandlung aus. Aber ob das hier wirklich vorliegt, ist doch äußerst fraglich.
16 Antworten
Mal am Knie anfassen ist jetzt kein Schwerverbrechen, nein. Das Problem bei Gottschalk ist eher, soweit ich es mitbekommen habe, dass er überhaupt nicht versteht, dass Frauen sowas trotzdem unangenehm finden können. Er entschuldigt sich ja nicht dafür, sondern sagt nur "Joa früher hat das niemanden gestört". Und so ein unreflektiertes Verhalten ist halt schwierig.
In dem Alter sollte man erwachsen genug sein, nicht trotzig mit Kritik umzugehen.
Ich habe nur hier und da Kritiken über sein Buch gelesen, die völlig neutral waren.
Die Aufregung kapier ich kein bisschen.
Aber ich empfinde dass der ganze Wirbel ihn zu 100 % in dem bestätigt, was er dort zu sagen versucht. Wir leben in der Tat in beängstigenden Zeiten, in denen man gut aufpassen muss, was man sagt.
Oder in Zeiten, wo viele Leute genug Langeweile haben, um wegen so etwas einen Aufriss zu starten. Ich bin mir noch nicht ganz schlüssig, was wann in dieser Gesellschaft schief gelaufen ist.
Ich kenne nur die Kritik was das Begrapschen angeht. Ich denke das alles wäre nicht so dramatisch, wenn der Gottschalk sich nicht mit Aussagen wie "ich habe sie nur rein dienstlich berührt", "ich habe sie nur an der Schulter angefasst, weil ich sonst hingefallen wäre" oder (mein persönlicher Favorit) "heutzutage muss man ja erst nachdenken, bevor man was sagen kann" selbst ins lächerliche ziehen würde.
Ich bin lange nicht so alt wie Gottschalk, aber mit ihm aufgewachsen. Er hat damals dazu beigetragen, dass das angestaubte deutsche Fernsehen (bis Ende der 80er gab es nur die Öffentlich Rechtlichen) so langsam vom Staub der Kriegsgeneration befreit wurde.
Natürlich dreht sich die Welt weiter. Teils zum Besseren, teils zum Schlechteren.
Es ist gut, dass Kinder heute nicht mehr mit Prügel erzogen werden dürfen. Es ist auch gut, dass man Frauen zu begrapschen nicht mehr als Kavalieradelikt sieht.
Die Dynamik der Cancel Culture ist allerdings bedenklich, da sie auch stark unfreiheitliche Züge hat. Kontroversen haben Schlagseite und das finden Leute toll, die auf dieser Seite stehen. Wenn sie es nicht mehr tun, bin ich schon sehr gespannt.
Das auf Krampf divers Bügeln aller Medien geht mir auch auf den Zeiger. Und ich bin schon die Generation, für die es eigentlich selbstverständlich war, dass manche Leute eben anders sind.
Thomas Gottschalk ist eine Mann ohne Respekt vor anderen Menschen, insbesondere Frauen und Kindern. Was soll man von so jemandem halten? Nichts.
Er sagt das immer wieder. Er sieht nicht ein, warum Gewalt an Kindern falsch ist; er sieht nicht ein, warum man Frauen nicht einfach begrabschen sollte.
Er schreibt vor wenigen Jahren, dass er Gewalt an seinen Kindern verübt hat und zeigt dabei keine Reue, sondern rechtfertigt sich dafür sogar, gibt dem Kind die Schuld.
Es ist aber auch ein Teufelskreis: Umso stärker der Shitstorm, desto stärker fühlt sich Gottschalk in seiner Position bestätigt.
Ich glaube, sachlich, differenziert, kann man mit ihm durchaus sprechen. Wenn mir anonym Leute Hasskommentare schreiben, wäre ich wahrscheinlich auch trotzig.