Wenn Kinder lügen...
Dieses Wochenende bei meiner Freundin...
Sie und ich sind kurz weg, der Junge (gerade 10 geworden) war in der Zeit alleine zu Hause. Als wir nach einer halben Stunde wieder kamen meinte er, dass er 500 Liegestütze gemacht hat.
Ich sage ihm im Verlauf des Gesprächs er solle nicht lügen und erklärt dass Lügen das risiko bergen dass einem irgendwann keiner mehr glaubt wenn es mal wirklich drauf ankommt. Habe es nicht böse gemeint und auch spaßig an Pinocchio erinnert der vom lügen immer eine lange Nase bekam. Großes Drama, er weint daraufhin und beharrt auf seiner Version...
Meine Freundin ist weder auf seiner, noch auf meiner Seite, meint jedoch ich hätte einfach so tun sollen als würde ich ihm glauben und Stolz zeigen sollen.
Meine Frage(n): Wie hättet ihr reagiert? Bin ich schlecht/böse weil ich nicht so getan habe als würde ich ihm glauben? Kann ich nicht oder nur schlecht mit Kindern umgehen?
(Ich weiß, eigentlich keine große Sache und der kleine hat es wenige Minuten später schon wieder vergessen, aber ich frage mich nun trotzdem was richtig und was falsch ist, und wie man in so einer Situation reagieren sollte.)
Sind solche "Lügen" normal bei Kindern oder deuten sie auf tiefergehende Probleme und Minderwertigkeitskomplexe hin?
5 Antworten
Das ist total normales Verhalten von Kindern.
In dem Alter können die sowas einfach nicht einschätzen. Zu sagen, nicht zu lügen ist richtig aber ihnen Fantasie und ihre Wahrnehmung zu lassen auch.
Vermutlich ging es ihm um Anerkennung und er hat sicher auch viele Liegestütze gemacht. Die genaue Zahl ist für ihn Haarspalterei.
Großes Drama, er weint daraufhin und beharrt auf seiner Version...
Puh, das klingt, als gäbe es da Probleme, die deutlich tiefer greifen als das Lügen. Du hast da offenbar einen wunden Punkt getroffen. Ich gehe davon aus, dass das nicht deine Absicht war.
Meine Freundin ist weder auf seiner, noch auf meiner Seite
Du warst auf der Seite des Jungen! Und damit war die Mutter doch hoffentlich auch auf deiner Seite. Es ging dir doch darum dem Jungen zu zeigen, wie er nicht als Schwätzer dasteht. Konstruktive Kritik gehört zur Erziehung dazu.
Der Junge hatte einen Grund für seine Prahlerei. Er wollte aus irgendeinem Grund als Superheld erscheinen und kam nicht damit klar, dass dir das aufgefallen ist. Das könnte ein Versuch gewesen sein, mit einem Minderwertigkeitsgefühl klar zu kommen.
Warum das Kind nun meinte zum Prahlen greifen zu müssen, weiß ich natürlich nicht.
Sie meinte nur ich hätte so tun sollen als würde ich ihm glauben damit er sich freut und Stolz auf sich ist
Das sehe ich anders. Du hast den Jungen ernst genommen, statt dich beim Schwindeln doof zu stellen. Beim nächsten Mal wird er wissen, dass du nicht an irgendwelchen Geschichten interessiert bist, sondern an ihm.
Zu ihm sagte sie, dass ich es nicht so meine.
Schade. So weit ich es verstehe, hast du es durchaus so gemeint. Du hast einen höflichen Weg gefunden "verarsch mich nicht, ich bin nicht doof, sondern höre dir wirklich zu" zu sagen. Gerade das ist wichtig für das Selbstwertgefühl von Kindern. Wenn man sie ernst nimmt, bemerkt man auch, wenn sie ein Märchen erzählen.
Der Junge wollte möglicherweise einfach nur imponieren. Als "Mensch toll, der Junge hat was drauf" wahrgenommen werden.
Das er keine 500 geschafft hat ist klar. Das kriegt man ohne Training nicht hin innerhalb einer halben Stunde. Das muss man dann (meiner Meinung nach) nicht noch extra unter die Nase reiben.
Vielleicht will er dadurch zeigen "Ich kann meine Mama beschützen!"
Ernste Frage: Wie hättest du reagiert? Ihn ernst genommen und für die vermeintlichen 500 Liegestütze gelobt? Ist nämlich nicht die erste Lüge (mit anschließendem Drama) dieser Art und ich fände es nicht gut wenn sowas zur Gewohnheit wird, außerdem bin ich der Meinung taktvoll gewesen zu sein und es ihm vernünftig erklärt zu haben 🤔
Ich bin da kein "Beispiel", da ich meinen Erfahrungsschatz im Umgang mit Kinden habe.
Beispielsweise ein : "Oha, das gibt morgen aber sehr sehr müde und schmerzende Arme". Dann das Thema wechseln zu etwas das auch das Kind mit einbezieht. Entweder "der Vorschlag das wir jetzt aber mal alle zusammen überlegen sollten was wir nachher zu Mittag/ zum Abend essen", oder "Oh, bevor ich es vergesse - was haltet ihr beiden davon wenn wir uns später zusammen den Film XY anschauen/ das Tischspiel XY zusammen spielen".
Allerdings gäbe es eine weitere, möglicherweise sinnvolle Handlungsmöglichkeit in einer solchen Situation:
- "Du hältst dich gerne fit, ja? ... Antwort des Kindes... "Ja, das verstehe ich, es fühlt sich gut an wenn man weiß das der eigene Körper nach und nach stärker wird" .... Antwort des Kindes... (Dadurch würde man nicht direkt auf die utopische Zahl eingehen. Man würde dem Kind dadurch vermitteln das man es sieht/ hört. Es fühlt sich nicht ausgeschlossen, beiseite geschoben, bedroht.
In erster Linie hätte ich eine solche Aussage des Kindes also wahrgenommen als
- nehmt mich bitte wahr
- Schutzfunktion des Kindes, es will damit signalisieren das es nicht schwach ist, das es die Mama beschützen kann und will.
Wenn "Schwindeleien" zur eigenen Erhöhung öfter vorkommen, kann es auf ein Problem hindeuten. Aber die gesellschaftlichen Vorgaben an größenwahnsinnigem Selbstoptimierungsstreben könnten auch der Hintergrund von übertreibenden Angebereien sein.
Offensichtliche Unwahrheiten kann man auf verschiedene Arten spiegeln...
...so lernen Kinder auch gleich was über Skepsis, Vertrauenswürdigkeit usw. ...
Im konkreten Fall hatte ich die Behauptung vermutlich eher sarkastisch kommentiert/"gelobt"...
...mit einem "Ja ne ist klar..." oder "verzähl du das 'm Fährima'..." oder so...
...mehr wäre mir diese heiße Luft eher nicht wert...
Was anderes wäre es bei nem Schaden (was weiß ich Fernseher oder Fenster kaputt und es sollen Aliens gewesen sein oder sowas..) - das müsste schon geklärt werden und ggf. Konsequenzen haben...
Aber allgemein zum Umgang "mit Kindern": was macht den so viel anders als den mit Erwachsenen? Wichtig ist das ernst nehmen bzw. das "ernst nehmen können"...
...und das ggf. Kindern klar(er) erklären...
kinder erzählen nun mal blödsinn. es ist dann fehl am platz so rational zu reagieren. der junge ist 10, du bist um einiges älter! du kannst nicht erwarten dass die gespräche auf augenhöhe stattfinden. ich würde sagen du kannst mit kindern nicht umgehen. ich hätte etwa so reagiert: "tatsächlich? junge junge, das musst du mir mal beibringen"
"nicht auf Augenhöhe"? Sehe ich anders!
= wenn man Kinder nicht ernst nimmt, kommen genau solche Phantasiebehauptungen raus...
Was für Probleme meinst du? Ich wollte jedenfalls keinen Wunden Punkt treffen, es war maximal eine leicht erzieherische Maßnahme die ich Guten willens getan habe ohne etwas böses zu wollen (im Gegenteil).
Naja die Mutter war mir nicht böse, sie hat sogar über die Situation geschmunzelt. Sie meinte nur ich hätte so tun sollen als würde ich ihm glauben damit er sich freut und Stolz auf sich ist (finde ich bei einem 10jährigen unangebracht). Zu ihm sagte sie, dass ich es nicht so meine.