Brombeer-Koalition in Thüringen rückt in greifbare Nähe. BSW zum ersten Mal in Regierungsverantwortung. Stimmen dazu?
Die Sondierungsgespräche in Thüringen zwischen CDU, SPD und BSW befanden sich zuletzt in der Schwebe, ein Konflikt um den Ukrainekrieg und US-Raketen in Deutschland schwelte. Nun gibt es eine Lösung.
In Thüringen haben sich die Landesvorsitzenden von CDU, Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) und SPD auf Koalitionsverhandlungen verständigt. Diese sollen bereits am Dienstag beginnen. Die drei Parteien einigten sich nach harten Verhandlungen auf einen Passus zur Friedenspolitik für einen möglichen Vertrag zur Regierungsbildung, wie sie in Erfurt verkündeten. Allerdings fehlt noch die Zustimmung des BSW-Landesvorstandes.
Es ist uns gelungen, einen Konsens zu finden«, sagte Thüringens CDU-Chef Mario Voigt. BSW-Landeschefin Katja Wolf sagte mit Blick auf Bundesparteichefin Sahra Wagenknecht, die Einigung sei intensiv diskutiert worden. Zur Stunde berate der BSW-Landesvorstand noch zu dem Papier, so Wolf, auch wenn »Zustimmung rein formal nicht vorgesehen« sei. SPD-Landeschef Georg Maier sagte, er habe ein Verhandlungsmandat erhalten. Er gehe jetzt zuversichtlich mit diesem Ergebnis in den Landesvorstand, der informiert werden wolle. Das CDU-Präsidium hat das Papier nach Angaben Voigts bereits beschlossen.
Als künftige Regierung des Freistaats Thüringen eint uns der Wille zum Frieden in Europa. Wir nehmen die Sorgen und Ängste unserer Bürgerinnen und Bürger ernst, dass Krieg in Europa ist und Deutschland mit hineingezogen werden könnte«, heißt es in dem Papier: »Im Rahmen der europäischen und bundesstaatlichen Ordnung unterstützen wir alle diplomatischen Initiativen, den von Russland gegen die Ukraine entfesselten Angriffskrieg zu beenden.
Unterschiede aufgezeigt
Dort werden auch die unterschiedlichen Ansichten der Parteien deutlich. »CDU und SPD sehen sich in der Tradition von Westbindung und Ostpolitik. Das BSW steht für einen kompromisslosen Friedenskurs«, heißt es. Hinsichtlich der Notwendigkeit von Waffenlieferungen an die Ukraine zur Verteidigung ihrer territorialen Integrität und Souveränität gebe es unterschiedliche Auffassungen. Das gemeinsame Ziel sei aber eine diplomatische Lösung.
Zum Streitpunkt der Stationierung von US-Mittelstrecken in Deutschland heißt es: »Wir stimmen überein, dass für Frieden und Sicherheit in Deutschland und Europa die Verteidigungsfähigkeit unseres Landes von großer Bedeutung ist. Wir erkennen aber auch an, dass viele Menschen in Thüringen die geplante Stationierung von Mittelstrecken- und Hyperschallraketen kritisch sehen bzw. ablehnen.« Die künftige Regierung werde eine breit angelegte Debatte fördern.
Damit nähert sich Thüringen der Brombeer-Koalition. Vor dem Wochenende dachte man in Erfurt bereits, der erste Berg sei überwunden. Doch Bündnischefin Sahra Wagenknecht funkte dazwischen, eine vage Formulierung reichte ihr nicht. Der Thüringer BSW-Landesvorstand erklärte daraufhin, weitere Verhandlungen zur Brombeer-Koalition werde es erst geben, wenn eine gemeinsame Position zum Thema Frieden gefunden sei.
Meine Fragen an Euch:
- Freut Ihr Euch über eine Brombeer-Koalition in Thüringen oder hättet Ihr eine andere Koalition bevorzugt?
- Glaubt Ihr, dass diese Koalition Thüringen gut regieren wird ?
- Was haltet ihr generell von BSW und dem Fakt, dass SPD und CDU mit der Wagenknecht-Partei koalieren wollen?
11 Antworten
Die Koalition finde ich nicht so gut, ist in Thüringen zurzeit aber eher das kleinere Übel.
Gut regieren kann ich nicht abschätzen. Das Ding ist, das sich das BSW eher links positioniert hat und die CDU eher in der konservativen Mitte anzutreffen ist. Das ist schon recht unterschiedlich und die könnten sich da eventuell gegenseitig auf die Füße treten.
Das BSW ist meiner Meinung nach nur eine putinfizierte Version der Linken von welchen ich ebenfalls kein Fan bin. Linksextrem ist genauso doof wie rechtsextrem.
SPD und CDU haben kaum eine andere Wahl, als mit dem BSW zu koalieren wenn sie sich weiterhin von der afd fernhalten. Aber ich glaube beide Parteien könnten sich bessere koalitions Partner vorstellen.
Das ist jetzt die Feuertaufe für das BSW - und man wird sehen, ob dieses "Bündnis" (ich sehe es leicht kritisch, weil ich es als eine Art Projektionsfläche einer Dame sehe, die als Publizistin besser aufgehoben wäre und überdies durch ihre frühere SED-Mitgliedschaft auch ein Stück DDR war im nicht völlig geklärten Ausmaß) regierungsfähig bzw. im ernsthaften Bereich politikfähig ist.
https://www.youtube.com/watch?v=GkuEcFDCdS8
Es besteht die Chance, dass man nach einiger Zeit positiv überrascht ist und den Daumen erhebt, es besteht aber auch die Chance, dass Zweifler sich bestätigt fühlen - und es liegt jetzt am BSW an sich, dessen Führung und den Parteien im Allgemeinen, ob es funktioniert. CDU und SPD dürften zurecht kommen; ich sehe die Gefahr, dass BSW immer wieder stichelt und stört und gen Russland schielt und Probleme verursacht, so wie es die Grünen auf Bundesebene tun.
Was haltet ihr generell von BSW und dem Fakt, dass SPD und CDU mit der Wagenknecht-Partei koalieren wollen?
Zum BSW habe ich mich weiter oben schon geäußert; für mich ist diese Geschichte letztlich der krampfhaft anmutende Versuch, die AfD mal schnell zu übergehen und eine "demokratische" Notregierung ohne die AfD zu schaffen auf Gedeih und Verderb - es bleibt abzuwarten, wie der hohe Anteil der thüringischen AfD-Wähler reagiert, denn im Grunde wurde der Wählerwille damit ausgehebelt - ob das "demokratisch" ist, ist die andere Frage, ich habe damit ein ethisches Problem, obwohl ich der AfD absolut nicht nah stehe. Es könnte im Freistaat schon für Krach sorgen und noch mehr Politik(er)verdrossenheit verursachen bzw. bewirken, dass die Stimmung erst recht und immer mehr in Richtung AfD geht, weil sich deren Leute von CDU und SPD (vom BSW weniger) vorsätzlich veralbert fühlen.
Es mag unpopulär und provokativ wirken, aber man hätte auch ruhig der AfD eine Chance geben können und dabei zusehen können, dass die AfD es einfach nicht schafft und sich selbst zerlegt - oder andererseits, dass man gesehen hätte, die AfD ist doch gar nicht mal so mies wie angenommen.
Aber da muss man die Zeit für sich arbeiten lassen und dem Ganzen eine faire Chance einräumen - mehr kann ich dazu abrundend nicht sagen: Abwarten und Tee trinken!
Aber es sind eben keine Sondierungsgespräche mehr, sondern Koalitionsverhandlungen in Thüringen.
In Brandenburg und Sachsen wird noch sondiert.
Eine andere Alternative (und diese ist ätzend genug!) gab es einfach nicht, wenn man weiterhin die AfD außen vor halten wollte. Reines Zweckbündnis, aus der größten Not heraus erwachsen. Unter normalen Umständen hätten SPD und CDU vermutlich nie im Leben freiwillig mit dem BSW koaliert.
Was aus dieser ungesunden Vereinigung erwächst, wird sich nun in den nächsten Monaten zeigen. Allerdings sehe ich die Spannungen und Probleme jetzt schon kommen und vermute von Zeit zu Zet Mord und Totschlag (im wahrsten Sinne des Wortes) zwischen den Koalitionspartnern, hier v.a. immer wieder mit dem BSW als Anheizer und Querschießer....
Man wird sehen, ob sie sich zusammenraufen und gut regieren, oder ob es sogar mehr Streit gibt als in der Ampel.
Kann keiner mit Sicheheit voraussagen. War auch nur mein persönliches Bauchgefühl.
Aber manchmal gibt es ja doch noch erstaunliche Überraschungen....
Ich finde es spannend. In Sachsen und Brandenburg könnte auch Brombeer kommen, aber sie sondieren noch.
Ich sehe es als sowohl als Feuertaufe für das BSW, als auch als Polit-Pilotprojekt. Die CDU führt also Koalitionsverhandlungen mit dem BSW. Sie hat gewählt zwischen aus ihrer Sicht Pest und Cbolera und sich für Cholera entschieden. Normalerweise völlig ausgeschlossen, gäbe es einen anderen Wahlausgang in Thüringen. Aber nun muss auf die veränderte Situation reagiert werden und das BSW spiegelt mit Prozenten im zweistelligen Bereich ebenfalls den Wählerwillen wider und wird mit 5 Sitzen im Thüringer Landtag bedacht. Die CDU kann nicht ohne das BSW mit der SPD und einem anderen Partner als der AfD regieren.
Ich persönlich finde es gut, dass mit dem BSW kein Fortsetzungskriegs-Hardliner mit am Verhandlungstisch sitzt und die CDU hier etwas gebremst wird. Die größeren Kompromisse von allen drei Verhandlungspartnern dürfte vor allem die CDU eingehen "müssen". Sonst kommt sie nicht zum Zuge. Das BSW wird hart verhandeln und nicht um jeden Preis nach der Regierungsverantwortung streben. Die Partei steht am Anfang und zu ihren Idealen. Sie ist diesbezüglich in der Bringschuld. Werden zu viele Eingeständnise gefordert, springt das BSW eher ab. Das wäre meine Vermutung.
es gibt ja auch noch eine "Peperoni- Koalition" - das würde für eine gewisse Pfefferschärfe sorgen, gepaart mit Esprit Diskussionsbereitschaft und Gegenpol zur AfD mit Kompromissbereitschaft
es gibt auch violett farbene Schattierungen von "BSW" , genauso wie es rotfarbene Brombeeren gibt - es kommt auf den Kontrast an
Ich habe heute morgen "Peperoni-Mix" gekauft, mit grünen, gelben und roten Peperoni - politisch haben wir das schon.
Wenn du Schärfe willst, kauf mal die orangefarbenen Habaneros!
Danke für Deine ausführliche Antwort.